Gewaltexzesse in Georgien bei proeuropäischen Protesten
Es ist der zehnte Tag in Folge, an dem Tausende Georgier gegen eine Entscheidung der Regierung protestieren, die Verhandlungen über einen EU-Beitritt bis 2028 aufzuschieben. Bereits in den vergangenen Tagen gab es Dutzende Verletzte und Hunderte Festnahmen bei den Straßenprotesten in der Hauptstadt Tiflis. Auch in anderen Städten des Landes protestieren die Menschen gegen eine Abkehr vom prowestlichen Kurs Georgiens, das seit 2023 EU-Beitrittskandidat ist.
Der georgische Menschenrechtsbeauftragte Lewan Iosseliani, der zuletzt schon Folter von Andersdenkenden im Gefängnis beklagt hatte, forderte die Polizei auf, unverzüglich auf die Gewalt zu reagieren und die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten. Der Ombudsmann rief die Behörden auf, die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Das Innenministerium kündigte Ermittlungen an. Im Fernsehen sagte Iosseliani, dass die Stimmung im Land bis zum "Siedepunkt" aufgeheizt sei.
Der Abgeordnete Mamuka Mdinaradse von der Regierungspartei Georgischer Traum erklärte, die Männer in Schwarz seien nicht im Auftrag der Führung im Einsatz. Sie hätten offenbar das Ziel, Unruhe und Chaos zu stiften. In Tbilissi protestierten auch zahlreiche Geistliche verschiedener Religionen gegen die Gewalt bei den proeuropäischen Protesten. Sie drückten ihre Solidarität mit den in die EU strebenden Demonstranten aus.
Mittlerweile demonstrieren die Teilnehmer nicht mehr nur für den EU-Beitritt und gegen Polizeigewalt, sondern auch für die Freilassung der Festgenommenen. Auslöser der Proteste in der Südkauskasusrepublik war die umstrittene Parlamentswahl Ende Oktober. Die Regierungspartei Georgischer Traum wurde dabei erneut zur Siegerin erklärt. Die westlich orientierte Opposition spricht von Wahlfälschung und erkennt die Ergebnisse nicht an.
Zusammenfassung
- In Georgien eskalieren proeuropäische Proteste in Gewalt, als maskierte Männer friedliche Demonstranten angreifen, während die Polizei tatenlos zusieht.
- Seit zehn Tagen protestieren Tausende gegen die Verschiebung der EU-Beitrittsverhandlungen, mit Dutzenden Verletzten und Hunderten Festnahmen in Tiflis.
- Der Menschenrechtsbeauftragte fordert die Polizei zum Handeln auf, während das Innenministerium Ermittlungen ankündigt und die Opposition von Wahlfälschung spricht.