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Kurz-Prozess: Bonelli teilt gegen U-Ausschuss, WKStA und Schmid aus

Der Prozess um mutmaßliche Falschaussage gegen den ehemaligen ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz und seinen damaligen Kabinettchef Bernhard Bonelli ging am Montag in die dritte Runde. Den U-Ausschuss bezeichnete Bonelli als "Minenfeld", er habe Angst vor Strafverfolgung gehabt.

Nun hat mit Bernhard Bonelli also auch der letzte der drei wegen mutmaßlicher Falschaussage Angeklagten vor dem Wiener Straflandesgericht ausgesagt. Der ehemalige Kabinettchef von Sebastian Kurz erschien gut vorbereitet und gab sich durchaus angriffig.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft auch ihm vor, beim U-Ausschuss bezüglich seiner Rolle bei der Bestellung der ÖBAG-Spitze falsch ausgesagt zu haben. Bonelli bestreitet die Vorwürfe, plädierte auf "nicht schuldig" und will einen Freispruch.

U-Ausschuss als "Minenfeld"

Der U-Ausschuss sei für ihn ein "Minenfeld" gewesen, er habe ihn als herabwürdigend empfunden, sei dort sogar ausgelacht worden, meinte er.

Seine Befragung dort sei genau in die Zeit gefallen, als man Corona-Impfstoff verteilen musste, das Grüne-Gesundheitsministerium habe das nämlich "verschlafen". Seine Kabinettsmitarbeiter hätten ihn vor Suggestivfragen und vor möglichen Anzeigen gewarnt. Deshalb habe er sich an dem Tag vorgenommen, kurz zu antworten, habe sich viel mit seiner Vertrauensperson beraten und er sei nicht gut vorbereitet gewesen, schilderte er vor Gericht.  

Er hat ausgesagt, dass das Finanzministerium für die Bestellung der ÖBAG-Spitze zuständig gewesen sei. Die WKStA will hingegen mit Chats, Sidelettern und den Aussagen von Thomas Schmid belegen, dass Kurz und Bonelli federführend gewesen seien, ihre Aussage also nicht stimmten.

Bonelli blieb vor Gericht grundsätzlich bei seiner Darstellung vom U-Ausschuss. Denn formal sei das Finanzministerium zuständig gewesen. Darauf habe er seine Antworten bezogen, da die Abgeordneten und der Verfahrensrichter beim U-Ausschuss nicht nachfragten, sei er davon ausgegangen, dass seine Antworten ausreichen würden.

Bonelli hat Kern "wahrscheinlich" vorgeschlagen

Vor Gericht ergänzte er nun aber: "Ich habe mich am Brainstorming beteiligt, wer das sein könnte." Man habe sich zusammengesetzt und eine Liste mit weiblichen Kandidatinnen wegen der Frauenquote erstellt.

Zur Bestellung von Helmut Kern zum ÖBAG-Aufsichtsratschef meinte Bonelli, dass er diesen sehr geschätzt habe, weswegen er ihn wahrscheinlich gegenüber dem damaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) für diesen Posten vorgeschlagen habe. Der Unternehmer Siegfried Wolf - der persönliche Favorit von Kurz für diesen Posten - sei nicht Aufsichtsratschef geworden, weil Löger diesen nicht habe wollte, meinte der Beschuldigte.

Doch nicht nur die Befragungssituation beim U-Ausschuss, wo der Status als Auskunftsperson laut Bonelli "ein Euphemismus" sei, kritisierte der ehemalige Kabinettschef, der laut eigenen Angaben auf ein besseres Gehalt in der Privatwirtschaft verzichtet hatte, um etwas fürs Land zu bewegen. Bonelli ging auch auf die WKStA und Schmid los.

Angeklagter, weil er WKStA "zerschlagen" wollte?

"In meinem Hirn geht sich das einfach nicht aus, wieso das in einem Rechtsstaat möglich sein kann", sagte er in Richtung der Staatsanwälte. Denn selbst Thomas Schmid habe vorm U-Ausschuss ausgesagt, dass das Finanzministerium formal für die ÖBAG-Spitze zuständig sei. Dieser werde aber nicht angeklagt, monierte er.

