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Grazer FPÖ-Parteitag mit Plädoyers für Kunasek

Die Grazer FPÖ hat Freitagabend einmal mehr einen Neustart für ihre von einer Finanzaffäre gebeutelte Partei ausgelobt. Mit Axel Kassegger wurde innerhalb kurzer Zeit wieder ein neuer Stadtparteiobmann gewählt, nachdem Mario Eustacchio im Sog der Ermittlungen und nach der verlorenen Gemeinderatswahl 2021 das Amt zurückgelegt hatte und seine Nachfolgerin Claudia Schönbacher im Vorjahr aus der Partei geworfen wurde. Kassegger erhielt 94,77 Prozent der Delegiertenstimmen.

Landesparteisekretär Stefan Hermann läutete den Parteitag mit Aufmunterungen und einem Plädoyer für Landesparteiobmann Mario Kunasek ein, gegen den die Staatsanwaltschaft Klagenfurt eine Aufhebung seiner Immunität als Abgeordneter beantragen will: "Wir haben persönliche und menschliche Enttäuschungen erlebt, aber auch viel Positives: Mut, von Persönlichkeiten, die in schwierigen Zeiten Verantwortung übernehmen. Ich habe Geschlossenheit erlebt. Ich habe Mut und Courage von unserem Gemeinderat Günter Wagner erlebt, der als Einzelkämpfer im Gemeinderat geblieben ist." Die 158 Delegierten dankten ihm ebenfalls und zwar mit Applaus.

Diese "Werte und Geschlossenheit" sollen die FPÖ wieder auf den Erfolgskurs zurückbringen, so Hermann. Keinem ehemaligen Parteigänger dürfe mit rechtlichen Mitteln ein "Rachezug gegen unseren Landesparteiobmann" gelingen. "Wir Freiheitliche sind da und wir sind da, um zu bleiben. Wir sind hier und wir werden nicht weichen." Man wolle Kunasek "2024 in die Grazer Burg schicken". Landtagsabgeordneter Marco Triller hielt Kunasek ebenfalls die Stange: "Wir stehen hinter dir."

Kunasek dankte für die "Stärke der Einbegleitung" und nahm zunächst Stellung zu den Entwicklungen vom Vortag: "Ich werde selbstverständlich alle Vorwürfe, die medial bekannt sind - weil Auslieferungsbegehren ist im Landtag noch keines eingetroffen - mit offenem Visier entkräften. Ich werde alles daran setzen, dass man nicht die ganze FPÖ und auch mich nicht kriminalisiert." Die Delegierten applaudierten. "Das bin ich mir schuldig, das bin ich euch schuldig und das bin ich meiner Familie schuldig. Ich werde gemeinsam mit euch, den Behörden und Rechnungsprüfern kooperieren und versuchen alles restlos aufzuklären, um wieder politische Arbeit zu ermöglichen. Wir können noch so gute Politik machen. So lange das Verfahren läuft und alles andere überblendet, ist es schwierig. Wir müssen wieder in ruhige Fahrwasser kommen. Ich bitte mir zu vertrauen und der neuen Führung zu vertrauen." Er hoffe, dass es gelingt, "die ganze Causa irgendwann zu einem guten Ende zu bringen."

Kunasek zeigte sich realistisch: "Wir werden nicht von einen auf den anderen Tag stimmenstärkste Partei in Graz werden, aber ein Faktor, der mitredet." Für ihn sei es ein "Aufbruch-Parteitag". Am Ende dankte er den Delegierten noch: "Ihr habt mir heute sehr viel Kraft gespendet. Wenn man auf die Titelseiten der Zeitungen schaut, ist man nicht so sicher, ob ein Parteitag gerade das Richtige ist", fügte er hinzu. Er sei aber positiv überrascht worden: "Wir haben bewiesen: Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren." Man sei in Graz "noch immer in einer schwierigen Phase". Alles stehe und falle mit dem Kommandanten, sagte er in Richtung Kassegger. "Wir werden gestärkt aus der schwierigen Situation herausgehen. Wir wollen und werden 2024 stimmenstärkste Partei in der Steiermark", kündigte Kunasek abschließend an und erntete dafür wie schon bei seiner Begrüßung stehende Ovationen.

Anschließend legte Finanzreferent Rene Apfelknab die monetären Eckdaten der letzten Monate offen und unterstrich: "Unser Konto ist so klar wie ein steirischer Gebirgssee. Ich bin nicht einmal, nicht zwei Mal, ich bin fünf Mal überprüft worden." Rechnungsprüfer Karlheinz Morre entlastete Kunasek: Der Landesparteiobmann habe von den im Nachhinein bekannt gewordenen Vorgängen der ehemaligen Führung nichts gewusst.

Vor der Wahl des neuen Obmanns, Gegenkandidaten gab es übrigens nicht, war Kassegger noch selbst am Rednerpult und betonte mehrfach, dass es "eine starke FPÖ auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene" brauche. Beim Stichwort Migration meinte er: "Wir wollen nicht Fremde im eigenen Land werden. Das ist unser verdammtes Recht, das zu sagen und hat nichts mit Ausländerfeindlichkeit zu tun."

Der KPÖ-Stadtregierung in Graz richtete er aus: "Geld verteilen, Straßennamen umbenennen und das Auto verbannen reicht nicht. Das ist zu wenig." Der Stadtparteitag sei der Auftakt zu einer "Zeitenwende", eine neue Epoche stehe bevor: "Wir hatten Eustacchio und wir hatten eine Doppelspitze, die nicht so funktioniert hat. Ein Teil der Spitze ist einfach falsch abgebogen", meinte Kassegger in Richtung Claudia Schönbacher. Eine Spaltung der Partei sei daraus aber nicht geworden: "Viel weniger Parteimitglieder sind es deswegen nicht geworden", sagte der Nationalratsabgeordnete. Beim Parteitag 2022 waren übrigens noch 172 Delegierte und damit 14 Personen mehr dabei gewesen. "Gemmas an. Politik kann auch Freude machen", schloss Kassegger. Seine Worte wurden - wenn auch nur zögerlich - mit Standing Ovations bedacht.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Grazer FPÖ hat Freitagabend einmal mehr einen Neustart für ihre von einer Finanzaffäre gebeutelte Partei ausgelobt.
  • Ich habe Geschlossenheit erlebt.