Theatermagier Max Reinhardt wird zum 150er gefeiert
Das Wirken des Theaterkunsterneuerers erstreckte sich dabei über das Dreieck Salzburg-Berlin-Wien. Geboren am 9. September 1873 in Baden bei Wien als Max Goldmann (einen Namen, den er in Zeiten aufkommender antisemitischer Strömungen zugunsten von Reinhardt bis 1904 offiziell ablegt) nimmt der Theaterbegeisterte neben einer Banklehre Schauspielunterricht und debütiert 1890 in Wien.
Nach kleineren Engagements in Österreich reüssiert Reinhardt zunächst als Schauspieler am Deutschen Theater in Berlin, bevor er 1905 dessen Leitung übernimmt - Grundstock für einen wahren Theaterkonzern des Impresarios. Zuvor hatte er bereits 1901 als Mitbegründer das Künstlerkabarett "Schall und Rauch" aus der Taufe gehoben, das später zum "Kleinen Theater" mutierte. 1903 übernahm er offiziell die Leitung der Bühne und des "Neuen Theaters", dem heutigen Berliner Ensemble.
1915 bis 1918 führt Reinhardt die Berliner Volksbühne, bevor er nach dem Ersten Weltkrieg das Große Schauspielhaus Am Zirkus gegenüber dem Theater am Schiffbauerdamm übernimmt. Hier etabliert er sich als Meister der gigantischen Bühnenbilder wie etwa dem Wald-Nachbau für Shakespeares "Sommernachtstraum" auf einer Drehbühne. Das Massenspektakel wird so zu einem Kennzeichen, wenn nicht Synonym des Umtriebigen, der bereits 1911 am damals noch als Zirkus Schumann firmierenden Standort Hugo von Hofmannsthals "Jedermann" zur Weltpremiere gebracht hatte und zur gleichen Zeit die Uraufführung von Strauss' "Rosenkavalier" in Dresden gestaltete.
Parallel zum Aufschwung in Berlin hatte Reinhardt 1918 das Salzburger Schloss Leopoldskron erworben, das er bis zur Enteignung durch die Nazis 1938 zum Künstlertreff ausbaute. 1920 wird er in der Salzach-Stadt zum Mitbegründer der Festspiele und etabliert damit Salzburg dauerhaft auf der künstlerischen Weltkarte.
Die Direktion seiner Berliner Bühnen indes gab Reinhardt 1922 auf - um sie 1924 angesichts schwindender Besucherzahlen unter seinen Nachfolgern erneut zu übernehmen. Im gleichen Jahr wird in Wien das Theater in der Josefstadt wiedereröffnet - ebenfalls unter Direktion von Reinhardt. 1928 dann eröffnet Reinhardt das Berliner Theater und in Wien das noch heute als Kaderschmiede der Bühnenkunst geltende Max-Reinhardt-Seminar.
In den 30ern jedoch sieht sich der jüdischstämmige Theatermagnat mit der vehementen Ablehnung der Nazis konfrontiert, die ihm 1933 noch eine "Ehren-Arierschaft" angeboten hatten, was Reinhardt ablehnte. Er siedelte nach der Machtübernahme ganz nach Österreich über, wo er 1935 in zweiter Ehe die Schauspielerin Helene Thimig ehelichte. Doch auch Salzburg bot Reinhardt angesichts der nahenden Gefahr keine dauerhafte Bleibe, und so emigrierte Reinhardt 1937 über Paris in die USA, wo er in Hollywood den Max Reinhardt Workshop for Stage, Screen and Radio gründete. Richtig Fuß fasste Reinhardt in den Staaten jedoch nie. Am 30. Oktober 1943 verstarb der Genius in New York an den Folgen eines Schlaganfalls.
"Ich glaube an die Unsterblichkeit des Theaters. Es ist der seligste Schlupfwinkel für diejenigen, die ihre Kindheit heimlich in die Tasche gesteckt und sich damit auf und davon gemacht haben, um bis an ihr Lebensende weiter zu spielen", hatte Reinhardt in seiner posthum veröffentlichten "Rede über den Schauspieler" postuliert. Aus dieser Attitüde heraus prägte Reinhardt ein Verständnis von Theater, das noch heute seine Wirkmächtigkeit entfaltet.
Entsprechend umfassend gewürdigt wird dieses Œuvre nun aus Anlass des nahenden Jubiläums. Die mutmaßlich avantgardistischste Ehrung ist die virtuelle Rekonstruktion der berühmten Faust-Stadt der Salzburger Festspiele in Kooperation mit dem Ars Electronica Futurelab, in der Kunstfreunde mit VR-Brille direkt auf der Bühne der Felsenreitschule eine Rekonstruktion der Faust-Stadt betreten können, um die letzte große Salzburger Regie des Meisters nachzuvollziehen.
Noch ganz analog ist weiterhin zu erleben die dreiteilige Ausstellung "Annäherungen an Faust" über Reinhardts Inszenierung, die im April eröffnet wurde. Noch bis 31. Oktober ist das Triptychon im Karl-Böhm-Saal der Festspiele, auf der Edmundsburg und auf Schloss Leopoldskron zu erleben. Nach Leopoldskron hatten die Festspiele auch im Juli im Rahmen des Festes zur Festspieleröffnung zu einem "Fest für Max Reinhardt" geladen, während im Mai hier ein Symposium zur "Faust"-Inszenierung abgehalten wurde.
Ö1 startet am Sonntag (3. September) die Feierlichkeiten mit einem "Kunstradio", bei dem Studierende des Max-Reinhardt-Seminars gemeinsam mit Autorin Paula Dorten das Hörspiel "Der Ernstfall" vorstellen. In den folgenden Tagen bis 9. September schließen sich hier "Gedanken für den Tag" an - die von Helga Rabl-Stadler, Ex-Präsidentin der Salzburger Festspiele, unter dem Motto "Max Reinhardt, der Theatermagier" kommen. Und von 4. bis 8. September nähert sich Theaterwissenschafterin Hilde Haider-Pregler im Format "Betrifft: Geschichte" dem Aspekt "Dem Schauspieler gehört das Theater". Am Tag nach dem Geburtstag läutet man schließlich den Sonntag mit "Lebenskunst – Begegnungen am Sonntagmorgen" ein, bei dem Sunnyi Melles aus Reinhardts "Rede über den Schauspieler" liest.
Auch das Fernsehen lässt das Jubiläum nicht ungeschaut an sich vorüberziehen. So zeigt ORF 2 am Sonntag (3. September) das neu entstandene Porträt "Max Reinhardt – Ein Leben als Inszenierung". Hierbei schlägt Werner Horvath einen großen Bogen über das Leben und das Wirken des besessenen Künstlers.
Zusammenfassung
- Es ist ein bunter Strauß aus Feierlichkeiten, der den Betroffenen mutmaßlich gefreut hätte: Am 9. September jährt sich der Geburtstag des 1943 verstorbenen Theatergenius Max Reinhardt zum 150. Mal.
- Der ORF zündet ein ganzes Feuerwerk zum Jubiläum, und auch bei den Salzburger Festspielen lässt man sich nicht lumpen.
- Im gleichen Jahr wird in Wien das Theater in der Josefstadt wiedereröffnet - ebenfalls unter Direktion von Reinhardt.