APA/EVA MANHART

Krankmeldung in Moskau: Nur ein Russe sagte für Kurz aus

Im Prozess gegen Sebastian Kurz und Bernhard Bonelli wurden am Mittwoch Nebenschauplätze in Amsterdam, Moskau und Tiflis betreten. Von zwei russischen Geschäftsmännern sagte aber nur einer aus – und leistete Kurz nur lückenhaften Beistand.

Per Live-Schalte aus der österreichischen Botschaft in Moskau wurde am Mittwoch einer jener russischen Geschäftsmänner befragt, die Thomas Schmids Glaubwürdigkeit im Kurz-Prozess belasten wollten.

Zumindest wird das von den Anwälten der Angeklagten Sebastian Kurz und Bernhard Bonelli – ihnen wird Falschaussage im U-Ausschuss vorgeworfen – behauptet. Sie hätten sich vom heutigen Tag wohl mehr erwartet. Die Befragung des Zeugen gestaltete sich nämlich durchaus skurril.

Dietrich formulierte Erklärung

Doch zunächst zurück zu den Verhandlungstagen im Dezember: Just als der wichtige Belastungszeuge Thomas Schmid im Prozess befragt wurde, brachten die Anwälte eidesstattliche Erklärungen von zwei russischen Geschäftsmännern vor. Diese sollen sie in der österreichischen Botschaft der georgischen Hauptstadt unterschrieben haben. Darin erklärten sie, sie hätten in Amsterdam ein Bewerbungsgespräch mit Schmid geführt.

In diesem Gespräch habe Schmid gesagt, er sei von der WKStA unter Druck gesetzt worden und sei daher bereit, im Prozess zu lügen.

Tatsächlich nahm dann aber nur einer der Geschäftsmänner vor der Kamera in Moskau Platz, der andere meldete sich kurzfristig krank. Das überraschte selbst seinen Kollegen, der meinte, er hätte mit ihm am Morgen noch telefoniert.

Spannend wurde es trotzdem. Zeuge A. überraschte unter anderem mit der Aussage, dass die eidesstattliche Erklärung von Kurz-Anwalt Otto Dietrich verfasst worden sei. Er habe sie aber genau überprüft, wie er betonte. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) überlegt, Dietrich als Zeugen dazu zu befragen.

"Tremendous Pressure"

Nicht ganz klar konnte der russische Zeuge schildern, wie denn Schmid nun genau unter Druck gesetzt worden sein soll. Wörtlich habe Schmid im Bewerbungsgespräch gesagt, er sei unter "tremendous pressure" gestanden. Dass er lügen wolle, habe er nicht wörtlich gesagt, das sei eher der Eindruck von A. gewesen.

Der Zeuge wurde von einer Dolmetscherin übersetzt, nur einmal befragte ihn der Richter kurz auf Englisch. In dieser Sprache habe er schließlich auch mit Schmid in Amsterdam geredet. A. konnte in Englisch antworten, sprach aber mit breitem Akzent.

Lückenhaft blieben auch seine Aussagen darüber, für welches Projekt man Schmid überhaupt haben wollte. Man habe einen CEO für ein Ölprojekt in Georgien gesucht, das nun aber wegen bürokratischer Probleme stillstehe. Nähere Details zu dem Unternehmen dürfe er nicht nennen, so A.

Seinem Lebenslauf nach sei Schmid aber sehr gut geeignet gewesen, wiederholte der Zeuge mehrmals auf die Fragen von WKStA und Bernhard Bonellis Anwalt Werner Suppan – obwohl Schmid nie mit Öl zu tun gehabt habe und weder Russisch noch Georgisch spricht.

Schmids Daten habe er von einem Kontakt in London bekommen, so der Zeuge. In Amsterdam habe er Schmid dann zuerst alleine, am nächsten Tag mit dem Geschäftsmann getroffen, der am Mittwoch absagte.

Wie erfuhren die Kurz-Anwälte vom Gespräch?

Bekanntlich wurde Schmid nicht CEO des Projekts. A. schilderte, dass er skeptisch geworden sei, weil Schmid gegen sein altes Team aussagen wollte – gemeint waren wohl Kurz und Bonelli. Er habe Schmid eine Absage per SMS erteilt.

