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Kurdenführer Öcalan könnte Ende der PKK verkünden

Heute, 09:32 · Lesedauer 4 min

Seit 40 Jahren führt die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) einen blutigen Kampf gegen den türkischen Staat, rund 45.000 Menschen sind dabei bisher ums Leben gekommen. Ihr Gründer Abdullah Öcalan sitzt auf der Insel Imrali nahe Istanbul in Haft. Am Samstag jährt sich der Tag von Öcalans Festnahme im Jahr 1999 zum 26. Mal. Laut Beobachtern könnte der Kurdenführer das Datum zum Anlass nehmen, auf Ersuchen von Ankara die PKK-Kämpfer zur Niederlegung der Waffen aufzurufen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und sein rechtsnationalistischer Koalitionspartner MHP hatten Öcalan im Herbst eine frühere Freilassung in Aussicht gestellt, falls er die PKK auflöst. Die Gruppe wird von der Türkei, der EU und den USA als Terrorgruppe eingestuft.

Anfang Februar kündigte Öcalan an, "in den kommenden Tagen" einen "historischen Aufruf zur Lösung der Kurdenfrage" zu machen. Was genau der Appell beinhalten könnte, ist noch unklar. Öcalan hatte die PKK in der Vergangenheit mehrfach zu Waffenruhen aufgerufen - allerdings nie ihre Auflösung gefordert.

Der aus Südostanatolien stammende Öcalan gründete die PKK im Jahr 1978 in der Provinz Diyarbakir als marxistisch inspirierte Organisation. Ihr ursprüngliches Ziel war der Aufbau eines sozialistischen Kurdenstaats für die Volksgruppe, deren Angehörige vor allem in der Türkei, aber auch im Iran, Irak und in Syrien leben.

1984 rief Öcalan zur Durchsetzung seiner Ziele zum bewaffneten Kampf gegen den türkischen Staat auf. Die PKK agierte dabei vor allem über Guerillagruppen in der Türkei und im Norden des Irak und Syriens. Es begann eine Spirale der Gewalt zwischen PKK-Kämpfern und der türkischen Armee, durch die zehntausende Menschen getötet wurden.

Als der ins Exil geflohene Öcalan 1999 in Kenia vom türkischen Geheimdienst festgenommen und zum Tode verurteilt wurde, versetzte das der Gruppe einen schweren Schlag. Die PKK rückte von ihrem ursprünglichen Ziel eines eigenen Kurdenstaates ab. Heute will sie politische und kulturelle Rechte für die rund 13 Millionen Kurden innerhalb des türkischen Staatsgebietes durchsetzen.

Öcalan entging der Hinrichtung durch die Abschaffung der Todesstrafe in der Türkei, er verbüßt nun eine lebenslange Haftstrafe. Sein Ansehen bei den Kurden und sein Einfluss auf die PKK mit ihren mehreren tausend Kämpfern sind jedoch ungebrochen. Sowohl die PKK-Kommandeure, die sich im nordirakischen Kurdengebiet verschanzten, als auch die führenden politischen Vertreter der PKK im europäischen Exil erkennen Öcalan nach wie vor als höchste Instanz an. In der EU wir die PKK als terroristische Organisation eingestuft und ist verboten.

Über die Jahrzehnte hinweg verkündete die PKK mehrfach Waffenruhen, die jedoch nie lange hielten. 2013 forderte Öcalan den Rückzug der 1500 bis 2000 Kurdenkämpfer aus der Türkei, um dem Friedensprozess eine Chance zu geben. Bereits 2015 wurde jedoch auch diese Waffenruhe wieder gebrochen.

Sollte Öcalan dieses Mal tatsächlich die Auflösung der PKK verkünden, könnte dies einen Wendepunkt in den türkisch-kurdischen Beziehungen darstellen. Allerdings ist ungewiss, wie ein solcher Aufruf bei den kurdischen Kämpfern im Norden Syriens ankommen würde. Hier verteidigt das kurdisch geführte und von den USA unterstützte Militärbündnis der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) seine mühsam errungene Autonomie gegen die Türkei und die neuen islamistischen Machthaber in Damaskus. Ankara sieht die zum SDF gehörende Gruppe YPG als einen Ableger der PKK.

Nach dem Sturz des syrischen Machthabers Bashar al-Assad hofft die Türkei im Kampf gegen die PKK auf die Unterstützung der neuen syrischen Übergangsregierung und bemüht sich um gute Beziehungen. In der vergangenen Woche sicherte Erdogan - ungeachtet der schweren Wirtschaftskrise im eigenen Land - Syrien beim Wiederaufbau die Hilfe Ankaras zu.

Im Juli 2024 hatten 69 Nobelpreisträgerinnen und Nobelpreisträger in Briefen an den Europarat sowie an das UNO-Menschenrechtskomitee und Erdoğan die Beendigung der Isolation und die endgültige Freilassung Öcalan gefordert. Außerdem appellierten die Unterzeichner, die Friedensverhandlungen zwischen Öcalan und der türkischen Regierung wiederaufzunehmen. Die Schreiben wurden auch von der österreichische Schriftstellerin Elfriede Jelinek und dem ungarisch-österreichische Physiker Ferenc Krausz unterzeichnet. Der "einzige Weg zum Frieden zwischen dem türkischen und dem kurdischen Volk" liege im Dialog und in Verhandlungen mit Öcalan liegt", hieß es laut dem Kurdischen Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit in Berlin, Civaka Azad, darin.

Zusammenfassung
  • Abdullah Öcalan, der Gründer der PKK, könnte am 26. Jahrestag seiner Festnahme die Auflösung der PKK verkünden, was einen Wendepunkt in den türkisch-kurdischen Beziehungen darstellen könnte.
  • Der bewaffnete Konflikt zwischen der PKK und dem türkischen Staat hat in den letzten 40 Jahren etwa 45.000 Menschenleben gefordert, und die PKK wird von der Türkei, der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft.
  • Im Juli 2024 forderten 69 Nobelpreisträger, darunter Elfriede Jelinek, die Freilassung Öcalans und die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen zwischen ihm und der türkischen Regierung.