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Briefwahl in Deutschland

Deutscher Botschafter in UK erhielt keine Wahlunterlagen

Heute, 13:32 · Lesedauer 4 min

Viele Deutsche im Ausland klagen über Probleme dabei, ihre Stimmen für die Bundestagswahl fristgerecht abgeben zu können. Selbst der deutsche Botschafter in Großbritannien moniert nun, er habe keine Unterlagen erhalten.

Bei ihm in London seien keine Wahlunterlagen angekommen, beschwerte sich Miguel Berger auf "X". Viele Deutsche im Ausland könnten ihr Wahlrecht nicht ausüben. "Fristen wurden zu knapp kalkuliert, die Verfahren sind zu bürokratisch. Eine Reform ist dringend notwendig", schrieb er.

Berger steht mit seiner Kritik bei Weitem nicht allein da. In zahlreichen Ländern berichten deutsche Wähler von Frust bei der Briefwahl für die unter verkürzten Fristen stattfindende Wahl. PULS 24 berichtete über Beschwerden von Deutschen in Österreich.

Auch in einer Mitteilung der Bundeswahlleiterin hieß es am Donnerstag, dass Fragen und Beschwerden von im Ausland lebenden Deutschen eingegangen seien. Wie viele Beschwerden es genau sind, ging aus der Mitteilung nicht hervor.

Sonderkuriere der Botschaften sollten in mehreren Ländern helfen, die Briefwahlunterlagen rechtzeitig zurück in die Bundesrepublik zu schicken. Mancherorts kamen die Unterlagen jedoch zu spät dafür bei den Wähler:innen an.

Wahl-Urlaub

So auch bei vielen Deutschen in Dänemark: Dort behalfen sich manche damit, über die sozialen Medien nach "Mitfahrgelegenheiten" für ihre Briefe nach Deutschland zu suchen, andere fingen dafür Reisende auf dem Weg in die Heimat am Flughafen Kopenhagen ab. Einige zahlten für Expressversand oder wollten gar selbst über die Grenze fahren, um die Briefe einzuwerfen. Manche blickten auch neidisch auf die Wahlpraktiken anderer Länder, die es ermöglichen, direkt in ihrer jeweiligen Botschaft abzustimmen.

Im Falle Dänemarks hängt das Problem auch damit zusammen, dass dort deutsche Bürokratie auf dänische Digitalisierung trifft: Während die Wahlunterlagen von deutscher Seite erst Anfang des Monats verschickt wurden, ist die dänische Post längst nicht mehr darauf ausgelegt, Briefe in kurzer Zeit zuzustellen – stattdessen findet der behördliche Briefverkehr in dem Land inzwischen quasi ausschließlich digital statt. 

PULS 24 berichtete auch über in Österreich lebende Deutsche, die zur Sicherheit mit den Wahlunterlagen selbst nach Deutschland reisten

Über 200.000 Wähler im Ausland

Nach Schätzungen des Auswärtigen Amtes in Berlin leben zwischen drei und vier Millionen Deutsche im Ausland - allerdings sind längst nicht alle davon wahlberechtigt. In Österreich leben laut Statistik Austria rund 239.500 deutsche Staatsbürger.

Die Bundeswahlleiterin ist bis Donnerstag von rund 213.000 Eintragungen von Auslandsdeutschen in die Wählerverzeichnisse der Gemeindebehörden unterrichtet worden. Das sind deutlich mehr als bei der Bundestagswahl 2021: Damals lag diese Zahl bei nur etwa 129.000.

Kann die Wahl angefochten werden?

Bundeswahlleiterin Ruth Brand hatte schon im vergangenen November vor einer Verkürzung der Fristen für die vorgezogene Bundestagswahl gewarnt. Eine daraus folgende "Überlastung der Wahlämter" könne auch insgesamt "zulasten einer ordnungsgemäßen Briefwahlvorbereitung" führen, schrieb sie damals dem Bundeskanzler, vor allem zu Verzögerungen beim Versand, "was insbesondere für Auslandsdeutsche zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Wahlteilnahme führen könnte". 

Sie sollte Recht behalten. Doch rechtliche Folgen wird das Ganze wohl nicht haben. Die Düsseldorfer Parteienrechtsexpertin Sophie Schönberger sagte dem "Spiegel", dass die Briefwahl nur eine "zusätzliche Option" sei, eine Erleichterung für die Wahlberechtigten. Es gebe darauf aber keinen Anspruch, so Schönberger. "Es gibt keinen verfassungsrechtlichen Anspruch, möglichst bequem wählen zu können", so Schönberger

Video: Bundestagswahl am Sonntag

Zusammenfassung
  • Viele Deutsche im Ausland, darunter der Botschafter in Großbritannien, kritisieren die knappen Fristen und bürokratischen Verfahren bei der Briefwahl.
  • In Dänemark suchen Wähler nach kreativen Wegen, um ihre Stimmen rechtzeitig abzugeben, da die dänische Post auf digitale Kommunikation umgestellt ist.
  • 213.000 Auslandsdeutsche sind für die Bundestagswahl registriert, was einen deutlichen Anstieg im Vergleich zur letzten Wahl darstellt.
  • Doch rechtliche Folgen wird das Ganze wohl nicht haben. Die Düsseldorfer Parteienrechtsexpertin Sophie Schönberger sagte dem "Spiegel", dass die Briefwahl nur eine "zusätzliche Option" sei. Es gebe darauf aber keinen Anspruch.