Secession: Von der Plastikflasche über Gestein zum Meteor
Während sich die in Brüssel lebende Salzburgerin Aglaia Konrad in der Galerie im Untergeschoß mit "Autofictions in Stone" in Installationen und zwei Filmen dem titelgebenden Material widmet, nimmt die brasilianische Filmemacherin Ana Vaz mit "Meteoro" im ersten Stock im Grafischen Kabinett europäische Städte in den Fokus, die auf ihren Untergang zurasen. Alle drei Ausstellungen verbinden sich durch ihren starken Fokus auf Orte und Material. Wobei sich Okumura als Prämisse für seine dreiteilige Schau zunächst dem Problem des Ungleichgewichts widmet: Dass der große Hauptraum schlicht Hauptraum heißt, lasse "eine unliebsame Hierarchie unter den Ausstellungsräumen entstehen", wie er am Donnerstag bei der Presseführung erläuterte.
Also hat er den "Playground" jenen Menschen für eine äußerst ungewöhnliche Gruppenausstellung überlassen, die sich hier die meiste Zeit aufhalten: den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Secession aus den Bereichen Reinigung, Kunstvermittlung, Sicherheit und Ausstellungsaufbau, die im Vorfeld an einer Reihe von Workshops teilnahmen. Hier führte er sie "in eine zufallsorientierte, von Neugier getriebene, spielähnliche Methode ein, Kunst zu machen", wie es im Begleittext heißt. Ergebnisse sind neben den Wasserflaschen und der umgekippten Spiegelkonstruktion etwa eine Installation aus Secessionsabsperrbändern, an Säulen gebundene Reinigungsmaschinen oder fein säuberlich in Plastiksäckchen verstaute Zigarettenstummel. Bei ihnen angekommen, hat man schließlich jene beiden Videos im Rücken, deren Ton den Raum beschallt.
Künstler fordert zu Umbenennung des Hauptraums auf
Der Screen befindet sich auf einer vom Eingang abgewandten Wand und zeigt die sich ebenfalls mit dem Raum auseinandersetzenden Arbeiten "Wilhelm as Hauptraum" und "Secession's Hive Mind(s)". Für ersteren Streifen hat sich der Künstler mit dem ehemaligen Leiter des Aufbauteams der Secession, Wilhelm Montibeller getroffen, der sich vor einem leeren Modell des Hauptraums an vergangene Ausstellungen erinnert, wobei sich die Kamera auf seine Hände konzentriert, die damals gezeigte Werke nachformen. Für "Secession's Hive Mind(s)" hat Okumura den Vorstand der Secession gebeten, über eine mögliche Umbenennung des Hauptraums zu diskutieren. Während die Stimme der Pressemitarbeiterin Ramona Heinlein zu hören ist, die die Debatte auf Basis einer deutschen Mitschrift in ihren eigenen Worten ins Englische übersetzt, zeigt Okumura in Anlehnung an den Begriff der "Schwarmintelligenz" die Bienen auf dem Dach der Secession.
Biografische Steine und umgekehrte Ethnografie
Auch Aglaia Konrad hat einen ungewöhnlichen Zugang gewählt, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. So betritt man ihre Ausstellung "Autofictions in Stone" nicht wie üblich aus dem kleinen Foyer im Untergeschoß, sondern über den Veranstaltungsraum, wodurch die Besucher sofort im hinteren, lang gezogenen Raum starten, der von allen Verbauungen befreit wurde und nun durch die Oberlichten die Sonne hereinlässt. Der Parcours führt vorbei an von der Künstlerin an unterschiedlichsten Orten gesammelten Gesteinsbrocken, die um riesige Glasfenster eines Bürokomplexes in Brüssel angeordnet sind.
Sie setze sich in ihrer Arbeit mit architektonischen Abbruchszenarien auseinander, um "das skulpturale Potenzial der Rückbaukristalle hervorzuheben", wie die Künstlerin erklärte. Durch die künstlerische Verwendung der Materialien vollziehe sie eine "Umwidmung" des Materials. Ebenfalls zu sehen sind mit "Il Cretto" und "Concrete & Samples III, Carrara", zwei in Italien gedrehte Filme, die sich auch mit Gesteinsabbau, Abbruch und Neuanfang auseinandersetzen.
Von irdischem Gestein zum metaphorischen Meteoriten geht es im ersten Stock, wo Ana Vaz für das filmische Gedicht "Meteoro" zwei Leinwände in einem 90-Grad-Winkel aufgestellt hat. Anhand von Paris und Porto schaut sie in verrätselten Schwarz-Weiß-Sequenzen "auf Europa, wie Ethnografen sonst auf andere Länder schauen", erläuterte die Brasilianerin ihr Projekt. Eine "dritte Leinwand" bildet die Fensterreihe, die den Blick in Richtung Innere Stadt freigibt und so eine ästhetische Achse zu den gezeigten Filmen bildet.
(S E R V I C E - "Yuki Okumura | Aglaia Konrad | Ana Vaz" in der Secession, 8. März bis 18. Mai. www.secession.at)
Zusammenfassung
- Der japanische Künstler Yuki Okumura präsentiert in der Wiener Secession die Ausstellung 'Big White Empty Playground', die sich mit Hierarchien in Ausstellungsräumen auseinandersetzt und das Personal der Secession in die Kunstschaffung einbindet.
- Aglaia Konrad zeigt mit 'Autofictions in Stone' Installationen und Filme, die architektonische Abbruchszenarien und Materialumwidmungen thematisieren, während Ana Vaz in 'Meteoro' europäische Städte in Schwarz-Weiß-Sequenzen darstellt.
- Die drei Ausstellungen sind vom 8. März bis 18. Mai in der Secession zu sehen und teilen einen starken Fokus auf Orte und Materialien.