Wlazny, der wankelmütige Alleinentscheider
Dominik Wlazny kann reden, hat aber dennoch Kommunikationsprobleme. Der Arzt und Sänger beherrscht Unterhaltungsgeschäft und soziale Medien. Das beweist er auf YouTube, beim Bier-Verkauf, bei Kabarett und Konzerten - und tat dies auch schon im Bundespräsidentschaftswahlkampf.
Nun will er mit seiner Bierpartei in den Nationalrat - und hätte laut Umfragen sogar Chancen auf den Einzug. Doch bei Inhalten und Strategie wirkt er wankelmütig. Am Weg ins Parlament stößt der 37-Jährige in seiner Politkarriere erstmals auf ernsthafte Baustellen - die er sich teils selbst zuzuschreiben hat.
1. Lösungen
Bei seiner Pressekonferenz am Mittwoch beschwerte sich der Bierpartei-Chef über Medien, die behaupten würden, man wisse nicht, wofür die Bierpartei steht.
Tatsächlich sprach Pogo abermals zahlreiche Themengebiete an - etwa Alters- und Kinderarmut, gleicher Lohn für Männer und Frauen, Femizide, eine "echte Pflegereform" sowie ein "gesundes Gesundheitssystem ohne goldene Kreditkarte" wolle er. Kultur müsse für alle verfügbar sein, so eine andere Forderung - und Bildung solle "Vielfalt feiern". In Sachen Migration wolle er die Menschenrechte diskutieren, aber Deutsch sei für ihn eine "Grundbedingung".
Er verwies auf sein YouTube-Format "Red ma drüber!" - in wöchentlichen Videos sprach er dort schon über Mieten, Bodenversiegelung oder Bahntickets.
Ja, Wlazny spricht zahlreiche Themen an, das stimmt. Lösungsvorschläge liefert er aber kaum. Bei konkreten Fragen wich er auch am Mittwoch aus - so stehe etwa die Frage einer Reichensteuer "auf der Agenda".
Ob es ein Parteiprogramm geben werde, beantwortete er am Mittwoch auch nicht. Man werde nun Themen ausarbeiten, die sollen an "Stammtischen", die man in allen 39 Wahlkreisen gründen wolle, besprochen werden. Auch Experten will man dafür an Bord holen. Namen nannte er noch nicht, die Ergebnisse sollen aber "laufend" publiziert werden.
"Was reimt sich auf Bier? Wir!", rettete sich der Sänger in eine Floskel.
2. Image
Die Bierpartei will keine "Spaßpartei" sein, ganz trennen will man sich von dem Image aber auch nicht. Die Partei brachte in den Wiener Bezirksvertretungen ernsthafte Anträge zu Kinderrechten, kostenlosen Periodenprodukten, beheizten öffentlichen Räumen oder für öffentliche Bücherschränke ein - wollte aber auch den versprochenen Bierbrunnen umsetzen.
Bierpartei wird keine "Satire-Partei"
"Falter"-Journalistin Soraya Pechtl im PULS 24 Interview.
Für den Präsidentschaftswahlkampf legte Wlazny den Hoodie ab und schlüpfte ins Sakko. Sich nicht festzulegen, könnte Strategie sein, um niemanden zu vergraulen. Ob das für den Nationalrat reicht, wird sich zeigen.
3. Geld
Wankelmut beweist der Arzt und Sänger selbst bei der Frage, ob er überhaupt antreten wird. Im Jänner verkündete Wlazny, man trete nur an, wenn man bis Ende April 20.000 Mitglieder oder "gleichwertige finanzielle Unterstützung" erreiche. Eine Mitgliedschaft kostet 59 Euro im Jahr - das Ziel ist also, 1,2 Millionen Euro zu bekommen.
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Ein Monat vor dem Ende der selbstauferlegten Frist stehe man nun bei knapp der Hälfte des Geldes. Genaue Zahlen nannte die Partei auf PULS 24 Anfrage am Mittwoch nicht. Am 18. März habe man 8.500 Mitglieder gehabt - die nächste Zahl wolle man erst "nach Ostern" kommunizieren.
Dass die Partei nicht antritt, sollte das Ziel nicht erreicht werden, wollte Wlazny bei der Pressekonferenz nicht mehr über die Lippen bringen. "Der 30. April wird ein wichtiger Tag. Wir werden einen Kassensturz machen und dann entscheiden, wie es weitergeht", kündigte er bei der Pressekonferenz schon die nächste Pressekonferenz an. Mit der Pressekonferenz-Taktik will man wohl im Gespräch bleiben.
Video: Bierpartei im Nationalrat?
Nur so viel verriet Wlazny: Man brauche die Mitglieder nicht primär, um eine Kampagne zu führen und zu finanzieren, sondern "um eine parlamentsfitte Partei aufzustellen", so der Parteichef. Versammlungen, Veranstaltungen, Infrastruktur, Kommunikation, Personal würden "seit acht Wochen jeden Tag viel Geld" kosten.
Was mit der bisher gesammelten halben Million passiert, sollte man nicht antreten, beantwortete die Partei auf PULS 24 Anfrage nicht direkt - sie diene "dem weiteren Aufbau der Bierpartei".
4. Zeit
Wlazny ist ein Tausendsassa. In den kommenden vier Wochen wolle man weiter um Mitglieder werben, nach Veranstaltungen in Wien, Graz und Salzburg demnächst in Innsbruck und Linz, kündigte er an.
Viel Zeit bleibt Musiker Pogo dafür nicht - am kommenden Wochenende spielt er mit seiner Band Turbobier in Graz und Wien. Mit seinem Kabarett "Gschichtldrucker" absolviert er allein im April 13 Auftritte in ganz Österreich - und einen in Deutschland.
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Es verwundert wenig, dass der Punkrocker Interview-Einladungen von PULS 24 zuletzt mehrfach absagte. Mehrmals wurde dabei auf den "dichtgedrängten Terminkalender" verwiesen. Am Dienstag hieß es, dass "Herr Wlazny bis Ende April terminlich ausgebucht ist".
5. Personal
Das bringt uns schon zur letzten Baustelle: Die Bierpartei ist derzeit eine One-Man-Show. Politikwissenschaftler Laurenz Ennser-Jedenastik sprach gegenüber dem "Profil" sogar von einer "Tendenz zur Oligarchie". Daran ändert auch nichts, dass die Bierpartei mit nun rund 8.500 Mitgliedern gar nicht mehr so klein ist. Zum Vergleich: Die NEOS stehen bei rund 3.000 Mitgliedern.
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Wlazny sagt, das solle sich ändern, blieb aber auch dabei vage - man werde die Satzung überarbeiten. Bei den Versammlungen wolle man aber erst "checken, wer sich wie in die Bierpartei einbringen kann". Ob er genug und die richtigen Leute findet, wird sich zeigen.
Zusammenfassung
- Bei der Bierpartei gibt momentan Dominik Wlazny alias Marco Pogo alleine den Ton an. Dabei tut er sich schwer, sich inhaltlich oder zumindest strategisch festzulegen.
- Dem Obmann der Kleinpartei fehlt es an Zeit, Geld und klarer Kommunikation.
- Die Baustellen der Bierpartei - eine PULS 24-Analyse.