24.000 Beschwerden bei Volksanwaltschaft im Vorjahr
Schwetz berichtete bei der Pressekonferenz etwa von einer Polizeiinspektion in Wien, in der es um ein Drittel zu wenig Personal gibt. "Das kann natürlich zu einer Überforderung der Bediensteten führen."
"Katastrophal" ist die Situation laut Volksanwältin Gabriela Schwarz (ÖVP) auch in den Gefängnissen, speziell für jugendliche Insassen. Es gebe zu wenig Justizwachebeamte, aber auch zu wenig medizinisches, psychologisches und anderes Fachpersonal. Dazu komme die Überbelegung in fast jeder Justizanstalt. Dieser Zustand führe zu Überlastung des Personals mit vermehrten Langzeitkrankenständen, schlechter Versorgung, erschwere die Resozialisierung und habe sogar steigende Suizidzahlen zur Folge. Schwarz appellierte deshalb an die Justizministerin, die Arbeitsbedingungen und Gehälter in den Haftanstalten zu verbessern, um die Arbeit dort attraktiver zu machen. Außerdem solle zur Entlastung der elektronisch überwachte Hausarrest rasch auf 18 bis 24 Monate auszuweiten.
In Einrichtungen wie Gefängnissen, psychiatrischen Einrichtungen, Altenheimen oder Jugendwohngemeinschaften, in denen Menschen in ihrer Freiheit eingeschränkt und die deshalb von Kommissionen im Auftrag der Volksanwaltschaft präventiv auf Einhaltung der Menschenrechte kontrolliert werden, gab es 2024 bei 11 Prozent der Kontrollen Kritik am Personalstand. "In der Regel ist es so viel zu wenig Personal, dass es für die Betreuung der Untergebrachten problematisch ist", so Volksanwalt Bernhard Achitz (SPÖ). Insgesamt haben die Kommissionen bei zwei Drittel ihrer 458 Kontrollen die menschenrechtliche Situation in den untersuchten Einrichtungen beanstandet. Dabei kann es sich laut Achitz von schweren Missständen wie unterernährten, wund gelegenen oder ohne Begründung medikamentös ruhiggestellten Bewohnern handeln bis zu Fällen, in denen es in der Einrichtung keine der Jahreszeit entsprechende Dekoration gab.
Meiste Missstände werden behoben
Insgesamt wurden im Vorjahr 12.100 Prüfverfahren abgeschlossen, bei rund einem Fünftel stellte die Volksanwaltschaft einen Missstand in der Verwaltung fest. Die meisten 2024 eingeleiteten Prüfverfahren (27 Prozent) fielen in den Bereich Innere Sicherheit (u.a. Asyl, Beschwerden über die Polizei), gefolgt vom Sozial- und Gesundheitsbereich bzw. Justiz und Datenschutzbehörde mit je etwa einem Fünftel. Generell konnten laut Schwetz in den meisten Fällen die Missstände nach Beschwerden behoben werden.
Als Beispiele genannt wurde etwa der Fall eines Studenten, dessen Masterarbeit-Begutachter sich unbemerkt in den Ruhestand verabschiedet hatte, weshalb der Mann erst acht Monate später das Studium abschließen konnte. In einem anderen Fall musste eine sehbehinderte Frau, die in der Landespolizeidirektion Steiermark arbeitete, neun Monate auf eine Vergrößerungssoftware warten. Viele Fälle gibt es auch im Bereich Baurecht oder Raumordnung. Oft dauere es lange, bis ein Missstand behoben werde, kritisierte Schwarz, die sich außerdem erwartet, dass sich Behörden im Fall von Fehlern bei den Betroffenen entschuldigen.
Versorgungslücken bei extremer Magersucht
Handlungsbedarf sah Achitz auch im Gutachterwesen. Gerade Betroffene von postviralen Erkrankungen wie dem Chronic Fatigue Syndrom (ME/CFS) berichten demnach, dass "sie behandelt werden wie jemand, der sich eine Leistung erschleichen will". Versorgungslücken sieht er auch bei Magersucht. So habe sich eine Frau mit gravierendem Untergewicht an die Volksanwaltschaft gewandt, weil sie mit dem Argument in keiner bestehenden Einrichtung aufgenommen wird, dass ihr Body-Mass-Index zu gering sei. "Das ist sehr paradox, da braucht es spezielle Einrichtungen."
In der Kinder- und Jugendhilfe wiederum fehlt aus Achitz' Sicht eine Anlaufstelle, damit jene Berufsgruppen, die bei Verdacht der Kindeswohlgefährdung bei der Kinder- und Jugendhilfe Meldung erstatten müssen, Gefährdungen richtig einschätzen können. "Dann wäre allen Beteiligten klar, was sie wann wem wie melden müssen." Außerdem plädiert er dafür, dass die Behörden bestätigen müssen, dass die Meldung eingegangen ist und dass Schritte gesetzt werden.
(S E R V I C E - Jahresbericht 2024 der Volksanwaltschaft: https://go.apa.at/3s77TKt8)
Zusammenfassung
- Im Jahr 2024 gingen bei der Volksanwaltschaft 24.000 Beschwerden ein, wobei personelle und finanzielle Engpässe in Bereichen wie Gesundheit und Justiz die Qualität der Leistungen beeinträchtigen.
- In Gefängnissen herrschen Überbelegung und Personalmangel, was zu schlechter Versorgung und steigenden Suizidzahlen führt; die Volksanwaltschaft fordert Verbesserungen der Arbeitsbedingungen.
- Von den 12.100 abgeschlossenen Prüfverfahren stellte die Volksanwaltschaft bei einem Fünftel Missstände fest, wobei die meisten Fälle im Bereich Innere Sicherheit lagen.