Auftakt der Tiroler Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP/SPÖ
Das erste Treffen sei "gut" gewesen, sagte ÖVP-Parteiobmann Anton Mattle zur APA. Am Mittwoch gehe es dann richtig los, die Themen "Wohnen, Raumordnung und Grundverkehr" stehen in der Früh am Tagesprogramm. Insgesamt gaben sich die Verhandler nach dem Treffen jedoch auf beiden Seiten wortkarg.
Gegen 13.00 Uhr trafen sich sechs Vertreter der ÖVP und fünf der SPÖ. Unter großem Medieninteresse begrüßten sich die Politiker und Politikerinnen - die sich ja bereits sehr gut kennen - per Handschlag mit einem amikalen "Hallo, Griaß di". Für die ÖVP nahm neben Mattle der schwarze Klubobmann Jakob Wolf, LHStv. Josef Geisler, Landesrat Johannes Tratter, EU-Abg. Barbara Thaler und LAbg. Mario Gerber am Tisch Platz. Für die rote Verhandlungsgruppe anwesend waren Parteichef Georg Dornauer, Landesgeschäftsführer Lukas Matt, LAbg. Elisabeth Blanik, LAbg. Elisabeth Fleischanderl und LAbg. Benedikt Lentsch.
Am Vormittag hatten sich Mattle und Dornauer bei der Pressekonferenz im Hotel Adlers das Motto "Stabilität in der Krise, Erneuerung für Tirol" auf ihre Fahnen geheftet. Neue Akzente sollen vor allem im Bereich der Energiewende und -autonomie und Klimaschutz erkennbar sein, hieß es.
Mattle ging jedenfalls von einer - wie bisher - achtköpfigen Regierung aus. Eine Aufstockung sei aktuell "nicht das Ansinnen" der beiden Parteien. Nun stünde jedenfalls zunächst die Ausarbeitung konkreter inhaltlicher Schwerpunkte im Mittelpunkt. Erst dann würde man "sinnstiftende Ressorts" festlegen. Ob es ein eigenes Klimaressort geben werde, ließ Mattle, der im Wahlkampf offensiv gefordert hatte "alle Potenziale" für eine Energiewende zu nutzen, offen. Das Thema werde aber "genügend Raum einnehmen", versprach er.
Damit Schwarz-Rot inhaltlich auf einen grünen Zweig kommt, wurden bereits zehn Arbeitsgruppen definiert, in denen nun "fachspezifisch verhandelt" werde - darunter etwa Wohnen und Raumordnung, Arbeit und Wirtschaft, Energie und Umwelt oder Mobilität und Verkehr. Die jeweils sechsköpfigen "Steuerungsgruppen" übernähmen die Koordination jener Verhandlungen und würden einschreiten, falls man sich nicht sofort einigen könne, erklärte Dornauer den "Modus Operandi". Sollte es dann noch immer keinen Kompromiss geben, kämen in einer "dritten Ebene" schließlich die beiden Parteichefs zum Zug.
Schlussendlich werde man die Gremien mit dem geplanten Koalitionspapier befassen. Bis zum 25. Oktober sollte ebenjenes, sowie auch das Regierungsteam stehen, formulierte Mattle erneut das zeitliche Ziel. Man wolle "flott ins Tun kommen", angesichts "sich überlappender Krisen", so sein Versprechen. "Wir brauchen rasch eine handlungsfähige Regierung", die das Land "sicher" durch "akute Problemfelder" wie etwa der Teuerung manövrieren könne, schloss sich Dornauer dem an.
Die beiden Parteichefs präsentierten sich in harmonischer Einigkeit, waren aber auch sichtlich bemüht, das verstaubte Image, das einer schwarz-roten Koalition medial mitunter zugeschrieben wird, abzustreifen. Eine solche Konstellation hatte das Bundesland schließlich bereits - nach Ende des Proporzsystems - seit Ende der 1990er-Jahre bis ins Jahr 2013 regiert. Man wolle "intensiv" mit den anderen im Landesparlament vertretenen Parteien zusammenarbeiten unterstrich Mattle, gefragt nach "neuen Akzenten", die man setzen wolle. "Ideen und Anträge, auch von Seiten der Opposition" sollen "unverwässert und ohne Abänderungen" aufgenommen und "nicht schubladisiert" werden, schlug Dornauer in dieselbe Kerbe. Dies passe im Übrigen auch zum roten Wahlkampfslogan, dass man "Probleme gemeinschaftlich lösen" wolle, fügte er hinzu.