Vom Inhalt des Bewerbungsgesprächs sollen die Kurz-Anwälte über seinen Geschäftspartner erfahren haben – dann sei er eben von Dietrich kontaktiert worden und um die eidesstattliche Erklärung gebeten worden. Aus "menschlichen Gründen" habe er das dann getan.

Warum Dietrich vom Bewerbungsgespräch erfuhr, konnte A. nicht erklären. Er jedenfalls, so versicherte er, habe weder Geld erhalten, noch habe er Video- oder Tonaufnahmen vom Gespräch mit Schmid.

Der Zeuge, der zwischendurch genervt wirkte, meinte, er habe nicht damit gerechnet, dass die Befragung so lange dauern werde. Er schaute mehrmals auf sein Handy.

Es sollte am Mittwoch eigentlich die letzte Zeugenbefragung im Prozess gewesen sein. Doch der zweite Geschäftsmann soll am 23. Februar nochmal geladen werden. Auch Thomas Schmid soll die Gelegenheit erhalten zum Bewerbungsgespräch Stellung zu nehmen. Damit wird ein Urteil am eigentlich letzten Prozesstermin unwahrscheinlich.

Helm sah keine Beeinflussung

Etwas in den Hintergrund geriet neben dem Russen die Befragung am Vormittag. Da kam Günther Helm, einstiger Chef der Supermarktkette Hofer, der später im Aufsichtsrat der ÖBAG war, dran, der für seine Befragung aus Saudi-Arabien angereist war.

Zeuge Günther HelmAPA/EVA MANHART

Zeuge Günther Helm

Sein guter Freund Gernot Blümel sei es gewesen, der Helm gefragt habe, ob er ins Nominierungskomitee wolle, welches die Aufsichtsräte für Beteiligungen nominierte, sagte dieser aus.

Zur Bestellung von Thomas Schmid zum ÖBAG-Vorstand betonte der Zeuge, es habe keine Zurufe von außen gegeben. Personalberater hätten anonyme Profile vorgelegt, Schmids Konzept sei das beste gewesen.

Schmid-Chats bleiben im Akt

Wie schon öfter während des Prozesses nutzte Kurz die Medienaufmerksamkeit, um während der Mittagspause ein Resümee zu ziehen und erwartungsgemäß seine Unschuld zu beteuern. Alle relevanten Aufsichtsräte hätten ausgesagt, nicht von ihm beeinflusst worden zu sein, betonte er. Wenn, dann hätte das mittels Telepathie geschehen müssen. Zudem beklagte sich Kurz über die Länge des Verfahrens.

Kurz: "Nur mittels Telepathie"

Bonellis Anwalt Werner Suppan trat dann nach Ende des Prozesstages vor die Presse und gab seine Wahrnehmung wieder: Der Russe hätte bestätigt, dass Schmid lügen würde. Das hätte sich die Verteidigung wohl erhofft. Wortwörtlich tat ihnen der Russe den Gefallen aber nicht.

Abgewiesen wurde von Richter Michael Radasztics ein Antrag der Verteidigung, wonach Chats von Schmid - entweder alle oder zumindest jene, die von der Hausdurchsuchung nicht umfasst waren - aus dem Akt genommen werden sollen.

Der Liveblog zum Nachlesen:

Liveblog

Sebastian Kurz vor Gericht - russische Zeugen sollen aussagen

ribbon Zusammenfassung
  • Zu einer überraschenden Entwicklung ist es im Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss am Mittwoch gekommen.
  • Jener russische Geschäftsmann, der ein Bewerbungsgespräch mit dem einstigen ÖBAG-Vorstand Thomas Schmid geführt haben soll, berichtete, dass seine eidesstättige Erklärung von Kurz' Anwalt formuliert worden sei.
  • Der Geschäftspartner des Mannes war kurzfristig erkrankt.
  • Am Vormittag war Günther Helm, einstiger Chef des Diskonters Hofer und später im Aufsichtsrat der ÖBAG, befragt worden.