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Verbund zeigt 20 Jahre Sammlungstätigkeit in der Albertina

Seit 20 Jahren wächst die Kunstsammlung des Energieunternehmens Verbund heran. Sie umfasst rund 1.000 Werke von 200 Künstlerinnen und Künstlern. Ca. ein Fünftel der Sammlung ist nun im Rahmen einer Jubiläumsausstellung in der Albertina in Wien zu sehen. Diese gibt bis 5. Mai umfassenden Einblick in die feministische Avantgarde, thematisiert Gender, Identität sowie Diversität und wartet nicht zuletzt mit einem weiteren Schwerpunkt zur Wahrnehmung von Räumen und Orten auf.

"Die Sammlung sollte für etwas stehen und ein Alleinstellungsmerkmal haben", erklärte die Gründungsdirektorin der Sammlung, Gabriele Schor, die zugleich auch die Jubiläumsausstellung kuratierte, bei einer Presseführung anlässlich der Ausstellungseröffnung am Donnerstag. Dieses Alleinstellungsmerkmal fand sich mit der feministischen Avantgarde. Der Begriff, der die Pionierleistung von Künstlerinnen der 70er-Jahre würdigt, werde heute ganz selbstverständlich verwendet, merkte Albertina-Generaldirektor Albrecht Schröder an. Das sei auf Schor zurückzuführen, die den Begriff prägte und mit ihrer "systematischen und klugen Sammlungspolitik" erfassen lässt. Viele Künstlerinnen habe man erst durch die Sammlung entdeckt, so Schröder, der sich auf eine "nachhaltige Partnerschaft" mit dem Verbund freute.

Besucherinnen und Besucher der Propter Homines Halle stoßen zuerst auf Arbeiten von Cindy Sherman - und das nicht grundlos. Ihre in Schwarz-Weiß gehaltene Fotografiereihe "Untitled Film Stills" aus 1978 war schließlich das erste Werk, das vom Verbund gekauft wurde. Die Fotografien spielen mit dem Frauenbild der 40er- bis 60er-Jahre und den Stereotypen der Film-Noir-Ästhetik. Schor beließ es nicht dabei und sammelte Shermans Arbeiten in die Tiefe, wobei sie auch ihr Frühwerk nicht aussparte, das damals kaum wahrgenommen wurde. Die US-amerikanische Künstlerin setzt immer wieder auf Verwandlungsspiele, um die einschränkenden Rollen, die die Gesellschaft damals für Frauen bereithielt, aufzuzeigen. Sie wird jüngeren Positionen gegenübergestellt, die mit inszenierte Rollenspielen gesellschaftliche Normen und Stereotype im 21. Jahrhundert reflektieren.

Auch in weiteren Räumen wird die feministische Avantgarde primär mit Fotografien und so mancher Videoarbeit eingehend beleuchtet. Francesca Woodman ist wie auch Birgit Jürgenssen mit zahlreichen körperbetonten Arbeiten vertreten, während Renate Eisenegger in einer Schwarz-Weiß-Serie den Flur eines Hochhauses bügeln lässt und Karin Macks "Bügeltraum" eine Frau in Trauerkleidung auf einem Bügelbrett drapiert. Auch VALIE EXPORTs "Geburtenmadonna", ihre "Aktionshose: Genitalpanik" oder die filmisch festgehaltene Aktion "Tapp und Tastkino" trifft man an. Denn: "Keine feministische Avantgarde ohne VALIE EXPORT", stellte Schor klar. "Wir werden uns auch weiterhin auf die feministische Avantgarde konzentrieren", kündigte die Gründungsdirektorin an. Das sei in einer Zeit des Backlash mit Femiziden, Abtreibungsverboten und nicht gendergerechter Medizin auch als politisches Statement zu verstehen.

Nichtsdestotrotz widmete sich die Sammlung Verbund auch weiteren Schwerpunkten - etwa der konzeptuellen, poetischen und psychologischen Wahrnehmung von Räumen und Orten. So trifft man in der Ausstellung etwa auf Lebohang Kganye, die mit Fotomontagen Räume der Erinnerung schafft und die Beziehung zu ihrer verstorbenen Mutter aufarbeitet. Gordon Matta-Clark zersägte wiederum mit wochenlangem Körpereinsatz ein Haus in zwei Teile, neigte eine Hälfte um einige Grade und schuf damit eine "Anarchitecture" als Kritik an der konventionellen Architektur.

Der Abschluss ist Neuerwerbungen zum Themenbereich "Gender, Identity & Diversity" gewidmet. Hier thematisiert etwa die norwegisch-nigerianische Künstlerin Frida Orupabo mit großformatigen Collagen die Kolonialgeschichte, Rassismus und Sexismus, während Sin Wai Kin mit dem Video "It's Always You" anhand einer fiktiven Boygroup bestehend aus vier nichtbinären Personen das patriarchalische System unterläuft.

Bleibt noch die Frage, warum ein Energieunternehmen eine große Kunstsammlung anlegt. "Wir sind ein Leitunternehmen und haben damit gesellschaftliche Verantwortung", sagte Verbund-Vorstandsvorsitzender Michael Strugl. Man beziehe mit der Sammlung Position zu wichtigen Fragen, setze sich kritisch mit gesellschaftlichen Phänomenen auseinander. Die feministische Avantgarde trieb einen gesellschaftlichen Umbruch voran. Auch heute stehe man wieder vor "gewaltigen Umbrüchen". "Wir haben mit dieser Sammlung etwas zu sagen", zeigte sich Strugl überzeugt.

(S E R V I C E - Ausstellung "20 Jahre Sammlung Verbund" in der Albertina, Wien 1, Albertinaplatz 1, 29. Februar bis 5. Mai, www.albertina.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Verbund feiert 20 Jahre Kunstsammlung mit einer Jubiläumsausstellung in der Albertina, die bis zum 5. Mai feministische Avantgarde-Kunst von etwa 200 Künstlerinnen zeigt.
  • Die Ausstellung umfasst Werke von Cindy Sherman und VALIE EXPORT, die gesellschaftliche Rollen und Stereotype hinterfragen und feministische Pionierleistungen würdigen.
  • Verbund-Vorstandsvorsitzender Michael Strugl betont die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmens und sieht in der Sammlung ein politisches Statement zu aktuellen gesellschaftlichen Umbrüchen.