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Vorwürfe gegen Cheftrainer

ÖSV-Zerwürfnis um "Causa Assinger": Was ist da los?

16. Apr. 2025 · Lesedauer 5 min

Der ÖSV-Damen-Cheftrainer Roland Assinger steht hart in der Kritik. ÖSV-Läuferinnen wie Stephanie Venier monierten "demütigende" Umgangsformen. Doch galt der Kärntner stets als Erfolgsschmied für das Frauen-Team. Einige springen ihm nun zur Seite. Der ÖSV will prüfen. Was ist passiert?

Er sollte die ÖSV-Damen wieder an die Spitze des Erfolgs bringen, so die gefinkelte Aufgabe, für die der nunmehrige Frauen-Cheftrainer Roland Assinger zurückgeholt wurde. Er war schon einmal Trainer der Speed-Damen und war selbst ÖSV-Abfahrer.

Der Kärntner gilt als Trainer mit harten Linien, habe aber auch Entwicklungssprünge bei den Läuferinnen angestoßen. Doch der Rückhalt bröckelte zuletzt. Offenbar sei Assingers Linie nicht nur "hart", sondern zu Teilen auch "demütigend". 

Die Vorwürfe 

Den Stein ins Rollen brachte die frischgebackene Super-G-Weltmeisterin Stephanie Venier. Die 31-jährige Venier berichtete von "überzogenen Regeln", so die "Krone". Assingers Umgang mit den ÖSV-Damen sei "nicht die feine Art", sagte sie dann dem ORF. 

Was die Organisation betreffe, sei Assinger "voll super". "Wenn ein Mann von zwei Metern vor dir steht und laut in der Stimme wird, fühlt man sich oft fast ein bisserl eingeschüchtert." Assinger gehe auch auf die "persönliche Ebene". Familie und Freunde dürfen am Nachmittag nicht einmal in das Hotel. Sie habe versucht mit ihm zu reden, habe aber nie eine gemeinsame Gesprächsbasis gefunden.

Auch Stephanie Brunner und Tamara Tippler kritisierten den Cheftrainer. Letztere sagte schon nach ihrem Rücktritt im März: "Es wird so viel geplärrt. Wenn man einfach keine normalen Gespräche führen kann, wenn das immer von oben herab passiert." Laut Venier sei die Kritik ihrer Kolleg:innen nicht ernst genommen worden. Sie trat nun eine Lawine los. 

Denn am Wochenende kochte die Causa weiter hoch. Mehrere Athletinnen, die anonym bleiben wollten, hatten dem ORF ähnliche Vorwürfe mitgeteilt. Sie unterstellten Assinger einen "herabwürdigenden und demütigenden" Umgangston.

Die Gegenstimmen 

Während Venier und andere Assingers Umgangsformen kritisierten, sprangen ihm einige (Ex-)Skirennläuferinnen zur Seite. Cornelia Hütter, die unter Assinger zur Höchstform auflief, meinte: "Es ist nicht nur Larifari zur Gaudi, sondern es ist unser Job. Wir stehen da wirklich alle mit Herzblut dahinter", sagte sie dem ORF.

"Im Endeffekt gehören auch Diskussionen dazu. Aber ich bin 100 Prozent der Meinung, dass die Diskussion unter vier Augen gelöst werden soll." Sie habe selbst Dinge, die sie gestört haben, in einem persönlichen Gespräch ausgeräumt. 

Auch die mittlerweile pensionierte Nicole Schmidhofer versteht die Kritik an Assinger nicht. "Vielleicht kann nicht jede mit seiner geradlinigen Art umgehen, wenn einem der Spiegel vorgehalten wird und einer sagt, was Stand der Dinge ist. Er hat uns immer Vorgaben gegeben, wie wir an die Weltspitze kommen könnten. Gerade in jungen Jahren ist es wichtig, dass man geführt und auf einen richtigen Weg gebracht wird."

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Mirjam Puchner erklärte: "Ich kann das alles nicht nachvollziehen." Ariane Rädler findet seine Kommunikation "von Offenheit und gegenseitigem Respekt geprägt". 

Assinger selbst rechtfertigte seine harte Linie gegenüber dem ORF. Er zeigte sich überrascht, es handele sich immerhin "um einen Hochleistungssport".

Als Damen-Cheftrainer trage er eine Fürsorgepflicht und Verantwortung. "Bei Formschwankungen oder bei gesundheitlichen Problemen jeglicher Art kann es zu Problemen kommen, wenn man nächsten Tag am Start steht", meint er. "Das wird dann vorab mit den Trainern besprochen und dann natürlich auch mit den Athletinnen selbst mit einem gewissen Nachdruck". 

Veniers Kritik könne er nicht nachvollziehen: "Wenn jemand eine Goldmedaille macht und eine Bronzemedaille, dann wird im Vorfeld nicht alles schlecht gelaufen sein." Sollten Kommunikationsprobleme aufgetreten sein, gehöre das auf sachlicher Ebene ausdiskutiert, so der Bruder von Armin Assinger. 

Die Konsequenz

Seitens des ÖSV hat man interne Gespräche angekündigt. Sportdirektor Mario Stecher ist sich der Größe der Debatte bewusst. Man wolle der Sache auf den Grund gehen. Die Saga ist ein Fall für "Optimal Sports", das sich den Themen "Persönlichkeitsstärkung, Gesundheitsentwicklung, Ressourcenbewusstsein", aber auch Werten wie "respektvoller Umgang und Wertschätzung" widmet. Die Initiative wurde von "Ski Austria" eingeführt. Der Aufarbeitungsprozess habe bereits gestartet, Gespräche wurden schon geführt. 

Stecher hatte Assinger zuerst den Rücken gestärkt, jüngst hatte er aber auch eine Trennung des ÖSV von Assinger nicht ausgeschlossen. Das Ziel sei eine "respektvolle Zusammenarbeit". 

Der Nachhall 

Die engen Leitlinien, auf deren Einhaltung Assinger pocht, bringen ihn ins Wanken. Der Widerstand ist groß.

Dass sich die Gräben zwischen jenen, die sich schlecht behandelt fühlten, und dem Trainer, der für seine Arbeit kritisiert wurde, über den Sommer schließen lassen, scheint fraglich. 

Immerhin hatte der ÖSV selbst den Ton verschärft. Befürchtet wird auch, dass die Konsequenz viel größer sein könnte. So könnten auch die Umgangsformen anderer Trainer in die Waagschale gelegt werden. 

Vor einer anstehenden Olympia-Saison kommendes Jahr sicher keine gute Voraussetzung. 

Video: Venier holt Gold beim Super-G in Saalbach

Zusammenfassung
  • Der ÖSV-Damen-Cheftrainer Roland Assinger steht hart in der Kritik.
  • SV-Läuferinnen wie Stephanie Venier monierten "demütigende" Umgangsformen. Doch galt der Kärntner stets als Erfolgsschmied für das Frauen-Team.
  • Seitens des ÖSV hat man interne Gespräche angekündigt.
  • ÖSV-Sportdirektor Stecher hatte Assinger zuerst den Rücken gestärkt, jüngst hatte er aber auch eine Trennung des ÖSV von Assinger nicht ausgeschlossen.