Amnesty "schockiert": Saudi-Arabien übernimmt Vorsitz in UNO-Frauenförderung
Die 45 Mitgliedsländer der "Kommission der Vereinten Nationen zur Rechtsstellung der Frau" (CSW) bestimmten den saudischen Botschafter Abdulaziz Alwasil am Mittwoch in New York per Akklamation zum Vorsitzenden der nächsten Sitzungsperiode. Das Mandat dauert ein Jahr. Kritik an der Entscheidung kam aus der Politik und von Menschenrechtsorganisationen.
"Unfassbare Verhöhnung"
Für die SPÖ und ihre außenpolitische Sprecherin, Petra Bayr, ist die Ernennung "eine unfassbare Verhöhnung dieses Gremiums und der vielen Frauen in Saudi-Arabien, die inhaftiert werden, alleine schon, weil sie für Frauenrechte kämpfen". Bayr forderte in einer Aussendung am Mittwoch, dass die Bundesregierung "in aller Deutlichkeit" Protest einlege: "Schweigen ist Zustimmung zu den Menschenrechtsverstößen gegen Frauen in Saudi-Arabien",
"Vollkommen absurd"
"Es ist völlig absurd, gerade einem Vertreter dieses Frauen-Unterdrückungsstaates den Vorsitz in diesem wichtigsten UNO-Gremium zum Thema Gleichberechtigung zu überlassen", so Bayr.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International zeigte sich am Donnerstag schockiert. Saudi-Arabien ist eine absolute Monarchie, in der das Königshaus mit einer ultrakonservativen Islam-Auslegung herrscht. Es steht im Bericht der Stiftung Weltwirtschaftsforum (WEF) 2023 über die Gleichstellung der Geschlechter auf Platz 132 von 146 Ländern.
Schock, aber keine Überraschung
"Für uns ist dies ein Schock, wenn auch keine Überraschung", sagte Natalie Wenger, bei Amnesty Schweiz unter anderem für Saudi-Arabien zuständig. Saudi-Arabien betreibe mit viel Geld eine Imagekampagne, um sich als modernes Land zu präsentieren. "Das sind aber Gesten, die keine Substanz haben." Die Frauenrechte würden dort ständig verletzt.
Amnesty hat in einem Bericht gerade den Fall einer Mutter zweier Kinder erwähnt, die während ihrer Doktorarbeit auf der Plattform X (früher Twitter) für Frauenrechte eingetreten ist und deshalb zu 27 Jahren Haft verurteilt wurde. Länder, die solche Vorsitze in UNO-Kommissionen einnehmen, müssten Vorbildcharakter haben, sagte Wenger. "Deshalb sehen wir diesen Vorsitz als tragisch an."
Keine Einwände
Bei der Sitzung der Kommission hatte der derzeitige Vorsitzende aus den Philippinen den saudischen Botschafter als einzigen Kandidaten vorgestellt. "Darf ich davon ausgehen, dass die Kommission seine Exzellenz Abdulaziz Alwasil aus Saudi-Arabien per Akklamation zum Vorsitzenden der Kommission auf ihrer 69. Sitzung wählen möchte?", fragte er die 45 Mitgliedsländer. "Ich höre keine Einwände. Also ist es so beschlossen." Der Beschluss wurde mit kurzem Beifall bedacht.
Es kam auch aus der Gruppe "Westeuropa und andere Staaten" kein Widerspruch. Die Gruppe ist dort zurzeit mit Österreich, Israel, Liechtenstein, den Niederlanden, Portugal, Spanien, der Schweiz und der Türkei vertreten.
Zusammenfassung
- Saudi-Arabien hat künftig den Vorsitz in der UNO-Kommission zur Förderung von Frauen.
- Politik und NGOs zeigen sich empört.
- Es kam auch aus der Gruppe "Westeuropa und andere Staaten" kein Widerspruch, davon ist auch Österreich Teil.