Friedman: "Schlechte Demokratie immer noch lieber als beste Diktatur"

Publizist Michel Friedman erklärt im Interview mit PULS 4 Infochefin Corinna Milborn, wie die ÖVP die FPÖ salonfähig macht und, warum eine Koalition mit den Sozialisten demokratischer wäre.

Publizist Michel Friedmann veröffentlicht sein neues Buch "Schlaraffenland abgebrannt", die zentrale These darin: Die europäischen Demokratien leiden an Realitätsverlust - Ein Teil der Bevölkerung würde in einem "Schlaraffenland" leben, das zwanzig Prozent der Bevölkerung noch nie gesehen hätten.

Für die Mehrheit sei das Leben aber sehr angenehm ("einfach, wohlhabend") - Probleme würden mit Geld oder dem Schließen von Türen geregelt. Hier gebe es ein Desinteresse an der Demokratie, man habe sie zwar, aber interessieren würden sich die Menschen, denen es gut geht, nicht wirklich dafür. Ihm sei immer noch eine schlechte Demokratie lieber als die beste Diktatur, denn in der Diktatur würde der Mensch überhaupt nicht mehr wertgeschätzt werden.

Friedman ist ein lauter Kritiker der rechten Parteien - sie seien zwar demokratisch legitimiert, aber würden nicht demokratisch agieren. 

Zum FPÖ Video, das mit rechtsextremer Ästhetik liebäugelt, sagt er, dass die Partei zwar demokratisch gewählte sei, ihre Inhalte aber nicht demokratisch sind. "Sündenböcke" und eine Politik der "starken Hand" zeugten von einer Nostalgie ins letzte Jahrhundert, auch das dritte Reich würde verherrlicht werden - das seien keine "demokratischen Einbringungen für das Demokratische". 

"Teufelspakt"

30 Prozent stehen laut Umfragen aktuell hinter der FPÖ. Friedman sieht hier, dass die übrigen 70 Prozent der Menschen in Österreich lauter sein müssten. Das passiere aber nicht, weil "Parteien, wie die ÖVP bereit sind, mit dem Teufel zu koalieren", so Friedman. Aus diesem "Tanz" würde auch niemand unbeschadet herauskommen. Wenn niemand mit der FPÖ koaliert hätte, dann wäre sie nie in die Exekutive gekommen - begonnen hat das aber schon mit der SPÖ. 

"Es ist nicht normal, Menschen zu hassen in einer Demokratie", so Friedman. Den 70 Prozent sei es eben gleichgültig. Es bräuchte aktive Demokraten. Sozialistische Parteien würden auf einer ideologischen Ebene demokratischer agieren, ihnen gehe es nicht darum, Menschen ihre Würde abzusprechen und sie als Menschen erster und zweiter Klasse zu sehen.

ribbon Zusammenfassung
  • Publizist Michel Friedman erklärt im Interview mit PULS 4 Infochefin Corinna Milborn, wie die ÖVP die FPÖ salonfähig macht.
  • Die FPÖ sei zwar demokratisch gewählt, ihre Inhalte seien aber nicht demokratisch.
  • Koalitionen mit der FPÖ seien ein "Pakt mit dem Teufel", wer mit dieser Partei tanzt, der würde geschädigt davon herauskommen.