Glawischnig über Kurz: "Die Leute merken, wenn sie manipuliert werden"
Das neue Buch von Gerald Fleischmann, der seit einigen Monaten wieder in führender Rolle die ÖVP-Kommunikation steuert, war auch bei "WildUmstritten" mit Moderator Werner Sejka ein Thema. Das Werk heißt wie die unter Sebastian Kurz (ÖVP) einst emsig betriebene Kommunikationsstrategie: "Message Control". Fleischmann gewährt einen Blick in seinen Werkzeugkasten aus türkisen Hochzeiten und gibt auch Beispiele, wie er manche Tools im Dienste von Kurz anwandte.
"Falter"-Chefredakteur erkannte in der "Message Control", wie sie Kurz und Fleischmann betrieben, hochproblematische Aspekte. Es seien mit dieser Strategie, mit der man unbequeme Medienleute und unangenehme Fragen diskreditiert habe, wichtige Institutionen wie die freie Presse, das Parlament und die Justiz beschmutzt worden. Klenk gab ein Beispiel für eins der zahlreichen Fleischmann-Werkzeuge: die "kontrollierte Sprengung" einer kritischen Geschichte.
Fleischmanns "kontrollierte Sprengungen"
So erzählte Klenk, er habe im Jahr 2019 aufgedeckt, dass fünf Festplatten aus dem Bundeskanzleramt von einem Kurz-Mitarbeiter unter falschem Namen bei einer Privatfirma geschreddert wurden. Als er das Kabinett Kurz mit diesen Vorgängen konfrontiert habe, so berichtet Klenk, sei die Geschichte plötzlich im "Kurier" gestanden. Allerdings mit einem völlig neuen Spin. So sei Ex-Kanzler Christian Kern von der SPÖ in dem "Kurier"-Artikel plötzlich auch Thema gewesen. Dieser habe ja auch Festplatten schreddern lassen, hieß es in der Zeitung. Allerdings: Die Festplattenvernichtungen unter Kern seien ein üblicher Vorgang der internen Revision gewesen, während die Festplattenvernichtungen unter Kurz inkognito und extern bei einer privaten Firma erfolgt seien, betonte Klenk. Sein ernüchtertes Fazit: "Viele sind darauf reingefallen."
Fleischmann selbst schreibt in seinem neu erschienenen Buch: "Jeder oder zumindest viele haben eine Leiche im Keller. (…) Ab und zu passiert es aber, dass man weiß, dass es rauskommen wird. (…) Wenn man den Zeitpunkt selbst noch in der Hand hat, dann empfiehlt sich eine 'kontrollierte Sprengung'."
Glawischnig: Ende des Kurz-Höhenflugs logisch
Eva Glawischnig erklärte den politischen Erfolg von Kurz insbesondere in dessen frühen Jahren seiner Karriere damit, dass er ein "glänzender Kommunikator" gewesen sei und gegenüber Journalisten "ein sehr einnehmendes Wesen" gehabt habe. "Ich glaube, die Bevölkerung merkt das, wenn sie manipuliert wird. Viele haben es auch später bemerkt. Du hast ein bestimmtes Gespür dafür und magst es auch nicht, wenn du merkst, du wirst zu einem bestimmten Punkt hingeführt." Dass sich das System Kurz, so Glawischnig, "irgendwann selbst sprengt", sei vorherzusehen gewesen.
Der stellvertretende "Kurier"-Chefredakteur Richard Grasl, der im Jahr 2016 der bevorzugte Kandidat von ÖVP und FPÖ für den Posten des ORF-Generaldirektors war (aber damals Alexander Wrabetz unterlag), sagte, das türkise System der Message Control sei nur unter bestimmten Bedingungen effektiv gewesen. Kurz habe in einer politisch relativ ruhigen Zeit "auf der grünen Wiese die ÖVP ein bisschen neu gebaut". "Als die Krise hereingebrochen ist - einerseits Corona, andererseits die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft - hat man gesehen, dass diese 'Message Control' eh nicht mehr funktioniert", sagte Grasl. Als Kurz reagieren musste und nicht mehr aktiv gestalten konnte, sei das Konzept an seine Grenzen gestoßen.
Zusammenfassung
- In "WildUmstritten" am Montag diskutierten Ex-Grünen-Obfrau Eva Glawischnig, der stellvertretende "Kurier"-Chefredakteur Richard Grasl und "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk über die "Message Control" der ÖVP unter Sebastian Kurz.
- Klenk kritisierte, Kurz und seine Getreuen hätten die freie Presse, das Parlament und die Justiz strategisch in den Schmutz gezogen.