Leichtfried strebt "Gefährderüberwachung" vor Sommer an
Es gebe "eine verhältnismäßig kleine Anzahl von Menschen, wo die hoch qualifizierte Vermutung besteht, dass diese Terroranschläge planen". Es gehe daher darum, "dass man diese Menschen elektronisch im Bereich von Messenger-Diensten überwachen kann", meinte Leichtfried im Gespräch mit der APA. Die Regelung müsse "essenziell verfassungskonform" sein, betonte er: "Um diese Verfassungskonformität herzustellen, haben wir als Staatssekretariat für Staatsschutz und Nachrichtendienst uns intensiv in die Gesetzeswerdung eingebracht. Und meiner Einschätzung nach wird es ein Ergebnis geben, das auf jeden Fall den verfassungsrechtlichen Standards in diesem Bereich entspricht."
In dem Gesetzesentwurf, der vor dem Sommer vorliegen soll, wird gewährleistet sein, dass vor Zugriffen auf Handy-Daten potenzieller Gefährder jedenfalls der Rechtsschutzbeauftragte im Innenministerium eingebunden wird. Unklar ist dagegen noch, wie mit sogenannten Zufallsfunden umgegangen wird. Zur Frage, ob es für Daten, die keinen Anfangsverdacht in Richtung Terrorismus bestätigen, aber andere strafbare Handlungen und Verbrechen belegen, ein Verwertungsverbot geben wird, besteht innerhalb der Koalition "noch Diskussionsbedarf", räumte Leichtfried ein.
Kritik an diesen Aussagen kam von der FPÖ. "Das geplante Überwachungsregime bei den Messengerdiensten hat mitnichten den Schutz der Bürger vor dem islamistischen Terror im Visier. Die schwarz-rot-pinke Verlierer-Ampel will den Massenzugriff auf die private Kommunikation der Bürger, um sich selbst vor ihr nicht genehmen Meinungen zu schützen", meinte FPÖ- Sicherheitssprecher Gernot Darmann in einer Aussendung.
Vereinsgesetz wird verschärft
Wie der Verfassungsschutz-Staatssekretär bekräftigte, sollen Vereine und Organisationen, die die Grundprinzipien der Demokratie und deren Werte nicht anerkennen, unter anderem mit einem verschärften Vereinsgesetz bekämpft werden. Ziel sei "die Umsetzung der wehrhaften Demokratie". Konkrete Gesetzesvorschläge "wird es jetzt sofort nicht geben", man müsse jedenfalls "an vielen Schrauben drehen", sagte Leichtfried.
In Österreich gilt nach wie vor die zweithöchste Terrorwarnstufe, "und die wird nicht ohne Grund auf dieser Höhe gehalten", gab Leichtfried zu bedenken. Er will daher gemeinsam mit Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) "Maßnahmen setzen, um Österreich sicherer zu machen". Die Gefährderüberwachung sei ein erster Schritt in diese Richtung. Der zweite Schritt sei die internationale Zusammenarbeit. Insbesondere die europäische Zusammenarbeit der Staatsschutz- und Nachrichtendienste müsse gestärkt werden: "Dieser Informationsaustausch ist für uns, aber nicht nur für uns, sondern für alle sehr wesentlich." Weiters müssten "die Arbeitsbedingungen der Menschen, die uns schützen" verbessert und die Präventions- und Sensibilisierungsmaßnahmen vor allem an den Schulen ausgebaut werden.
Verfassungsschutz "erste Firewall gegen Industrie- und Wirtschaftsspionage"
Der Verfassungsschutz sei auch "die erste Firewall gegen Industrie- und Wirtschaftsspionage". Gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Situation gelte es, eine innovative Exportindustrie wie die österreichische zu schützen: "Am Ende hängen die Arbeitsplätze und die Steuerleistungen in Österreich auch an der Effizienz des Verfassungsschutzes."
Was die geheimdienstlichen Tätigkeiten betrifft, spricht sich Leichtfried für eine Änderung des § 256 StGB aus. Derzeit ist die Einrichtung, das Betreiben oder Unterstützen eines geheimen Nachrichtendienstes nur dann strafbar, wenn das "zum Nachteil der Republik Österreich" geschieht, wie es im Gesetz heißt. In der Praxis lässt sich das von den Strafverfolgungsbehörden mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit oft nicht beweisen, sodass Sachverhaltsdarstellungen der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) regelmäßig versanden.
Die DSN und deren Leiter Omar Haijawi-Pirchner wurden zuletzt von der FPÖ teilweise scharf kritisiert. "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im gesamten Verfassungsschutz leisten eine schwere, zeitraubende, intensive Arbeit, die sie nach bestem Wissen und Gewissen ausüben und wo auch sehr, sehr viele hochqualifizierte Menschen tätig sind", hält dem Leichtfried entgegen. Und weiter: "In diesem Bereich wäre es für die FPÖ wahrscheinlich besser, ein bisschen in sich zu gehen, nachdem sie den Verfassungsschutz in ihrer kurzen Regierungsbeteiligung beinahe vollkommen zerstört haben."
Zusammenfassung
- Die FPÖ kritisiert das geplante Überwachungsregime scharf und sieht darin einen massiven Eingriff in die private Kommunikation der Bürger. Gleichzeitig sollen antidemokratische Vereine durch ein verschärftes Vereinsgesetz bekämpft werden.
- Österreich hält die zweithöchste Terrorwarnstufe aufrecht, und Leichtfried betont die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit im Staatsschutz sowie die Notwendigkeit, den Verfassungsschutz gegen Industrie- und Wirtschaftsspionage zu stärken.