Anstieg von antisemitischen Vorfällen registriert
Benjamin Nägele, IKG-Generalsekretär und Leiter der Meldestelle, spricht von einem "enthemmten Antisemitismus", dem Jüdinnen und Juden seit dem 7. Oktober ausgesetzt seien. So stieg die Zahl der gemeldeten physischen Übergriffe von sechs im ersten Halbjahr 2023 auf nun 16. Von vier auf 22 stieg die Zahl der Bedrohungen. 92 antisemitische Sachbeschädigungen bedeuten eine Verdoppelung im Vorjahresvergleich. Bei den Massenzuschriften stieg die Zahl von 77 auf 401 und bei verletzendem Verhalten von 179 auf 277.
255 der gemeldeten antisemitischen Vorfälle waren Personen oder Organisationen zuzurechnen, die "weltanschaulich oder religiös dem Islam zuzuordnen sind". 225 waren politisch links motiviert und 116 politisch rechts. 212 antisemitische Vorfälle konnten nicht eindeutig kategorisiert werden. Nach den israelbezogenen Vorfällen wurde vor allem Shoah-Relativierung bzw. -Leugnung gemeldet. Vorfälle im Rahmen einer Demonstration oder in einem Online-Thread wurden zwar separat bearbeitet, aber statistisch als ein einzelner Vorfall gewertet.
IKG-Präsident Oskar Deutsch warnte vor einem Gewöhnungseffekt: "Leider ist die Lage weiterhin bedrohlich und ununterbrochen bedrückend. Was nicht geschehen darf, ist, dass man sich an den grassierenden Antisemitismus in all seinen Erscheinungsformen gewöhnt." Dazu gehöre auch, dass sich politisch motivierte Akteure nicht nur mit dem Hass der anderen beschäftigen, sondern im eigenen weltanschaulichen Lager aktiv werden und Verantwortung übernehmen.
Zusammenfassung
- Die Israelitische Kultusgemeinde Wien meldet für das erste Halbjahr 2024 insgesamt 808 antisemitische Vorfälle, was eine Zunahme von 160 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet.
- Physische Übergriffe stiegen von sechs auf 16, während die Zahl der Bedrohungen von vier auf 22 anstieg. Zudem wurden 92 antisemitische Sachbeschädigungen gemeldet, was einer Verdoppelung entspricht.
- 255 der Vorfälle wurden dem Islam zugeordnet, 225 der politischen Linken und 116 der politischen Rechten. IKG-Präsident Oskar Deutsch warnt vor einem Gewöhnungseffekt.