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Abschiebungen nach Afghanistan für VfGH derzeit nicht möglich

Ein richtungsweisendes Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) vom Mittwoch dürfte Auswirkungen auf künftige Abschiebungen nach Afghanistan haben.

Ein afghanischer Staatsbürger hatte aufschiebende Wirkung betreffend seiner Anhaltung in Schubhaft beantragt. Die Verfassungsrichter gaben dem statt und bezogen sich in ihrem Spruch auch auf die aktuellen Entwicklungen in Afghanistan. Vor diesem Hintergrund sei eine zeitnahe Abschiebung in das Land nicht möglich, heißt es.

Über den Mann war im April 2021 - nach zwei abgeschlossenen Asylverfahren - die Schubhaft verhängt worden. Aus der Schubhaft heraus stellte der Mann einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) erachtete die Fortsetzung der Schubhaft aber weiterhin als verhältnismäßig, da Fluchtgefahr bestehe. Gegen diese Entscheidung langte beim VfGH eine Beschwerde ein.

Wörtlich heißt es in dem Spruch der Verfassungsrichter: "Vor dem Hintergrund der aktuellen Länderinformationen zu Afghanistan ist für den VfGH nicht zu erkennen, dass eine zeitnahe - die gesetzlichen Höchstgrenzen der Anhaltung in Schubhaft berücksichtigende - Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat möglich ist. Die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft (und der damit einhergehende Freiheitsentzug) erweisen sich jedoch nur dann als verhältnismäßig, wenn das zu sichernde Verfahren letztlich zu einer Abschiebung führen kann."

Nehammer will in Nachbarländer abschieben

Vor dem Sonderrat der EU-Innenminister am heutigen Mittwoch  kündigte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) an, sich für Abschiebezentren in der Nähe Afghanistans einsetzen zu wollen. Es sei nicht richtig, dass nicht abgeschoben werde. Man schiebe weiter Afghanen nach europarechtlichen Möglichkeiten ab. Im deutschen Medium "Die Welt" hatte er zuvor gefordert, dass Flüchtlinge die sich Länder aussuchen, gestoppt werden müssten.

Die Migrationskrise von 2015 dürfe sich nicht wiederholen, so Nehammer. Es brauche ein geschlossenes Vorgehen der EU. Er wolle beim Sonderrat der EU-Innenminister drei Punkte vorschlagen. Man solle Flüchtlinge aus Afghanistan in der Region halten und unterstützende Länder im Norden Afghanistans mit drei Millionen aus dem Auslands-Katastrophenfonds unterstützen.

Der Außenpolitik-Sprecher der NEOS, Helmut Brandstätter, kritisiert Nehammer im PULS 24 Interview deshalb scharf. Dieser solle bei der Wahrheit bleiben: Man könne derzeit nicht nach Afghanistan abschieben und tue es auch nicht. Rückführungen von Afghanen in andere EU-Länder würden stattfinden, weil sie dort zuerst einen Asylantrag gestellt hätten - es könne aber auch sein, dass dadurch Menschen nach Österreich kommen.

Brandstätter zu Nehammer: "Er sagt Dinge, die nicht mal stimmen"

Brandstätter fordert, dass man sich wieder für eine EU-Lösung einsetzen soll und "wirklich" vor Ort helfen müsse. Auch 2015 seien Menschen nach Europa gekommen, weil Flüchtlingscamps im Libanon schlecht versorgt waren.

ribbon Zusammenfassung
  • Ein richtungsweisendes Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) vom Mittwoch dürfte Auswirkungen auf künftige Abschiebungen nach Afghanistan haben.
  • Ein afghanischer Staatsbürger hatte aufschiebende Wirkung betreffend seiner Anhaltung in Schubhaft beantragt. Die Verfassungsrichter gaben dem statt und bezogen sich in ihrem Spruch auch auf die aktuellen Entwicklungen in Afghanistan.
  • Vor diesem Hintergrund sei eine zeitnahe Abschiebung in das Land nicht möglich, heißt es. Über den Mann war im April 2021 - nach zwei abgeschlossenen Asylverfahren - die Schubhaft verhängt worden.
  • Aus der Schubhaft heraus stellte der Mann einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) erachtete die Fortsetzung der Schubhaft aber weiterhin als verhältnismäßig, da Fluchtgefahr bestehe.
  • Gegen diese Entscheidung langte beim VfGH eine Beschwerde ein.