BUWOG-Prozess
Grasser vor Gericht: "Habe ein reines Gewissen"
Die größte Korruptionsaffäre der Zweiten Republik zieht sich nun schon seit über 20 Jahren. 2004 wurden 60.000 Wohnungen privatisiert, 2009 begannen die Ermittlungen. Sieben Jahre später erhob die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Anklage.
Zwischen 2017 und 2020 wurde in einem Monsterprozess verhandelt – danach setzte es lange Haftstrafen für die Angeklagten. Im Fokus vor allem Ex-ÖVP-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (acht Jahre), Walter Meischberger (sieben Jahre) und Peter Hochegger (sechs Jahre).
Doch die Urteile sind nicht rechtskräftig und werden vom Höchstgericht derzeit genau unter die Lupe genommen. Die Anwälte der Angeklagten wettern gegen das Urteil, die Verfahrensdauer und die vermeintliche Befangenheit der Richterin.
Bis zu einer Entscheidung des OGH (oder auch darüber hinaus) gilt für Grasser und alle weiteren Beteiligten die Unschuldsvermutung.
Grasser: Verfahren zur "Höchststrafe" geworden
Am zweiten von vier angesetzten Verhandlungstagen meldete sich dann Grasser selbst zu Wort. Er habe "keinen Geheimnisverrat begangen", niemandem Informationen weitergegeben. Grasser habe nichts Unrechtes getan, wie er beteuert: "Ich habe ein reines Gewissen".
Vor allem die enorm lange Verfahrensdauer kritisiert er. "Man kann sagen, es dauert 16 Jahre, wenn man nicht selbst davon betroffen ist, kann man diese Zahl nicht erfassen."
Es sei ein Drittel seines Lebens, hänge wie ein Damoklesschwert über ihm. "Dieses Verfahren ist für mich zur Höchststrafe geworden", so Grasser.
"Sie entscheiden am Ende des Tages über mein Leben, über mein Schicksal", meinte er zu den Höchstrichter:innen.
Video: "Unerträglich!“ – Grasser-Anwalt kritisiert Verfahren
Grasser-Anwalt: "Jegliches Augenmaß verloren"
Am Freitagnachmittag hatten die Anwälte der Beschuldigten die Gelegenheit, für eine geringere Haftstrafe ihrer Mandanten zu plädieren. Grasser-Anwalt Norbert Wess betonte, die Strafzumessung habe "jegliches Augenmaß verloren".
Grasser habe bei seinem Strafverfahren am Wiener Straflandesgericht mit einer Haftstrafe von acht Jahren beinahe das Höchstmaß von 10 Jahren erhalten. Wobei: Grasser hätte als Beamter eine mögliche Höchststrafe vom 1,5-Fachen des üblichen Strafrahmens, also bis zu 15 Jahre, bekommen können.
Wess bat den Richtersenat, die lange Verfahrensdauer und den angeblichen medialen Druck auf Grasser zu berücksichtigen. Dass die Verteidigung durch die Nutzung der ihnen zustehenden Rechtsmittel zu einer längeren Verfahrensdauer beigetragen hätte, dürfte keinesfalls nachteilig für Grasser ausgelegt werden.
Am Montag trifft sich der Richtersenat zu seinen abschließenden Beratungen, das Urteil wird dann kommenden Dienstag um 10:00 Uhr bekanntgegeben.
Zusammenfassung
- Der Oberste Gerichtshof entschiedet dieser Tage über die nicht rechtskräftigen Urteile im BUWOG-Prozess.
- Ex-Finanzminister Grasser wurde erstinstanzlich zu acht Jahren Haft verurteilt.
- Vor dem Höchstgericht sagte er: "Ich habe ein reines Gewissen."