Nehammer über Inflation: "Sind auf dem richtigen Weg"
Gleich zu Beginn räumt Nehammer im Interview bei ORF-Anchor Armin Wolf (das ganze Interview auch auf JOYN) Gerüchte um vorgezogene Neuwahlen vom Tisch. Es gebe in der Regierung "viel zu tun". Wahlen im Herbst, "so ist der Plan", sagte Nehammer.
Noch davor stehen im Juni EU-Wahlen an. Auch hier ist unwahrscheinlich, dass die ÖVP auch nur annähernd an ihr Wahlergebnis von 2019 (34,55 Prozent der Stimmen / Platz 1) herankommen kann. Ein "gutes Ergebnis" wolle man erzielen, so Nehammer. Davon unabhängig ist er sich im Falle der Nationalratswahl sicher: "Ich werde auf jeden Fall ÖVP-Spitzenkandidat sein".
Rücktritt nach Wahlschlappe?
Um die Frage, ob es ein Wahlergebnis geben würde, dass Nehammer zu einem Rücktritt als Parteichef bewegen könnte, machte er einen großen Bogen. Stattdessen führte er politische Erfolge auf europäischer Ebene aus, etwa den Migrations- und Asylpakt. Dabei ließ es sich von Moderator Armin Wolf kaum unterbrechen.
Wer bei der EU-Wahl im Juni ÖVP-Spitzenkandidat werden soll, sagte er nicht, aber "ich weiß es schon". Zuletzt gab es immer wieder Gerüchte, dass EU- und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler einen wichtigen Posten in der EU besetzten könnte. Auch als Kommissarin war sie zuletzt immer wieder im Gespräch.
U-Ausschuss: Nehammer für Live-Übertragung
Am Donnerstag starteten auch gleich zwei U-Ausschüsse. Einerseits gibt es einen U-Ausschuss zu den durch die COFAG ausgezahlten Corona-Hilfen, Ziel dürften hier vor allem die ÖVP-Verantwortungsträger sein.
Die ÖVP wiederum rief einen U-Ausschuss zum "Rot-Blauen Machtmissbrauch" ins Leben. Dafür gab es immer wieder Kritik: Die Regierungspartei würde das parlamentarische Kontrollinstrument missbrauchen. Nehammer konterte, zuletzt seien U-Ausschüsse instrumentalisiert worden, um die ÖVP anzugreifen.
Deshalb wolle man "die gesamte Breite der politischen Verantwortung" kontrollieren. Das solle den Österreicher:innen "einen Gesamteindruck" ermöglichen, so Nehammer.
Nehammer sprach sich für Video-Übertragungen von U-Ausschüssen aus, könne dies aber nicht beeinflussen. Sollte er selbst als Auskunftsperson in den U-Ausschuss geladen werden, würde er "natürlich" einer Übertragung zustimmen.
Kurz-Honorare von Benko: Nehammer spricht von "Neiddebatte"
Für die Millionen an Beraterhonoraren von der Signa stand in den letzten Tagen vor allem Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer in der Kritik. SPÖ-Chef Andreas Babler "verurteilte" es, die SPÖ-Burgenland forderte gar den Parteiausschluss.
In der öffentlichen Debatte kommt Ex-ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz dabei leichter davon. Auch er kassierte Honorare in Millionenhöhe von einer Signa-Gesellschaft von René Benko.
Für den Kanzler liege das auch an einem inhaltlichen Unterschied. Gusenbauer hatte wichtige Funktionen bei der Signa, zudem habe er beratende Tätigkeiten wahrgenommen. Dahingegen seien die Deals von Sebastian Kurz einfache "Geschäftsabwicklungen" gewesen, die häufig so vorkämen.
Ob es gerecht sei, solche Summe zu kassieren, wollte der amtierende Kanzler nicht beantwortne. Das sei eine Diskussion, die "sehr schnell in die Neiddebatte" abdriften würde.
Zweitschlechteste Inflation in der Eurozone: "Auf dem richtigen Weg"
In den vergangenen Monaten hat sich die Teuerung in Österreich zwar etwas entspannt - im Dezember ist sie aber wieder auf 5,6 Prozent gestiegen.
Österreich steht im Vergleich zu den anderen Euro-Ländern besonders schlecht da. Von den 20 Mitgliedsstaaten der Eurozone weist nur die Slowakei mit 6,6 Prozent eine noch höhere Inflation als Österreich aus.
Die niedrigsten Raten weisen mit 0,5 Prozent Belgien und Italien aus. Auch Lettland (0,9 Prozent) und die Niederlande (1,0 Prozent) haben laut Schätzungen im Dezember 2023 sehr niedrige Teuerungsraten.
Nehammer lobte dennoch die Erfolge der Regierung im vergangenen Jahr, so habe man die Inflation immerhin rund halbiert. Man dürfe zudem nicht "Äpfel mit Birnen vergleichen". Man habe sich dazu entschieden, die Kaufkraft zu erhalten. Aber es hätte auch preisdämpfende Maßnahmen wie die Strompreisbremse gegeben.
Obwohl die Inflation nun wieder gestiegen ist, erwartet Nehammer einen Rückgang in den kommenden Monaten. "Wir sind auf dem richtigen Weg", gab sich der Kanzler zuversichtlich.
Zusammenfassung
- Die ÖVP steht vor dem Superwahljahr 2024 mit dem Rücken zur Wand. Kanzler Karl Nehammer zeigt sich in der "ZiB2" jedoch optimistisch.
- Konkrete Wahlziele und daraus resultierende Konsequenzen vermeidet er aber.
- Um die Frage, ob es ein Wahlergebnis geben würde, dass Nehammer zu einem Rücktritt als Parteichef bewegen könnte, machte er einen großen Bogen.