Langbein: Kurz' Vermächtnis sind Pushbacks an den EU-Außengrenzen
Bei Moderatorin Gundula Geiginger wird zum Einfluss von Ex-Kanzler Sebastian Kurz diskutiert. Gleich zwei Filme über den Ex-Kanzler kommen im September in die österreichischen Kinos, bevor Kurz dann am 18. Oktober wegen vermeintlicher Falschaussage im Untersuchungsausschuss vor Gericht steht. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Zu Gast bei "Pro und Contra" war Elisabeth Köstinger, Unternehmerin und ehemalige Ministerin in der Regierung von Kurz. Dem "Kurz - Der Film"-Projekt von Regisseur Sascha Köllnreitner stellte sie sich als Gesprächspartnerin zur Verfügung, dem schon länger angekündigten Kurz-kritischen Film "Projekt Ballhausplatz" von Regisseur Kurt Langbein wollte sie kein Interview geben. Der Film von Köllnreitner wird als weniger kritisch beschrieben und ist bereits in den österreichischen Kinos zu sehen. Weder Ex-Kanzler Kurz noch andere ÖVP-Vertraute wollten von Langbein interviewt werden.
Angesprochen darauf erklärt Köstinger, dass die Anfragen für beide zeitgleich, im letzten Februar, bei ihr eintrudelten. Nachdem sie die Beschreibung des Langbein-Films gelesen hatte, wollte sie sich dem Projekt nicht als Gesprächspartnerin zur Verfügung stellen. Die Rede sei von "einer Gruppe junger Männer" gewesen und sie selbst habe sich nicht repräsentiert gefühlt.
Auch der Filmemacher Kurt Langbein selbst war bei "Pro und Contra" zu Gast. Sein Film "Projekt Ballhausplatz" kommt am 21. September ins Kino. Er glaubt nicht, dass Kurz der Politik fernbleiben wird, denn kein Wirtschaftstreibender würde sich so auf dem internationalen politischen Parkett präsentieren wie der Ex-Kanzler, und auch den zweiten, positiven Kurz-Film sieht er als Beweis dafür. Das Köllnreitner Projekt sei undurchsichtig aus Deutschland finanziert, Kritiker glauben, dass Kurz und dessen Unterstützer selbst das Projekt vorangetrieben haben könnten.
ÖVP-Nationalratsabgeordneter Wolfgang Gerstl sieht keinen Grund, Sebastian Kurz nicht zu glauben, dass er mit der Politik abgeschlossen habe. Der Ex-Kanzler hat alle Funktionen in der Partei zurückgelegt, auch sei der aktuelle Kanzler Karl Nehammer der beste Krisenmanager.
Was blieb von Kurz?
Der Ex-Kanzler und seine politischen Begleiter hätten kaum etwas gehalten, was sie angekündigt haben, so Julia Herr, stellvertretende SPÖ-Klubobfrau und Nationalratsabgeordnete. Auch die versprochene Patientenmilliarde hätten sich die Patienten und Patientinnen dann selbst gezahlt, und auch der Vorstoß in der Gratis-Kindesbetreuung sei von Kurz und Co. systematisch abgewürgt worden.
Filmemacher Langbein ergänzt, dass der Verfassungshof auch viele Kurz-Vorstöße als unrechtmäßig aufgehoben habe. Er will ein politisches Comeback des Ex-Kanzlers nicht ausschließen, kein Wirtschaftstreibender würde sich so am internationalen Parkett präsentieren.
Köstinger widerspricht, Kurz sei einfach ein sehr professioneller Mensch, dessen Meinung auch international gefragt sei. Die Professionalität will auch Langbein dem Ex-Kanzler nicht absprechen. Die Chats mit dem ehemaligen ÖBAG-Chef und nun Kronzeugen in der ÖVP-Causa Thomas Schmid würden aber belegen, dass Kurz und Co. systematisch Dinge wie die Reform der Kinderbetreuung verhindert hätten. Köstinger lädt er ein, sich das in seinem Film anzusehen, diese lehnt ab, sie würde sich lieber "Paw Patrol" ansehen.
Moderatorin Geiginger fragt Köstinger, ob sie je an Kurz gezweifelt habe. Auch als Ex-Politikerin hält die einstige Verbündete Kurz die Treue. "Es waren private Chatnachrichten", betont Köstinger.
"Nix geschlossen"
Im Interview mit Puls 4 Infochefin Corinna Milborn sprach der Publizist und ÖVP-Kritiker Michel Friedman davon, dass Kurz nur eine Projektionsfläche der ÖVP gewesen sei. Das sieht Ex-Ministerin Köstinger anders, Kurz habe den Integrations-Diskurs in die Mitte der Gesellschaft geholt. Mit dem Prinzip "Integration durch Leistung" habe der Ex-Kanzler Migrant:innen eine Handlungsdirektive angeboten.
Geblieben seien aber nur illegale Pushbacks an den EU-Außengrenzen, so Langbein. Auch die Balkanroute sei nicht geschlossen worden, so SPÖ-Politikerin Herr. "Immer noch sitzt man da und argumentiert mit derselben Propaganda", so Herr. Unter Kurz wurde "gar nix geschlossen", es wurde nur "gut" kommuniziert.
Dinge seien - so wie auch heute - immer nur angekündigt worden, aber es gebe "überhaupt keinen realen Plan", so die SPÖ-Politikerin. Sie nennt es "Schlagzeilen Politik". "Die Balkan-Route ist nicht geschlossen, die Patienten-Million zahlen sich die Patienten selbst", es sei heiße Luft aus der Ära Kurz geblieben.
Zusammenfassung
- Bei "Pro und Contra" wird zu Ex-Kanzler Kurz debattiert.
- Die einen sehen heiße Luft als das Hauptvermächtnis der Ära, zwei neue Kinofilme über den Ex-Kanzler heizen die Diskussion um dessen politische Rückkehr an.