Zivilisten im Gazastreifen auch "Geiseln der Hamas"
Am 7. Oktober griff die Terrororganisation Hamas Israel an, rund 1.400 Israelis wurden dabei getötet, Hunderte in den Gazastreifen verschleppt. Einige wenige wurden mittlerweile entlassen, eine Bodenoffensive der israelischen Armee soll weiterhin bevorstehen. Dass sie sich verzögert, könnte auch mit den vielen Geiseln zu tun haben, die noch im Gazastreifen festgehalten werden.
Bei "Pro und Contra" sind sich die Gäste zu dem Terror und der humanitären Krise so weit einig, dass die Geiseln für die Hamas das "größte Faustpfand" seien, wie Ingrid Steiner-Gashi, Kurier-Journalistin, sagte. Danach gehen die Meinungen aber deutlich auseinander, es wird hitzig diskutiert.
Sind Palästinenser selbst auch Geiseln?
Denn nicht nur gefangene Israelis - sowie ausländische Staatsbürger:innen - seien ein Schutzschild für die Hamas, betont Autor Hasnain Kazim: "Alle Zivilisten im Gazastreifen sind ebenfalls Geiseln der Hamas". Die Terrorgruppe habe sie teils mit Waffengewalt daran gehindert, die Region zu verlassen. Jedes zivile Opfer würde die Hamas "ausschlachten", sodass Israel als "böser Staat" dastehe.
Bei der Sitzung des Weltsicherheitsrates der UNO kam es am Dienstag bereits wegen der Handlungen Israels in Gaza zu einem Eklat zwischen Israel und UNO-Generalsekretär António Guterres. Er verurteilte die Hamas-Angriffe, sagte aber mit Blick auf die 56 Jahre dauernde "erdrückende Besatzung" durch Israel: "Es ist wichtig zu erkennen, dass die Angriffe der Hamas nicht im luftleeren Raum stattfanden."
"Das ist eine Täter-Opfer-Umkehr"
Das sei "Blödsinn", erklärt Ariel Muzicant, Vizepräsident des jüdischen Weltkongresses. "Das ist eine Täter-Opfer-Umkehr." Thomas Schmidinger, Politikwissenschafter und Nahost-Experte, widerspricht ihm: Auch für Israel gelte das humanitäre Völkerrecht, die Blockade des Gazastreifens sei völkerrechtswidrig. Aufgrund der dichten Bevölkerung im Gazastreifen sei es zudem sehr schwierig, nicht auch Zivilist:innen zu treffen.
Muzicant hält dagegen, wenn die Hamas aus dem Süden Raketen abschießen würde, dann hätte Israel auch das Recht, den Süden anzugreifen. Steiner-Gashi merkt an, dass eine Feuerpause der Israelis unwahrscheinlich sei, sonst würde man der Hamas erlauben, "neue Kraft zu schöpfen".
Unterstützung der palästinensischen Zivilbevölkerung
In der Diskussion rund um Israels Angriffe auf den Gazastreifen sagt Muzicant weiter, dass die Palästinenser:innen die Hamas gewählt hätten. Schmidinger ist nicht überzeugt: Die letzten Wahlen in Gaza hätten 2007 stattgefunden, wie viele Zivilist:innen die Hamas heute unterstützen, sei unklar.
Guterres' Aussage trifft aber auch bei Kazim auf Unverständnis, sie sei "ungeheuerlich" und ein "Versuch der Rechtfertigung für Terror".
"Rote Linie überschritten"
Was am 7. Oktober geschehen sei, sei für "jeden Juden eine Shoah, da ist eine rote Linie überschritten worden", fasst Muzicant schließlich zusammen. Wie es nun weitergehen wird, sei unklar, eine Bodenoffensive sei aber wohl unvermeidlich.
"Das Existenzrecht Israels steht hier niemals zur Debatte", erklärt Kazim, es brauche eine Zwei-Staaten-Lösung. Die sei aber "in weiter Ferne".
Zusammenfassung
- Bei "Pro und Contra" wird am Dienstag hitzig über die anstehende Bodenoffensive Israels im Gazastreifen diskutiert.
- Es herrscht Unstimmigkeit darüber, ob Israel mit der Totalblockade des Gazastreifens gegen das humanitäre Völkerrecht verstößt.
- Bei der Sitzung des Weltsicherheitsrates der UNO kam es am Dienstag bereits wegen der Handlungen Israels in Gaza zu einem Eklat zwischen Israel und UNO-Generalsekretär António Guterres.
- Das sei "Blödsinn", erklärt Ariel Muzicant, Vizepräsident des jüdischen Weltkongresses. "Das ist eine Täter-Opfer-Umkehr."
- Thomas Schmidinger, Politikwissenschafter und Nahost-Experte, widerspricht ihm: Auch für Israel gelte das humanitäre Völkerrecht, die Blockade des Gazastreifens sei völkerrechtswidrig.