Corona: Debatte um Selbstbehalte für Ungeimpfte

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) und ÖGK-Chef Andreas Huss sprechen sich gegen einen Selbstbehalt für Corona-Ungeimpfte aus.

Angesichts stark steigender Corona- und Intensivauslastungszahlen wird über Maßnahmen nachgedacht, wie man die vielen Ungeimpften zum Umdenken bewegen könnte. Da vor allem Ungeimpfte die Intensivstationen füllen - neun von zehn Intensivpatienten haben keinen Schutz - kam auch die Frage des Selbstbehalts für sie aufs Tapet. Dazu kommen dürfte es jedoch nicht. Der Gesundheitsminister und der ÖGK-Chef wollen, mit Verweis auf die Folgen, nicht einmal darüber reden.

Warnung vor "Büchse der Pandora"

Der Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss, warnte im "Ö1-Frühjournal" am Sonntag davor, "die Büchse der Pandora" zu öffnen. Das Gesundheitssystem sehe keine Selbstbehalte für durch persönliches Verhalten herbeigeführte medizinische Behandlung vor. Das zu ändern, "würde mir ein bissel zu weit gehen" - und zu weiterer Entsolidarisierung führen, verwies er darauf, dass in der Sozialversicherung das Versicherungsprinzip gilt. "Wo fängt das an, wo hört das auf?" Rede man über solche Selbstbehalte, werde sich auch die Frage stellen, ob etwa Raucher, die mit einen Lungenkarzinom ins Spital kommen, Selbstbehalt zahlen müssen.

So sieht es auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne), der schon in den Tagen zuvor klargemacht hat, dass dies "eine Diskussion ist, die ich nicht führen will". Auch er verwies auf die Konsequenzen solcher Überlegungen: "Wo fangen wir an? Wo hören wir auf? Was ist mit Rauchern oder Übergewichtigen?"

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein will mit zielgruppenspezifischen Angebot Ungeimpfte umstimmen.

Druml: Menschen sollten es "freiwillig einsehen"

Vorstellbar sind solche Selbstbehalte prinzipiell für die Vorsitzenden der Bioethikkommission, Christiane Druml. Aber dies sei "eine politische Entscheidung", hatte sie in einem PULS 24 Interview in der vergangenen Woche erklärt.

Christiane Druml, Vorsitzende der Bioethik-Kommission, spricht sich auf PULS 24 auch für eine Impfpflicht aus.

Die Politik dürfte allerdings nicht um - unbequeme - Entscheidungen in Richtung größerer Nachteile für Ungeimpfte herumkommen. Dies legen auch die Ergebnisse einer am Sonntag im "Kurier" veröffentlichten OGM-Umfrage nahe. Der Schluss, den OGM-Chef Wolfgang Bachmayer aus den erhobenen Haltungen zieht, ist nämlich: "Nur spürbare Nachteile für Ungeimpfte dürften etwas bewegen. Das ist traurig, aber mit Blick auf die Umfrage naheliegend."

Europaweit ist  seit Ende Juli die Diskussion um eine Impfpflicht bereits entbrannt.

Denn die Befragung zwischen 7. und 9. September ergab: Rund drei von vier Ungeimpften (76 Prozent) wollen sich weiterhin nicht immunisieren lassen. Nur elf Prozent wollen sich den Corona-Schutz noch holen und 13 Prozent waren unentschieden. Um die niedrige Impfquote von knapp unter 60 Prozent zu erhöhen, werden also, stellte Bachmayer fest, "stärkere Hebel nötig sein, als an die Eigenverantwortung zu appellieren oder auf die Wirkung von Motivationskampagnen zu hoffen".

Eine Impfpflicht für alle stößt mehrheitlich auf Ablehnung, 50 Prozent sind dagegen, 44 Prozent dafür. Deutlich besser akzeptiert werden jedoch Einschränkungen für Ungeimpfte etwa beim Besuch von Lokalen und Veranstaltungen etc. Das befürworten 61 Prozent, nur 35 Prozent lehnen es ab.

ribbon Zusammenfassung
  • Angesichts stark steigender Corona- und Intensivauslastungszahlen wird über Maßnahmen nachgedacht, wie man die vielen Ungeimpften zum Umdenken bewegen könnte.
  • Da vor allem Ungeimpfte die Intensivstationen füllen - neun von zehn Intensivpatienten haben keinen Schutz - kam auch die Frage des Selbstbehalts für sie aufs Tapet.
  • Dazu kommen dürfte es jedoch nicht. Der Gesundheitsminister und der ÖGK-Chef wollen, mit Verweis auf die Folgen, nicht einmal darüber reden.
  • Der Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss, warnte im "Ö1-Frühjournal" am Sonntag davor, "die Büchse der Pandora" zu öffnen.
  • Das Gesundheitssystem sehe keine Selbstbehalte für durch persönliches Verhalten herbeigeführte medizinische Behandlung vor. Das zu ändern, "würde mir ein bissel zu weit gehen".
  • So sieht es auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne), der schon in den Tagen zuvor klargemacht hat, dass dies "eine Diskussion ist, die ich nicht führen will".