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Gipfeltreffen: "Neubeginn" zwischen Afrika und der EU

Die Europäische Union (EU) und die Afrikanische Union (AU) haben am ersten Tag eines zweitägigen Gipfeltreffens trotz einiger offener Streitpunkte Geschlossenheit demonstriert.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sprach am Donnerstagabend vor Journalisten von einer "positiv orientierten, auf Lösung konzentrierten Veranstaltung". Afrika sei "ein wichtiger Kontinent", schlechte Perspektiven für die Menschen in Afrika führten jedoch immer zu illegaler Migration, so Nehammer.

Nehammer führte am Rande des Gipfels eine Reihe von bilateralen Gesprächen. So habe er mit Mokgweetsi Masisi, dem Präsidenten von Botswana, gesprochen, einem Land, das früher zu den 25 ärmsten Staaten der Welt gehörte und mittlerweile zu den reichsten afrikanischen Staaten zähle. Außerdem habe er mit den Außenministern von Marokko und Somalia Gespräche zu den Themen Migration, Wirtschaftskooperation und dem Kampf gegen Terror geführt, berichtete der Bundeskanzler.

Kommunikation "auf Augenhöhe" 

"Der Gipfel hat immer den Sinn, mit unseren Partnern in Afrika auf Augenhöhe zu kommunizieren" und zu zeigen, "dass es nicht eine Ober- oder Unterordnung gibt, sondern ganz im Gegenteil dass das Gemeinsame, die Kooperation, der Nutzen der Zusammenarbeit in den Vordergrund gestellt wird", betonte der Bundeskanzler. Wichtig sei es gewesen von den afrikanischen Partner zu hören, was sie benötigen und hier habe sich gezeigt, dass es den afrikanischen Partnern wichtig sei, "Unternehmen ins Land zu bringen und Zukunftsperspektiven zu bieten".

Österreich habe hier mit dem Kofi-Annan-Preis, wo Start-Ups mit bis zu 250.000 Euro ausgezeichnet werden, eine tolle Initiative, so Nehammer. Während der österreichischen Ratspräsidentschaft 2018 habe man schon eine Initiative gestartet, wo es um die Vernetzung von Unternehmern gegangen sei. Zudem sei es schön zu sehen, dass die afrikanischen Staaten mittlerweile der EU auch sagen, "was sie konkret erwarten von einer Zusammenarbeit und was sie auch konkret brauchen". Nur so könne die Wirtschaft und der Wohlstand in Afrika "originär selbst wachsen".

Hoffnung auf einen "Neubeginn" 

"Wir sind Afrikas beste Freunde", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. "Europa kann nicht sicher und stabil sein, wenn das Afrika nicht ist", betonte EU-Ratspräsident Charles Michel. Senegals Präsident Macky Sall, der den AU-Vorsitz innehat, sagte, er hoffe auf einen "Neubeginn". Angesichts vieler Herausforderungen wie Klimawandel, der Corona-Pandemie oder dem Kampf gegen Terrorismus brauche es die Zusammenarbeit von Afrika und Europa.

"Der afrikanische Kontinent braucht unsere Unterstützung für seine eigene ökonomische Entwicklung und dafür, dass es gute Perspektiven für die Männer, Frauen und Kinder, für all diejenigen, die dort leben, gibt", betonte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz. Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa sagte, es sei an der Zeit, dass die früheren Kolonialmächte dem Kontinent etwas zurückgäben, beispielsweise durch Investitionen in die Infrastruktur. Eine neue Partnerschaft auf Augenhöhe zwischen der EU und Afrika bedeute nicht nur, Impfstoffe zu spenden, sondern es auch Afrika zu ermöglichen, Impfstoffe selbst zu produzieren. Von zentraler Bedeutung sei hierbei die Patentfreigabe, um die sich Südafrika seit Monaten bemühe.

Streifrage COVID-Impfstoff 

Die Frage des Zugangs zu Corona-Impfstoffen hatte in den vergangenen Monaten für Streit zwischen der EU und Afrika gesorgt. Zum einen entstand in Afrika der Eindruck, dass Europa Impfstoff horte. In Afrika sind erst rund zwölf Prozent der Bevölkerung geimpft, während es in der EU mehr als 70 Prozent sind. Afrikanische Länder fordern auch eine vorübergehende Freigabe der Impfstoff-Patente - was Europa verweigert. Damit könnte die Impfstoffproduktion in afrikanischen Ländern nach Ansicht von Experten angekurbelt werden.

Die EU betont hingegen immer wieder, wie spendabel sie sei: Bisher seien 148 Millionen Dosen Impfstoff an Afrika gespendet worden, heißt es - bis Sommer 2022 solle die Zahl auf 450 Millionen steigen. Beim Gipfel könnte nun eine konkrete Zusage über weitere 29 Millionen Dosen gemacht werden, von denen allein 21 Millionen von Deutschland kommen könnten, wie es aus Regierungskreisen in Berlin hieß.

Investitionen in Millionenhöhe 

Im Zentrum des Treffens stehen außerdem umfangreiche EU-Investitionen in afrikanische Länder. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte vergangene Woche bereits an, dass die EU mehr als 150 Milliarden Euro mobilisieren werde. Im Mittelpunkt sollen Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Gesundheit stehen. Nach Angaben der Kommission soll das Geld teilweise aus dem EU-Haushalt kommen, von den Mitgliedstaaten und aus der Privatwirtschaft.

Der Nachbarkontinent Afrika mit seinen 55 Ländern und rund 1,3 Milliarden Einwohnern ist für die EU von strategisch großer Bedeutung. Weite Teile des Kontinents wurden von einigen EU-Ländern bis weit ins 20. Jahrhundert brutal kolonisiert. Zahlreiche afrikanische Länder sind heute durch politische Instabilität, Terrorismus und wirtschaftliche Schwierigkeiten gezeichnet. Etliche EU-Initiativen befassen sich mit Afrika - auch, um dem wachsenden Einfluss Chinas und Russlands auf dem Kontinent entgegenzutreten.

Der Afrika-Gipfel war wegen der Pandemie um mehr als ein Jahr verschoben worden. Zuletzt waren EU und AU 2017 zu einem Gipfel zusammengekommen.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Europäische Union (EU) und die Afrikanische Union (AU) haben am ersten Tag eines zweitägigen Gipfeltreffens trotz einiger offener Streitpunkte Geschlossenheit demonstriert.
  • Afrika sei "ein wichtiger Kontinent", schlechte Perspektiven für die Menschen in Afrika führten jedoch immer zu illegaler Migration, so Nehammer.
  • Im Zentrum des Treffens stehen außerdem umfangreiche EU-Investitionen in afrikanische Länder.