AFP

Gift, Fenstersturz oder Flugzeugcrash: Mysteriöse Todesfälle in Russland

Immer wieder hat es in Russland in der Vergangenheit Morde und Anschläge mit politischem Hintergrund gegeben. Eine Übersicht.

Mit Alexej Nawalny ist der wohl lauteste und bekanntestes Kritiker von Russlands Präsident Wladimir Putin gestorben. Er war zuletzt in einer Strafkolonie in Haft. Die Umstände seines Todes sind derzeit noch gänzlich unbekannt.

In der Vergangenheit hat es allerdings in Russland immer wieder Morde und Anschläge mit politischem Hintergrund gegeben. Die Opfer dieser Morde haben eines gemeinsam: Sie kritisierten den Kreml oder Präsident Wladimir Putin.

2003: Sergei Juschenkow

Der ehemalige Armeeoberst Sergei Juschenkow hatte die Bewegung "Liberales Russland" gegründet und wurde vor seinem Haus in Moskau erschossen. Laut "The Washington Post" sei Jukaschenko dabei gewesen, Beweise zu sammeln, dass die Putin-Regierung hinter einem der Wohnungsbombenanschläge im Jahr 1999 steckte.

2006: Anna Politkowskaja

Die Journalistin Anna Politkowskaja machte sich als Kritikerin der Kriege in Tschetschenien einen Namen. Am 7. Oktober 2006 - dem 54. Geburtstag des russischen Präsidenten Wladimir Putin - wird sie vor ihrer Wohnung in Moskau erschossen. Nach langen Ermittlungen werden ein Ex-Polizist als Drahtzieher und ein Tschetschene als Mörder verurteilt. Politkowskajas Familie und Ex-Kollegen vermuten ein politisches Motiv und fordern eine Suche nach den Hintermännern.

2006: Alexander Litwinenko

Der Kreml-Gegner Alexander Litwinenko stirbt im November 2006 in London nach einem Anschlag mit dem Strahlengift Polonium 210. Unter den Augen der Weltöffentlichkeit siecht er tagelang dahin. Das Opfer beschuldigt Putin, hinter dem Mordanschlag zu stehen. Einer der beiden Tatverdächtigen sitzt heute als Abgeordneter in der russischen Duma, der andere starb im Juni 2022 an einer Covid-Erkrankung.

APA/APA/AFP/Archiv/MARTIN HAYHOW

2009: Natalia Estemirowa

Die Menschenrechtlerin Natalia Estemirowa wird 2009 in der Konfliktregion Nordkaukasus erschossen aufgefunden. Mit Berichten über das Verschwinden von Zivilisten in dem Gebiet hatte sie sich wiederholt den Zorn der moskautreuen Machthaber zugezogen. Obwohl der Kreml eine Untersuchung zusagte, bleibt die Tat weiter nicht aufgeklärt.

2009: Anastassija Baburowa und Stanislaw Markelow

Die Journalistin Anastassija Baburowa und der Menschenrechtsanwalt Stanislaw Markelow werden 2009 auf der Straße in Moskau erschossen. Für die Tat werden ein Rechtsextremist und eine Komplizin zu langen Haftstrafen verurteilt. Sie hatten ihre Schuld bestritten.

2015: Boris Nemzow

Der Oppositionspolitiker und frühere Vizeregierungschef Boris Nemzow wird im Februar 2015 nahe der Kremlmauern aus einem Auto heraus erschossen. Er galt unter anderem als Unterstützer der Richtung Westen strebenden Ukraine. Ein russisches Gericht verurteilt den mutmaßlichen Mörder und seinen Komplizen aus dem Nordkaukasus zu langen Haftstrafen. Nemzows Familie beklagt, dass nach den Drahtziehern nie gesucht worden sei.

MOSKAU: GEDENKEN AN DIE ERMORDUNG VON BORIS NEMZOWAPA/HERWIG G. HÖLLER

MOSKAU: GEDENKEN AN DIE ERMORDUNG VON BORIS NEMZOW

2015: Michail Lessin

Der russische Presseminister Michail Lessin wurde im November 2015 in einem Hotelzimmer in Washington D.C. tot aufgefunden, er erlitt ein "stumpfes Schädeltrauma". Lessin hatte den englischsprachigen TV-Sender "Russia Today (RT)" gegründet. Laut dem "Daily Beast" soll Lessin vor seinem Tod einen Deal mit dem FBI erwogen haben, um sich vor Korruptionsvorwürfen zu schützen.

