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Englands Asylpakt mit Ruanda: 5 Fragen zum Hardliner-Vorstoß

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Großbritannien will zukünftig nach Ruanda in Afrika abschieben. Premier Sunak nennt den Vorstoß "bahnbrechend". Ist das das Aus für Migration und der erste Schritt in Richtung Festung-Kontinental-Europa? Oder wird diese Deadline eine neue Migrationswelle auslösen? Nur mehr König Charles III. könnte den Pakt noch stoppen.

Nach wochenlangen Diskussionen hat der britische Premier Rishi Sunak seinen umstrittenen Asylpakt mit Ruanda durchs Parlament gebracht.

Was steckt hinter dem "Pakt"?

Migrant:innen werden unabhängig ihrer Herkunft nach Ruanda in Ostafrika abgeschoben. Es gibt damit auch keine Chance mehr Asyl in Großbritannien für irreguläre Migrant:innen.

Britisches Parlament beschließt Abschiebungen nach Ruanda

Ist der Deal fix?

Das Oberhaus stimmte in der Nacht auf Dienstag nach langem Widerstand zu. Damit wurde Ruanda zum sicheren Drittstaat erklärt.

Das Oberhaus - das House of Lords - als zweite Parlamentskammer hatte mehrmals Änderungsanträge beschlossen, die dann in einem zeitaufwendigen Verfahren vom Unterhaus rückgängig gemacht wurden. Nun wurde dieser Widerstand gegen den Pakt aufgegeben. 

Für den Beschluss fehlt nur mehr die Unterschrift von König Charles III.

Was springt für Ruanda raus?

Ruanda erhält im Gegenzug hunderte Millionen Pfund. Laut Schätzung des "National Audit Offices", einer unabhängigen Watchdog-Plattform, könnten die ersten 300 Abschiebungen Großbritannien 540 Millionen Pfund kosten. Experten kritisieren, dass aber nur ein Bruchteil der irregulär eingereisten Menschen abgeschoben werden wird.

Ruanda KartePULS 24

Was nun?

Nun gehe es darum, die Abschiebeflüge nach Ruanda einzurichten, erklärte Sunak am Dienstag. Der Premier will mit der Verschärfung Anreize für Migration nach Großbritannien ausmerzen und abschrecken.

Rechtlich ist noch nicht klar, ob der Pakt zulässig sein wird. Vor zwei Jahren hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) einen ersten Anlauf zum Deal mit Ruanda gestoppt, damals brachte Boris Johnson den Plan vor. Das jetzige Gesetz schränkt daher Einspruchsmöglichkeiten massiv ein.

Sunak hat bereits angekündigt, Einsprüche des EGMR zu ignorieren. Auch wurden hunderte Sachbearbeiter und Richter ausgewählt, um Beschwerden zu bearbeiten.

Losgehen sollen die Abschiebungen in zehn bis zwölf Wochen. Kommerzielle Airlines sollen dafür genutzt werden.

Wird die Abschreckung wirken?

Kritiker der harten Asyl-Vorstöße sehen bei derartigen Verschärfungen auch die Möglichkeit, dass damit neue Fluchtwellen ausgelöst werden.

Gleich am Dienstag ertranken fünf Migrant:innen im Ärmelkanal zwischen England und Frankreich.

Video: Britischer Ruanda-Asyl-Deal "rechtlich hochproblematisch"

Sunaks konservative Partei hofft mit dem Vorstoß auf Sympathien bei den diesjährigen Parlamentswahlen. Jährlich kommen Zehntausende über den Ärmelkanal ins Land, es gibt aber kaum Aufnahmekapazitäten.

Verstoß gegen Völkerrecht?

Der Menschenrechtskommissar des Europarates, Michael O'Flaherty, übte scharfe Kritik an dem Gesetzesbeschluss. "Die Regierung des Vereinigten Königreichs sollte von der Abschiebung von Menschen im Rahmen der Ruanda-Politik absehen und die tatsächliche Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit durch das Gesetz rückgängig machen", teilte der Ire am Dienstag in Straßburg mit. 

Ähnlich äußerten sich Spitzen des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR und des UNO-Menschenrechtsbüros. Großbritannien schaffe mit dem Gesetz einen "gefährlichen Präzedenzfall", kritisierten UNHCR-Chef Filippo Grandi und der Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, am Dienstag in Genf.

Anders als im humanitären Völkerrecht vorgeschrieben, würden die persönlichen Umstände der Migranten nämlich nicht ausreichend geprüft und ihre Möglichkeiten, sich gegen Abschiebungen zu wehren, erheblich eingeschränkt. Besonders besorgniserregend sei es, dass das Gesetz es der Regierung erlaube, Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu ignorieren.

FPÖ begrüßt Vorstoß

In Österreich begrüßte die oppositionelle FPÖ den britischen Parlamentsbeschluss. Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer empfahl Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) "einen Kurztrip nach London, um sich dort in punkto Bevölkerungsschutz anlernen zu lassen". Das Votum zeige nämlich, dass man bei entsprechendem politischen Willen "auch etwas erreichen und abschieben" könne.

ribbon Zusammenfassung
  • Großbritannien will zukünftig nach Ruanda in Afrika abschieben. Premier Sunak nennt den Vorstoß "bahnbrechend".
  • Ist das das Aus für Migration und der erste Schritt in Richtung Festung-Kontinental-Europa? Oder wird diese Deadline eine neue Migrationswelle auslösen?
  • Nur mehr König Charles III. könnte den Pakt zu den noch stoppen.
  • Die FPÖ empfiehlt ÖVP-Innenminister Karner einen Kurz-Trip nach Großbritannien.