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Familie und führende Demokraten stellen sich hinter Biden

Die Familie von US-Präsident Joe Biden ermuntert den 81-Jährigen nach seinem Debakel im TV-Duell gegen Herausforderer Donald Trump angeblich dazu, im Rennen ums Weiße Haus zu bleiben. Seine Angehörigen hätten dem Demokraten bei einem Familientreffen auf dem Präsidentenlandsitz in Camp David ihre "uneingeschränkte Unterstützung" angeboten, meldete der Sender CNN unter Berufung auf zwei nicht namentlich genannte Biden-Berater. Auch führende Demokraten stellten sich hinter ihn.

Auch die "New York Times" schrieb unter Berufung auf Bidens Umfeld, seine Familie plädiere dafür, dass der Demokrat trotz seines viel kritisierten Auftritts beim TV-Duell gegen den Republikaner Trump nicht aufgibt. Biden kam Wochenende nach einer Reihe von Wahlkampfveranstaltungen in Camp David mit seiner Familie zusammen. Der Trip war bereits länger geplant. Das Weiße Haus bemühte sich, den Eindruck zu vermeiden, dass es sich um ein Krisentreffen handle. Stattdessen stand ein Fotoshooting mit der Fotografin Annie Leibovitz auf dem Programm - Bidens Kinder und Enkelkinder reisten eigens dafür an.

Biden hofft wie sein Amtsvorgänger Trump (78) auf einen Sieg bei der Präsidentenwahl im November. Bisher deutete vieles auf ein enges Rennen hin, doch Bidens Kritiker sehen sich durch seine desaströse Darbietung beim ersten TV-Duell am Donnerstagabend (Ortszeit) in ihrer Ansicht bestätigt, dass der Demokrat nicht mehr für das Amt geeignet ist und besser einem jüngeren Kandidaten das Feld überlassen sollte. Die Debatte hat rasant an Fahrt gewonnen, doch Biden trotzt derartigen Forderungen bisher und bemüht sich um Schadensbegrenzung. Auch seine Ehefrau Jill stellt sich demonstrativ hinter den US-Präsidenten.

Das Portal "Politico" berichtete nun, Bidens Familie habe sich in Camp David besonders über die engsten Mitarbeiter des Demokraten echauffiert. Sie trügen die Schuld am Misserfolg des Präsidenten bei der Debatte, hieß es unter Berufung auf das Umfeld der Familie. Biden sei nicht bereit gewesen, Trump mehr anzugreifen und habe sich zu sehr darauf versteift, seine Bilanz zu verteidigen, anstatt eine Vision für eine zweite Amtszeit zu skizzieren. Außerdem sei er überarbeitet gewesen, soll die Familie kritisiert haben. Ein ranghoher Mitarbeiter Bidens wies "Politico" zufolge zurück, dass sich die Wut der Angehörigen gegen bestimmte Mitarbeiter richte.

Zweifel an Bidens Eignung für eine zweite Amtszeit wegen seines hohen Alters gibt es seit Langem. Sollte er die Wahl im November gewinnen, wäre er bei Vereidigung im Jänner 2025 82 Jahre alt. Während die Demokraten gehofft hatten, dass Biden bei der Debatte zeigt, wie fit er noch sei, passierte genau das Gegenteil: Biden verlor bei dem TV-Spektakel vor Millionenpublikum mehrmals den Faden, nuschelte, starrte mit offenem Mund ins Leere und konnte häufig seine Sätze nicht richtig beenden.

Die Demokratische Partei steht aktuell zwar öffentlich hinter ihm. Sollten sich Bidens Umfragewerte in den kommenden Tagen aber verschlechtern, könnte sich das schnell ändern.

Führende Mitglieder der Demokratischen Partei sprechen sich am Wochenende für Biden und gegen einen Kandidatenwechsel aus. "Auf keinen Fall", sagte etwa der Senator von Georgia, Raphael Warnock, am Sonntag im Sender NBC auf eine entsprechende Frage. Schlechte Debatten kämen vor. "Ich bin auf der Seite von Joe Biden, und es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass er im November über die Ziellinie kommt." Warnock gilt als einer von mehreren Demokraten, die als möglicher Ersatz für Biden gehandelt werden.

Der Vorsitzende der Demokraten im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, sagte dem Sender MSNBC, Biden habe zwar einen Rückschlag erlitten. Das sei aber nichts anderes als eine Vorbereitung für ein Comeback. "Der Moment, in dem wir uns gerade befinden, ist also ein Comeback-Moment." Senator Chris Coons aus Delaware sagte dem Sender ABC, Biden müsse im Rennen bleiben, damit Trump verliere. "Ich denke, er ist der einzige Demokrat, der Donald Trump schlagen kann", sagte Coons. Der Kongress-Abgeordnete Jamie Raskin sagte indes MSNBC, es müsse in der Partei ehrliche und ernsthafte Gespräche geben. Biden werde am Ende der Hauptredner auf dem Parteitag im August sein, "egal ob er (Biden) Kandidat ist oder jemand anderes".

Eine Umfrage des Senders CBS im Anschluss an das Duell hatte gezeigt, dass die Zahl der Demokraten, die der Meinung sind, Biden sollte nicht bei der Präsidentenwahl antreten, auf 46 Prozent gestiegen ist, nach 36 Prozent im Februar.

Auch mit einem neuen Biden-Wahlwerbespot im Fernsehen wollen die Demokraten der Debatte über dessen hohes Alter einen anderen Dreh verpassen. "Ich weiß" lautet der Titel des Spots. Darin ist ein kämpferischer Biden bei einer Wahlkampfveranstaltung im US-Staat North Carolina kurz nach dem verpatzten Duell zu sehen, bei der er die Amtszeit Trumps in Erinnerung ruft.

"Ich weiß, ich bin kein junger Mann", sagt Biden vor einer jubelnden Menge. "Aber ich weiß, wie man diesen Job macht. Ich weiß, was richtig ist und was falsch. Ich weiß, wie man die Wahrheit sagt. Ich weiß wie Millionen Amerikaner: Wenn Du hinfällst, stehst Du wieder auf." Gegen die Rede Bidens ist unter anderem Videomaterial vom 6. Jänner 2021 geschnitten, als Trump-Anhänger nach dessen Wahlniederlage gegen Biden gewaltsam das Kapitol in der US-Hauptstadt Washington stürmten.

Laut Bidens Wahlkampfteam sollen mit der Werbung Wählerinnen und Wähler erreicht werden, die in besonders hart umkämpften Staaten leben.

ribbon Zusammenfassung
  • Bidens Familie und führende Demokraten unterstützen ihn trotz seines schlechten Abschneidens im TV-Duell gegen Trump.
  • Eine Umfrage zeigt, dass 46% der Demokraten gegen Bidens erneute Kandidatur sind, was einem Anstieg von 10% seit Februar entspricht.
  • Biden wäre bei einer möglichen Vereidigung im Januar 2025 82 Jahre alt, was Zweifel an seiner Eignung für eine zweite Amtszeit aufkommen lässt.
  • Ein neuer Wahlwerbespot soll Bidens Image aufpolieren und Wähler in umkämpften Staaten ansprechen.
  • Führende Demokraten wie Raphael Warnock und Hakeem Jeffries sprechen sich für Biden aus und sehen das TV-Duell als Vorbereitung für ein Comeback.