Er sei auch angeklagt, weil er in einem Positionspapier der ÖVP einst vorgeschlagen habe, die WKStA zu "zerschlagen", so Bonelli. Das sei "nicht auf viel Gegenliebe" gestoßen, meinte er.

Wie auch schon Kurz am Freitag distanzierte sich Bonelli von Thomas Schmid. Dieser sei hauptsächlich an seinem eigenen Fortkommen interessiert gewesen. Schmid habe laut Bonelli seinen Posten als ÖBAG-Chef "mit möglichst viel Machtfülle ausgestalten" wollen. Er sei "sicher kein großer Freund von Schmid" gewesen.

Auf Fragen der WKStA antwortete Bonelli - wie auch Kurz - nicht, dennoch verlas die Anklagebehörde diese für das Protokoll. Die Frage zum Verhältnis zu Schmid griff aber auch der Richter auf. Es sei manchmal emotional geworden, so Bonelli. Als etwa ein Kandidat für den ÖBAG-Aufsichtsrat abgesprungen sei, schrieb Bonelli an Schmid: "Das mit der ÖBAG ist absoluter Dilettantismus."

"Wichtig, dass Sebastian Kurz die kennt"

Dass Bonelli den damaligen Kanzler mit Kandidatinnen für den ÖBAG-Aufsichtsrat bekannt machen wollte, empfand er als völlig normal, handle es sich ja um zwei Verantwortungsträger der Republik. "Aus meiner Sicht war es wichtig, dass Sebastian Kurz die kennt", sagte Bonelli.

Bonelli, vertreten durch ÖVP-Anwalt Werner Suppan, versucht sich also an einer ähnlichen Argumentation wie Kurz. Er bleibt bei seinen Aussagen im U-Ausschuss. Sollten ihm diese jedoch als Falschaussagen gewertet werden, habe er dies aus Angst vor möglicher Strafverfolgung getan. Die WKStA brachte hingegen vor, dass sie ihn nie verdächtigt hätte, sich rund um die Postenbestellungen strafbar gemacht zu haben.

Gegen Ende der Prozesstages wurde noch der weitere Ablauf festgelegt. Der nächste Termin findet am 17. November statt. Da soll Thomas Schmid als Zeuge befragt werden.

Löger und Blümel werden fix geladen

Weiter soll es dann am 11., 15. und 18. Dezember gehen. Unter anderem werden von Amts wegen die Ex-Minister Löger und Gernot Blümel (ÖVP) geladen. Die WKStA will außerdem den Unternehmer Siegfried Wolf und Helmut Kern befragen, auch Heinz-Christian Strache soll geladen werden. Die Verteidiger wollen zudem die ÖBAG-Aufsichtsräte laden.

Der Liveblog zum Nachlesen:

Liveblog

Sebastian Kurz vor Gericht - Tag 3

ribbon Zusammenfassung
  • Mit dem einstigen Kabinettschef von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Bernhard Bonelli, hat am Montag der letzte von anfänglich drei wegen Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss Beschuldigten vor Gericht ausgesagt.
  • Er soll in Zusammenhang mit der Besetzung der ÖBAG-Spitze nicht die Wahrheit gesagt haben. Für Bonelli war der U-Ausschuss ein "Minenfeld", bei seinen Aussagen blieb er.
  • In Thomas Schmid sah auch Bonelli jemanden, der hinter dem Rücken anderer agiert habe.
  • Die WKStA wirft Bonelli unter anderem vor, im U-Ausschuss dessen Rolle bei der Bestellung des ÖBAG-Aufsichtsrats herunter gespielt zu haben, indem er auf das Finanzministerium verwies.
  • Auch die weiteren Verhandlungstermine wurden am Montag vereinbart. Am 17. November beginnen dem Vernehmen nach die ersten Zeugenbefragungen, als erster wird Schmid geladen.