In Deutschland soll Bezahlkarte für Asylbewerber kommen
Wie der hessische Ministerpräsident und Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Boris Rhein von der CDU am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte, gehen Bayern und Mecklenburg-Vorpommern eigene Wege, wollen aber ebenfalls eine Bezahlkarte einführen. "Das ist aus meiner Sicht ein ganz wichtiger Schritt, um Anreize für illegale Migration nach Deutschland zu senken", erklärte Rhein zum Thema Auslandsüberweisungen.
Der Co-Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil von der SPD erklärte: "Die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bereitgestellten finanziellen Mittel sollen den Lebensunterhalt in Deutschland sichern, sie dienen - bei allem Verständnis - nicht der Finanzierung der Familien im Heimatland."
Deutschlands FDP-Finanzminister Christian Lindner meinte, die Anreize für irreguläre Migration müssten deutlich gesenkt werden. "Die Einführung der bundesweiten Bezahlkarte ist ein Meilenstein."
Über die Höhe des Barbetrags sowie über weitere Zusatzfunktionen entscheide jedes Land selbst, erläuterte Rhein. Laut aktueller Rechtssprechung müsse jedem Leistungsbezieher ein Teil des Geldes bar ausgezahlt werden. Bei diesem Taschengeld "reden wir wahrscheinlich von einem Betrag um die 100 bis 150 Euro", ergänzte der MPK-Vorsitzende. "An dem kommt man nicht vorbei, das muss bar verfügbar sein." Alles Weitere müsse in den Ländern festgelegt werden.
Die Bezahlkarte habe keine Kontobindung und könne grundsätzlich in allen Branchen eingesetzt werden, aber nicht im Ausland. "Die Nutzung kann aber von den einzelnen Ländern regional eingeschränkt, Branchen können ausgeschlossen werden", erläuterte Rhein. Als Beispiel nannte er die Glücksspielbranche.
Da mit einer Bezahlkarte Bargeldauszahlungen an Asylbewerberinnen und -bewerber weitgehend entbehrlich würden, sinke der Verwaltungsaufwand in den Kommunen, sagte Weil. Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, forderte laut einem Bericht des "Handelsblatts": "Die flächendeckende Einführung von Bezahlkarten für Asylbewerber ist richtig und muss so schnell wie möglich realisiert werden."
Die Ministerpräsidenten der Länder und SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz hatten sich im November 2023 darauf verständigt, dass Asylbewerber in Deutschland mindestens einen Teil ihrer Leistungen künftig als Guthaben auf einer Karte bekommen sollen. Bei der nun geplanten Ausschreibung geht es vor allem um einen gemeinsamen Dienstleister für die technische Infrastruktur.
Asylbewerber erhalten bisher gesetzlich festgelegte Regelleistungen und darüber hinaus besondere Unterstützung etwa im Fall von Krankheit oder Schwangerschaft. Ende 2022 hatten rund 482.300 Menschen nach Angaben des Statistischen Bundesamts Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezogen, Zahlen für 2023 liegen bisher nicht vor.
Für mehrere Hunderte Flüchtlinge in Thüringen ist eine Bezahlkarte bereits Alltag. Dort haben die Landkreise Greiz und Eichsfeld schon im Dezember Modellversuche gestartet, weitere Kreise wollen in den kommenden Wochen nachziehen. Die erste Resonanz ist aus Sicht der Verantwortlichen positiv: Die Umstellung habe problemlos geklappt und werde weitgehend akzeptiert, hieß es. Beide Landkreise berichteten aber auch von Menschen, die nach Einführung der Karte ausgereist seien. "Die Bezahlkarte wird schon ein bisschen die Spreu vom Weizen trennen", sagte etwa eine Flüchtlingsberaterin in Greiz.
Deutliche Kritik an den Regelungen übte der Flüchtlingsrat in Thüringen. So könne zwar in Supermärkten bezahlt werden, beim Friseur, in kleineren Geschäften oder beim Erwerb eines Deutschlandtickets gebe es aber Probleme. Die Organisation Pro Asyl nannte die Bezahlkarte ein "Diskriminierungsinstrument". Es werde vor allem der Zweck verfolgt, den Menschen das Leben hier schwer zu machen und sie abzuschrecken.
Bayern will sein Modell im März erstmals testen. "Während die gemeinsame Ausschreibung der anderen Bundesländer noch nicht einmal gestartet ist, sind wir bereits mitten im Vergabeverfahren", sagte Sandro Kirchner von der CSU, Staatssekretär im bayerischen Innenministerium, in München. Zuvor hatte der Radiosender Antenne Bayern berichtet. Die Bezahlkarte soll im Freistaat bis Sommer schon flächendeckend eingeführt werden. Dabei sollen Bargeldabhebungen auf das rechtlich gebotene Minimum beschränkt werden.
Zusammenfassung
- 14 der 16 deutschen Bundesländer haben sich auf gemeinsame Standards für eine Bezahlkarte für Asylbewerber bis Sommer 2024 geeinigt.
- Hessens Regierungschef Boris Rhein sieht in der Bezahlkarte eine Möglichkeit, den Verwaltungsaufwand zu senken und Geldüberweisungen in die Herkunftsländer zu unterbinden.
- Kritik an dem Vorhaben kommt unter anderem vom Bayerischen Flüchtlingsrat und von Pro Asyl, die den Ausschluss von Bargeld als Eingriff in die Freiheit des Einzelnen sehen.