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Experte warnt vor politischer Überinszenierung der Unwetter

Die Unwetter der vergangenen Tage könnten eine Chance für die Grünen bedeuten, knapp vor der Nationalratswahl noch einmal mit ihrem Thema Klimawandel zu punkten. Aber auch die Kanzlerpartei ÖVP könne mit gutem Krisenmanagement punkten, befand der Politikberater Thomas Hofer im Gespräch mit der APA. Was auf keinen Fall entstehen dürfe sei der Eindruck, politisches Kleingeld machen zu wollen, warnte der Experte. Dramatische Änderungen in der Wählergunst erwartet er nicht.

Hofer findet es "seltsam", dass trotz eines Rekordhitze-Sommers das Thema Klimawandel im Wahlkampf eher "unterbelichtet" gewesen sei. So hätten die Grünen bei der Nationalratswahl 2019 stark davon profitiert. Dass die Regierungspartei ihr Ergebnis von damals wiederholen kann, sei aber illusorisch. Hofer hält es vielmehr für möglich, dass der Juniorpartner der ÖVP zu erwartende Verluste begrenzen könnte. Zumindest dominiere das Thema aktuell - und nicht Migration oder Teuerung.

Eine Möglichkeit für die Grünen, Wähler zurückgewinnen, sieht Hofer etwa bei jenen, die sich noch nicht zwischen ihnen und etwa den NEOS entschieden haben. Bei der FPÖ sehe dies anders aus, da es zwischen den beiden Parteien nicht wirklich einen Wähleraustausch gebe. Auch sei das Thema Klimawandel bei den Anhängern und Anhängerinnen der Freiheitlichen wenig ausschlaggebend für ihre Wahlentscheidung. Positiver für die FPÖ wäre aber natürlich gewesen, "wäre das Thema Migration durchgerauscht".

Profitieren könnte bis zu einem Grad aber auch die regierende ÖVP. Hier warnt Hofer aber davor, "in eine Überinszenierung abzudriften". Den "Rally 'round the flag"-Effekt, also die Unterstützung der Regierenden in Krisenzeiten durch die Bevölkerung, habe es zuletzt - zumindest in den Anfangstagen - bei der Coronapandemie gegeben. Oppositionsvertreter würden diesen auf ihre Art versuchen zu nutzen, wie etwa SPÖ-Obmann Andreas Babler, der sich als Bürgermeister seiner Gemeinde im Einsatz präsentiere.

Dass Unwetterkatastrophen zumindest indirekt eine Neuwahl provozieren können, hat das Jahr 2002 gezeigt. Die damalige schwarz-blaue Regierung wollte wegen der Katastrophenhilfe ihre geplante Steuerreform verschieben. Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider beharrte aber wegen der anstehenden Landtagswahl auf die Entlastungsmaßnahmen. Die FPÖ zerstritt sich, die blaue Regierungsmannschaft trat zurück. Der damalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel rief daraufhin eine Neuwahl aus.

Ebenfalls verheerende Auswirkungen hatte ein Hochwasser fünf Jahre zuvor. Der damalige rote Bundeskanzler Viktor Klima war ins niederösterreichische Hirtenberg gereist, um sich ein Bild von der Katastrophe zu machen. Er inszenierte sich dabei in gelben Gummistiefeln. Die Aktion geriet zum PR-Desaster. Klima wurde das schlechte Image nicht mehr los.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Unwetter der vergangenen Tage könnten eine Chance für die Grünen sein, knapp vor der Nationalratswahl mit dem Thema Klimawandel zu punkten.
  • Hofer findet es seltsam, dass das Thema Klimawandel trotz eines Rekordhitze-Sommers im Wahlkampf unterbelichtet war.
  • Unwetterkatastrophen können indirekt Neuwahlen provozieren, wie 2002 und 1997 gezeigt haben.