APA/APA (Smart Austria)/Edith Ruthner

"Smart Austria" als "solidarisches Dach" für Künstler

Spätestens seit der Studie zur sozialen Lage der Kulturschaffenden ist die prekäre Situation heimischer Künstlerinnen und Künstler bekannt. Gerade in der Coronakrise hat sich die Situation für viele noch zugespitzt. Für Mitglieder der Genossenschaft "Smart Austria" war es da eine große Erleichterung, über Anstellungen zu verfügen, die selbst im freischaffenden Bereich Kurzarbeit ermöglichten, wie Geschäftsführerin Sabine Kock im APA-Gespräch erklärte.

Das Modell von "Smart Austria" - gegründet im Jahr 2015 - stammt ursprünglich aus Belgien: "Selbstständige bringen Honorartätigkeiten unter das solidarische Dach der Kooperative ein und können diese in eine Anstellung transformieren", erklärt Kock das Prinzip. Dadurch würden sowohl Versicherungszeiten als auch Ansprüche auf Arbeitslosengeld generiert. Der einmalige Genossenschaftsbeitrag beläuft sich auf 50 Euro, einbehalten werden 7,5 Prozent der eingebrachten Netto-Summe eines Auftrags. So könne die Arbeitsleistung der Genossenschaft erhalten werden, was allerdings noch nicht ganz kostendeckend funktioniere. Jegliche Gewinne würden jedenfalls nicht entnommen, sondern in den Ausbau der Services reinvestiert.

Die Künstler - vor allem aus dem darstellenden Bereich, aber auch Musiker oder Übersetzer - kämen meistens für die Dauer eines Projekts unter das "Smart Austria"-Dach. Die Dauer variiere dabei stark und reiche vom einzelnen Workshop bis zur Tournee einer Band, von mehrwöchigen Theaterprojekten bis zur mehrmonatigen Tätigkeit auf der Documenta in Kassel.

"Auch unabhängig von Covid bemerken wir in den vergangenen Jahren ein zunehmendes Sicherheitsbedürfnis", weiß Kock. So seien auch renommierte Vertreterinnen und Vertreter etwa der Tanz-Szene immer wieder mit "Stehzeiten" konfrontiert, die Einzahlungen in die Sozialversicherung für Selbstständige würden dadurch oft nicht für diverse Ansprüche reichen. Das führe etwa zu immens geringen Pensionsansprüchen. "Das ist selbst bei einer sehr geringen Anstellung besser", unterstreicht Kock. So gebe es etwa Musiker, die die Auftritte seit drei Jahren in die Genossenschaft einbringen und dadurch durchgehend - wenn auch auf niedrigem Niveau - angestellt seien. "Dadurch haben sie Reserven, wenn sie einmal keine Auftritte haben."

Die Genossenschaft fungiert gegenüber den Veranstaltern dann als Auftragnehmerin, was im vergangenen Jahr durch die Pandemie durchaus risikoreich war. Schließlich gebe es eine Ausfallshaftung gegenüber den Künstlern, die im vergangenen Jahr allein im März annähernd 100.000 Euro betrug. Die Folge waren zahlreiche Verhandlungen mit Veranstaltern, die dann oft doch auch bei pandemiebedingt abgesagten oder verschobenen Veranstaltungen Honorare zumindest teilweise ausbezahlten, andere verlagerten Veranstaltungen in Online-Formate. Dadurch konnten in Summe die faktischen Haftungen bis zum Jahresende 2020 letztlich klein gehalten werden. Seit dem vergangenen Sommer gibt es bei jedem neuen Vertragsabschluss eine Covid-Klausel, die ganz genau regle, was bei einer Absage ausbezahlt werde.

Den Veranstaltungsschutzschirm kann "Smart Austria" nicht in Anspruch nehmen, da die Genossenschaft ja nicht als Veranstalterin auftritt. Vielmehr gelte man als Zulieferer, zudem seien viele Gelder etwa vom AMS geflossen, da rund die Hälfte der aktiven Künstler mit "Smart" in Kurzarbeit gehen konnte. Insgesamt hat "Smart Austria" über 1200 "Userinnen und User", die Mitgliederzahl der Coop sei allerdings viel geringer. "Nicht alle, die kommen, müssen gleich Mitglied werden. Das greift erst beim zweiten Mal", erklärt Kock.

Während der Pandemie habe man "den Shutdown des Kultursektors auch in Einbrüchen der Zahl neuer Interessierter und möglicher Projekte" erfahren. Das sei aber wesentlich an den Rahmenbedingungen und mangelnden Aufträgen gelegen. In den vergangenen Monaten hat man in öffentlichen Online-Workshops zahlreiche Hilfesuchende durch den "Antragsdschungel" geleitet. Generell sei das Hilfsangebot in Österreich für (selbstständige) Kunstschaffende und Kreative im Vergleich zu anderen Ländern gut, doch kritisiert Kock mangelnde Langfristigkeit und Kleinteiligkeit der Maßnahmen der Bundesregierung. Als Pandemie begann, hatte "Smart" gerade 50 Angestellte. "Wir haben mit jedem, mit jeder Userin individuell versucht herauszufinden, was die beste Option ist, die Hälfte war für die Kurzarbeit antragsberechtigt. "

Überhaupt ist Beratung und Weitergabe von Know How eine wesentliche Säule von "Smart Austria". Und mit jedem neuen Mitglied komme neue Expertise dazu. "Spannend war auch, dass viele Künstler in der Krise ihr Portfolio erweitert haben und auch Aufträge außerhalb ihres bisherigen Wirkungsbereichs aufgenommen haben", erzählt Kock. "Auch wir haben in der Krise für uns die Implikation gehabt, künftig über eine stärkere Risikostreuung zu verfügen", weshalb man die Genossenschaft nun auch vermehrt auf die Bereiche IT und Wissenschaft sowie freies Gewerbe ausweiten wolle. Beitreten könne man "Smart Austria" auch während der Coronakrise, sofern man über Aufträge verfügt. "Was jeder machen kann, ist bei einer unserer Info-Sessions vorbeizuschauen. Da können wir jeden Fall individuell prüfen."

(S E R V I C E - Genossenschaft "Smart Austria": https://www.smart-at.org/)

ribbon Zusammenfassung
  • Spätestens seit der Studie zur sozialen Lage der Kulturschaffenden ist die prekäre Situation heimischer Künstlerinnen und Künstler bekannt.
  • Für Mitglieder der Genossenschaft "Smart Austria" war es da eine große Erleichterung, über Anstellungen zu verfügen, die selbst im freischaffenden Bereich Kurzarbeit ermöglichten, wie Geschäftsführerin Sabine Kock im APA-Gespräch erklärte.
  • "Dadurch haben sie Reserven, wenn sie einmal keine Auftritte haben."