Ex-Mitarbeiter packen aus
2.400-Euro-Zahnbürste: "Was zur Hölle" bei Start-up schiefging
Die Träume davon, Zähneputzen wieder "spannend" zu machen, wie Gründer und CEO Thomas Kloibhofer es anstrebte, platzten Anfang Dezember. Das Unternehmen musste sechs Jahre nach seiner Gründung Insolvenz anmelden. Die Passiva liegen bei rund sechs Millionen Euro, 86 Jobs sind betroffen.
Dabei tönte Kloibhofer bei einer Keynote im vergangenen Mai noch, dass man die High-Tech-Zahnbürste, die einer VR-Brille mit LED-Lichtern ähnelt, unbedingt kaufen müsse. Mit 14 Nanokameras und 100 Sensoren war es das Ziel, die Mundhygiene zu "revolutionieren".
Mindestens 2.400 Euro hätte man dafür hinlegen müssen, wer Extras wie verschiedene "Essenzen" wollte, konnte ein Abomodell für 120 Euro pro Monat erstehen. Aber war der Prototyp "e1" damals überhaupt schon verkaufsbereit?
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"Niemals", sagt ein Ex-Mitarbeiter gegenüber PULS 24. "Er ist ja jetzt noch nicht fertig." Auch im Geschäft am Kohlmarkt – immerhin das teuerste Eck für Geschäftsflächen in ganz Österreich – seien nur Musterstücke zur Ansicht gestanden, fügt eine ehemalige Angestellte hinzu.
Video: Epitome - Die Zukunft der Mundhygiene?
"Was zur Hölle ist hier los?"
Der ehemalige Angestellte, der anonym bleiben möchte, hat länger bei "epitome" gearbeitet. Die Insolvenz dürfte für Mitarbeiter:innen wenig überraschend gewesen sein. Schließlich kam die erste Kündigungswelle bereits im Mai 2024, zwischen 40 und 50 der damals etwa 170 Angestellten wurden gefeuert. Im Sommer folgte dann die nächste Verkleinerung des Betriebs.
Doch die Probleme hätten schon deutlich früher begonnen und seien weit über die für ein Start-up üblichen hinausgegangen, schildert der Ex-Angestellte. "Jede Woche hat man sich gefragt, was zur Hölle hier los ist", skizziert er den Arbeitsalltag.
Eines der größten Probleme: CEO Thomas Kloibhofer selbst und sein Kommunikationsstil. Oder eher die fehlende Kommunikation. Stattdessen habe es "viel Geheimniskrämerei" gegeben, so der Ex-Angestellte.
"Ich habe so etwas noch nie in meinem Leben gesehen, so wenige E-Mails. Die Leute haben praktisch nur beim Kaffee miteinander geredet." Auch wichtige Deadlines seien nicht kommuniziert worden und wenn doch, seien sie "von Tag eins an unrealistisch" gewesen.
Kein Feedback, schnelle Eskalation
Eine andere Ex-Mitarbeiterin bestätigt die Schilderungen: "Es gab ein toxisches Verhältnis von oben herunter. Jeder hat den Druck bekommen: Wir müssen liefern." Leute hätten dadurch teils Angst gehabt, realistische und somit weiter in der Zukunft liegende Deadlines mitzuteilen.
Als sich ein Kollege der Ex-Angestellten traute, anzusprechen, dass eine Vorgabe unmöglich umzusetzen sei, sei er "von heute auf morgen" gekündigt worden. Stattdessen sei ein Bekannter des Gründers hinzugeholt worden – obwohl er nicht für die Position qualifiziert gewesen sei.
Zudem seien Aufgaben an Personen verteilt worden, die nicht dafür zuständig waren. So wurde die Ex-Angestellte auf einmal als Verkäuferin im "epitome"-Shop am Kohlmarkt eingesetzt, obwohl sie in einer ganz anderen Abteilung tätig war.
Die Vorwürfe blieben trotz mehrerer PULS 24 Anfragen auf verschiedenen Kanälen von Kloibhofer unbeantwortet.
Geplatzte Werbe-Deals nicht kommuniziert?