"Ich bin und war nie ein Beiwagerl", war es dem SPÖ-Chef Dornauer zudem ein Anliegen zu betonen. Er sprach von einer "sinnstiftenden Partnerschaft" und einem "ergebnisoffenem Verhandeln" auf "Augenhöhe". Ob die Roten einen zusätzlichen - dritten - Landesrat fordern werden, ließ er offen.
Die anderen Parteien warteten indes mit teils scharfer Kritik auf. Es handle sich um eine "Wiederauflage im Kleinformat" der einst Großen Koalition, sagte FPÖ-Obmann Markus Abwerzger zur APA. "Das wird eine Koalition des Stillstandes und der Verlierer", so der Chef der zweitstärksten Partei. Schwarz-Rot sei schon seit langem "ausgepackelt", Mattle wie Dornauer hätten sich ob ihrer jeweiligen schwachen innerparteilichen Stellung nun in diese Regierung retten müssen. Die beiden seien nun eine "Schicksalsgemeinschaft" eingegangen. Besonders unter Druck sah Abwerzger SPÖ-Chef Dornauer. Alles andere als drei ausverhandelte rote Landesräte wäre "eine Dornauersche Kapitulationserklärung von vornherein."
Der bisherige ÖVP-Koalitionspartner Grüne wünschte in Person von Klubobmann Gebi Mair "im Interesse Tirols gute vertiefende Gespräche". "Unsere Gesprächstür bleibt offen, es gilt aber: ohne Energiewende, Gletscher- und Klimaschutz, Kinderbildung/betreuung und Pflege-Entlastung geht's mit uns nicht", erklärte Mair zudem auf Twitter.
Man werde Schwarz-Rot an ihren "Taten statt Worten" messen, unterstrich indes die Parteiobfrau der oppositionellen Liste Fritz, Andrea Haselwanter-Schneider, gegenüber der APA. Von der SPÖ erwartete sie sich, dass sie "Kante zeigen" und mehr als nur den Rechtsanspruch für Kinderbetreuung (den die Roten als einzige Koalitionsbedingung festgelegt hatten, Anm.) durchsetzen. Die Forderung nach einem "neuen Stil" in Bezug auf die parlamentarische Zusammenarbeit hätte die Liste Fritz im Gespräch mit der ÖVP vergangene Woche "auf den Tisch gelegt". Anträge sollten demnach nur mehr in Rücksprache mit dem Antragsteller abgeändert werden können, so die Vorstellung der Oppositionspolitikerin.
Die ÖVP hatte Tirol seit dem Jahr 2013 zusammen mit den Grünen regiert. Eine solche Zweierkoalition ging sich jedoch schon allein aufgrund des Wahlergebnisses nicht mehr aus. Schließlich gaben Mattle und Co. Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ den Vorzug gegenüber Dreiervarianten, bei denen auch die Grünen wieder im Spiel gewesen wären.
Die ÖVP hatte bei der Landtagswahl ein Minus von 9,55 Prozentpunkten hinnehmen müssen und war bei 34,71 Prozent gelandet - ein bisheriger Tiefpunkt. Die SPÖ fuhr lediglich ein Plus von 0,23 Prozentpunkten ein, kam - angesichts der Ausgangslage - auf enttäuschende 17,48 Prozent und verlor den zweiten Platz an die FPÖ.
Zusammenfassung
- Neue Akzente sollen vor allem im Bereich der Energiewende und -autonomie und Klimaschutz erkennbar sein, hieß es.
- Außerdem versprachen die Parteichefs Anton Mattle (ÖVP) und Georg Dornauer (SPÖ) Tempo und einen "neuen Stil" in der parlamentarischen Zusammenarbeit.
- Man wolle "flott ins Tun kommen", angesichts "sich überlappender Krisen", so sein Versprechen.
- Die ÖVP hatte seit dem Jahr 2013 Tirol zusammen mit den Grünen regiert.