Lessin stand jahrelang im Zentrum des politischen Lebens und soll daher viel über die Abläufe der Reichen und Mächtigen gewusst haben.

2018: Sergej Skripal

Der Ex-Spion Sergej Skripal und seine Tochter Julia überleben im März 2018 knapp einen Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok in der südenglischen Stadt Salisbury. Eine Frau, die später mit dem Giftbehälter in Kontakt kommt, stirbt. Die britische Regierung und Scotland Yard machen den russischen Geheimdienst für das Attentat verantwortlich, der Kreml bestreitet das.

2019: "Tiergarten-Mord"

Ein Georgier wird im August 2019 in der Berliner Parkanlage "Kleiner Tiergarten" erschossen. Für den sogenannten "Tiergarten-Mord" wird später ein russischer Staatsbürger zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Berliner Gericht spricht von "Staatsterrorismus". Demnach stecken russische Stellen hinter dem Auftragsmord. Das Opfer führte während des zweiten Tschetschenien-Krieges eine Miliz im Kampf gegen Russland an.

Tiergartenmord: Mordserie im Auftrag des Staates

2020: Alexej Nawalny

Kreml-Kritiker Alexej Nawalny überlebte im August 2020 einen Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok. Nach seiner Genesung kehrte er im Jänner 2021 nach Moskau zurück. Nach der Landung wurde er umgehend festgenommen und sitzt seither im Straflager. Im Februar 2024 starb er im Straflager.

Bilder von Nawalny

2022: Rawil Maganow und Alexander Subbotin

Der Vorstandschef des russischen Ölkonzerns Lukoil, Rawil Maganow, kommt im September 2022 beim Sturz aus dem Fenster eines Moskauer Krankenhauses ums Leben. Er stand dem russischen Einmarsch in die Ukraine kritisch gegenüber.

Die Polizei leitete Ermittlungen ein. Als eine der möglichen Ursachen nennen Medienberichte Suizid. Im Mai starb bereits Lukoil-Manager Alexander Subbotin angeblich bei einer okkulten Behandlung gegen Alkoholsucht unter mysteriösen Umständen.

2022: Pavel Antow

Der russische Tycoon Pavel Antow stürzte im Dezember 2022 aus einem Hotelfenster in Rayagada in Indien. Der Politiker und Millionär hatte Putins Krieg in der Ukraine auf WhatsApp kritisiert.

2022: Dan Rapoport

Geschäftsmann Dan Rapoport verurteilte ebenfalls den Ukraine-Krieg mehrmals öffentlich in den sozialen Medien und betonte seine Unterstützung für die Ukraine, berichtete "Daily Beast". Berichten zufolge wurde er im August 2022 tot vor einem Wohnhaus in Washington D.C. aufgefunden.

2023: Wladimir Kara-Mursa

Der Oppositionspolitiker Wladimir Kara-Mursa überlebt zwei Giftanschläge und ist gesundheitlich schwer angeschlagen. In seinem Organismus werden Schwermetalle gefunden. Er hatte unter anderem für den erschossenen Oppositionspolitiker Boris Nemzow gearbeitet. Im April 2023 wird er in Moskau wegen angeblichen Hochverrats zu 25 Jahren Haft im Straflager verurteilt.

2023: Jewgeni Prigoschin

Der Chef der russischen Söldner-Gruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, ist im August bei einem Flugzeugabsturz in Russland ums Leben gekommen. Er starb damit nur zwei Monate nach seinem kurzzeitigen Aufstand gegen die russische Militärführung. Die Hintergründe des Absturzes sind unklar.

ribbon Zusammenfassung
  • Mit Alexej Nawalny ist der wohl lauteste und bekanntestes Kritiker von Russlands Präsident Wladimir Putin gestorben.
  • Er war zuletzt in einer Strafkolonie in Haft. Die Umstände seines Todes sind derzeit noch gänzlich unbekannt.
  • Immer wieder hat es in Russland in der Vergangenheit Morde und Anschläge mit politischem Hintergrund gegeben. Eine Übersicht.