Die fehlende interne Kommunikation hinderte "epitome" aber nicht daran, für die anvisierte Zahnhygiene-Revolution intensiv die Werbetrommel zu rühren. Neben einem geplanten zweiten Flagship-Store mitten auf der Wiener Kärntnerstraße engagierte man niemand geringeren als ÖFB-Nationalspieler David Alaba als Testimonial des Mundhygiene-Produkts.
Am 20. Mai bewarb "epitome" noch die geplante Eröffnung eines Geschäfts auf der Kärntnerstraße. Im selben Monat hat es die erste Kündigungswelle gegeben.
Sein Gesicht strahlte einem bis vor Kurzem nicht nur auf der "epitome"-Website entgegen, sondern auch am Wiener Flughafen auf einem riesigen Plakat. Mitte Dezember – als die Insolvenz bereits bekannt war – konnte man es dort immer noch bestaunen.
Dass die Kommunikation mit den Werbegesichtern aber ebenfalls zu wünschen übrigließ, zeigt der Austausch mit dem deutschen Tischtennisspieler Benedikt Duda. Auf Instagram hatte er am Tag nach der Insolvenz-Anmeldung des Unternehmens "epitome" noch als Sponsor verlinkt. Erst auf PULS 24 Anfrage erfuhr er kurz darauf von dem Konkursverfahren.
Der Fokus auf das Marketing habe auch innerhalb des Unternehmens für Unmut gesorgt. "Er hat mehr Geld für Marketing ausgegeben und intern aber für das Produkt immer mehr gespart. Und somit konnte man auch nicht mehr weiterkommen", erzählt eine Ex-Angestellte.
Ausbleibende Gehälter
Schließlich konnte aber wohl auch alle Werbung nicht mehr darüber hinwegtäuschen, dass das Geld fehlte. Schon die September-Gehälter seien ausgeblieben, berichtet die ehemalige Mitarbeiterin PULS 24. Damals habe Kloibhofer das noch mit einem Banken-Problem begründet. Als die Gehälter aber auch Mitte Oktober nicht am Konto aufschienen, habe ein langwieriges Hin und Her begonnen.
Der Firmengründer habe die Angestellten immer wieder vertröstet, man würde auf potenzielle Investoren warten, da die finanzielle Lage schlecht sei, hieß es laut einer Ex-Mitarbeiterin. Zwischenzeitlich sei ihnen angeboten worden, auf Zusatzleistungen zu verzichten und freiwillig zu kündigen, um das Unternehmen so mit weniger Mitarbeiter:innen fortzuführen. Dieses Angebot habe jedoch niemand angenommen.
Insolvenz per Mail
Schlussendlich teilte Kloibhofer die Insolvenz in einer E-Mail mit, die PULS 24 vorliegt. Dort beschrieb er, wie furchtbar die Situation für ihn und seine Familie sei.
Auf die Mail angesprochen, meinte die Ex-Angestellte, dass man im Unternehmen dafür wenig Verständnis gehabt hätte. Schließlich hätten Kloibhofers Mitarbeitende teils selbst finanzielle Probleme stemmen müssen, einige hätten zudem Schwierigkeiten mit ihren Visa gehabt, da sie extra für "epitome" nach Wien gekommen seien.
Seitdem ist es um "epitome" ruhig geworden, die Ex-Angestellten sind mittlerweile in anderen Unternehmen tätig.
Was aus CEO Kloibhofer geworden ist und was er zu den Vorwürfen seiner ehemaligen Mitarbeiter sagt, bleibt unklar. Für PULS 24 war er auf keinem Weg erreichbar, ganz abgeschlossen dürfte er mit der Zahnhygiene-Revolution noch nicht haben. Auf seinem wenig genutzten LinkedIn-Profil nennt er sich weiterhin "Chief Executive Officer at epitome".
Zusammenfassung
- Das Wiener Zahnhygiene-Start-up "epitome" wollte hoch hinaus. Mit 14 Nanokameras und 100 Sensoren war das Ziel, die Mundhygiene zu "revolutionieren".
- Doch nach sechs Jahren musste das Unternehmen Insolvenz anmelden.
- Keine Überraschung für die Angestellten. Die Probleme hätten schon viel früher begonnen, sagen Ex-Mitarbeiter:innen gegenüber PULS 24.
- Sie schildern ein "toxisches" Arbeitsklima und grundlose Kündigungen.