APA/GEORG HOCHMUTH

Bargeld-Debatte: Parolen von Nehammer und Edtstadler

Die ÖVP bleibt auf ihrem Kurs, das Bargeld zu retten und es in der Verfassung verankern zu wollen. Dass das laut Experten wenig bringe und nicht klar ist, wer das Bargeld wirklich abschaffen will, hält sie nicht davon ab.

Von politischen Beobachtern und Kommentatoren wird das neue ÖVP-Lieblingsthema als Sommerloch-Thema und Scheindebatte bewertet. Lange war die Absicherung des Bargelds ein freiheitliches Thema, nun setzt sich die Kanzlerpartei ÖVP für die Erhaltung ein und möchte es in der Verfassung schützen.

Bargeld schon im EU-Recht geschützt

Martin Selmayr, Vertreter der EU-Kommission in Österreich, sagte bereits vergangene Woche, dass eine nationale Regelung über das Euro-Bargeld "wenig Neues" beitragen könne.

Am Samstag wiederholte er in einem Gastbeitrag im "Kurier", warum das Bargeld nicht in Österreich geschützt werden müsse. "Das Euro-Bargeld muss grundsätzlich überall im Euroraum zur Zahlung angenommen werden. Das Bargeld, das gerade im deutschsprachigen Raum so beliebt ist, ist somit durch EU-Recht geschützt", so Selmayr.

ÖVP-Verfassungs- und Europaministerin Karoline Edtstadler reagierte mit Kritik auf Selmayrs Aussagen. "Bei aller Wertschätzung - es steht jedem Mitgliedstaat frei, darüber zu entscheiden, was in die eigene Verfassung aufgenommen wird, solange das im Einklang mit europäischem Recht steht", so Edtstadler. 

Edtstadler hält es für "notwendig", dass man hier "Rechtssicherheit" schaffe. Dafür bräuchte man keine "'Genehmigung' der Europäischen Union". 

Auch den im Juni präsentierten Vorschlag zum digitalen Euro nimmt sie zum Anlass, gesetzliche Absicherungen zu fordern - obwohl der Vorschlag der EU-Kommission zum digitalen Euro parallel dazu ohnehin eine Absicherung der Bargeld-Versorgung vorsieht

Nehammer fordert bereits bestehende Tatsachen

"Bezahlst du bar, oder mit Karte?", fragt Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in einem Video und ergänzt: "Immer wieder hört man, das Bargeld soll abgeschafft werden". Das werde es mit ihm als Kanzler aber so nicht spielen. 

Was Nehammer unbeantwortet lässt: Wer eine Abschaffung des Bargelds fordere. Abgesehen von populistischen Warnungen vor einer Abschaffung gibt es darauf nämlich keine konkreten Hinweise. Auch aus informierten Kreisen der Nationalbank ist zu hören, dass man niemanden kenne, der das politisch fordern würde. 

Vor einem Ende des Bargelds zu warnen, steht vor allem auf der Agenda der FPÖ. So forderte Parteichef Herbert Kickl wiederholt die "Festung Bargeld" für Österreich und warnte vor verschärften Bargeld-Obergrenzen.

Erste Landeshauptleute stellen sich gegen den Bargeld-Kurs

Innerhalb der ÖVP ist Nehammers Kurs nicht unumstritten. Der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer sprach sich in einem "Krone"-Interview gegen den Vorschlag von Kanzler Karl Nehammer aus: "Ich persönlich brauche es nicht". Es sei ein "Sommerloch-Thema", so Haslauer weiter: "Das kommt jedes Jahr."

Der Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle hält auch wenig vom Bargeld in der Verfassung. Das Zahlen in bar, mit Karte oder mit Handy sei für ihn selbstverständlich und "gesellschaftlicher Konsens". "Das muss nicht in den Verfassungsrang gehoben werden", sagte Mattle zur "Tiroler Tageszeitung".

Und auch der steirische Amtskollege, Christopher Drexler, findet es nicht notwendig. "Ich glaube, dass eine Verfassung kein lyrisches Lesebuch sein soll, in dem sich jede Gruppe irgendwie verwirklicht. Das ist das Regelwerk für ein Funktionieren des Staates". Er halte die Verankerung des Bargelds in der Verfassung dementsprechend "nicht für ganz dringend notwendig", sei aber "selbstverständlich für das Bargeld".

Unterstützung für Nehammers Vorhaben gibt es unterdessen von Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.  "Ob begründet oder nicht: Es gibt bei den Menschen die Sorge, dass das Bargeld abgeschafft werden könnte. Der Kanzler will den Menschen diese Sorge nehmen. Das ist nachvollziehbar", reagierte sie auf den Vorstoß.

FPÖ befürwortet ÖVP-Bargeld-Kurs, bleibt aber skeptisch

Die Freiheitlichen können sich vorstellen, bei einem Regierungsantrag zur Verankerung des Bargelds in der Verfassung mitzugehen - wollen dabei aber zuerst das "Kleingedruckte" lesen.

"Die Richtung stimmt schon einmal", sagt FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker im APA-Interview, der aber ÖVP und Grünen noch nicht über den Weg traut. "Man muss sich erst einmal anschauen, welcher Gesetzestext vorgelegt wird. Wir haben nämlich eines gelernt: dass der Teufel im Detail liegt". 

"Ich traue der ÖVP und den Grünen nicht. Wir müssen uns anschauen, ob das nicht nur Theaterdonner in der Festspielzeit ist oder ob das dann tatsächlich etwas Belastbares ist. Nehammer scheint ja nicht einmal in seiner eigenen Partei eine Mehrheit dafür zu haben", so Hafenecker weiter.

ribbon Zusammenfassung
  • Die ÖVP bleibt auf ihrem Kurs, das Bargeld zu retten und es in der Verfassung verankern zu wollen.
  • Dass das laut Experten wenig bringe und nicht klar ist, wer das Bargeld wirklich abschaffen will, hält sie nicht davon ab.
  • Martin Selmayr, Vertreter der EU-Kommission in Österreich, sagte bereits vergangene Woche, dass eine nationale Regelung über das Euro-Bargeld "wenig Neues" beitragen könne.
  • ÖVP-Verfassungs- und Europaministerin Karoline Edtstadler reagierte mit Kritik auf Selmayrs Aussagen.
  • Kritik am ÖVP-Bargeld-Kurs kommt auch von eigenen Landeshauptleuten.