Segenreich: Versteckte Motive hinter Geisel-Freilassung?

Die Hamas-Geiselnahme von über 200 Menschen sei ein "Dilemma, das jeder verstehen kann", meint Nahost-Experte Ben Segenreich. Unterdessen wurden mittlerweile vier Geiseln freigelassen - Segenreich vermutet dahinter versteckte Motive.

Mehr als zwei Wochen nach ihrem massiven Großangriff auf Israel hat die Hamas insgesamt vier Geiseln freigelassen, über 200 Menschen sind weiterhin in Gefangenschaft.

"Durch die Hölle gegangen"

Die 85-jährige Yocheved Lifshitz, eine der freigelassenen Geiseln, sagte am Dienstag in Tel Aviv, sie sei am 7. Oktober bei ihrer Entführung zunächst zwar von den Extremisten geschlagen worden. "Ich bin durch die Hölle gegangen." Die Terroristen hätten in ihrem Kibbuz gewütet, hätten Menschen getötet und entführt und dabei keinen Unterschied zwischen Alten und Jungen gemacht. In ihrer zweiwöchigen Gefangenschaft im Tunnelnetz des Gazastreifens habe man sich aber gut um sie gekümmert.

Freigelassene Geiseln: Versteckte Motive?

Die Hamas habe die zwei Frauen ohne Gegenleistung freigelassen. Dabei würde die Frage aufkommen, welches Interesse dahinter stecke, meint Nahost-Experte Ben Segenreich im PULS 24 Interview. Man würde sich fragen: Wurde die Geisel-Freilassung missbraucht?

Die Aussage Lifshitz', die Hamas habe sie gut behandelt, habe in Israel zum Teil für Entsetzen gesorgt - man habe das Gefühl, es sei "der falsche Akzent gesetzt" worden. Die Message "die Hamas ist ohnehin nicht so schlimm" sei von hier aus verbreitet worden.

Nur weil die 85-jährige Yocheved Lifshitz gut behandelt wurde, heiße dies noch lange nicht, dass die restlichen über 200 Geiseln ebenfalls gut behandelt werden, argumentiert Segenreich. Außerdem befindet sich der Ehemann der 85-Jährigen immer noch in Hamas-Gefangenschaft - sie könne etwas Positives über die Hamas gesagt haben, um ihren Mann zu schützen, meint der Nahost-Experte. Man habe das Gefühl, dass die Hamas "weiterhin zynisches Spiel betreibt". Außerdem dürfe man nicht vergessen: Die Hamas ist eine Terror-Organisation.

"Ein tiefes Dilemma"

Die Geiselnahmenseien vor allem für die militärische und politische Führung in Israel ein "Dilemma, das jeder verstehen kann". Einerseits müsse man gegen die Hamas vorgehen, andererseits habe die Hamas noch über 200 Geiseln in ihrer Gefangenschaft, so der Nahost-Experte. Wie man beides austarieren kann, sei nicht klar.

Laut Militärsprechern sei es theoretisch jedoch möglich, meint Segenreich. Man könne "eine Zeit lang zuwarten" - der Möglichkeit eines weiteren großen Austauschgeschäfts noch Zeit einräumen. Andererseits könne man aber die Bodenoffensive bereits starten, und "trotzdem etwas für die Geiseln tun". Wie das jedoch im Detail aussehen würde, kann Segenreich nicht sagen. "Es ist ein tiefes Dilemma", fasst der Nahost-Experte im PULS 24 Interview zusammen.

Nehammer-Besuch "keine Priorität"

Den Besuch von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in Israel schätzt Segenreich vor allem als "moralisches Signal" ein. In Israel würden solche Besuche gewürdigt, seien jedoch keine Priorität. Die Israelis hätten gerade "so viel Probleme mit dem, was gerade vor sich geht, dass sie Besuche aus dem Ausland eher aus dem Augenwinkel wahrnehmen".

ribbon Zusammenfassung
  • Mehr als zwei Wochen nach ihrem massiven Großangriff auf Israel hat die Hamas insgesamt vier Geiseln freigelassen, über 200 Menschen sind weiterhin in Gefangenschaft.
  • Die Hamas habe die zwei Frauen ohne Gegenleistung freigelassen. Dabei würde die Frage aufkommen, welches Interesse dahinter stecke, meint Nahost-Experte Ben Segenreich im PULS 24 Interview.
  • Gehe es um die Geiselnahmen, handle es sich um ein "Dilemma, das jeder verstehen kann", vor allem die israelische militärische und politische Führung.
  • Einerseits müsse man gegen die Hamas vorgehen, andererseits habe die Hamas noch über 200 Geiseln in ihrer Gefangenschaft, so der Nahost-Experte.
  • Wie man beides austarieren kann, sei nicht klar.