Schlagerstar Patrick Lindner feiert seinen 60. Geburtstag
Dass er nicht feiern kann, ist für ihn nicht das größte Problem an der derzeitigen Situation. "Am schwersten ist es eigentlich, dass man sich nicht in den Arm nehmen darf, dass man sich nicht mal drücken darf." Er sieht da jetzt schon eine dauerhafte Veränderung der Gesellschaft, die ihm nicht gefällt.
"Es galt ja immer als Zeichen der Höflichkeit, sich zur Begrüßung die Hand zu geben. Inzwischen macht man das ja nicht mehr und man merkt schon, dass das in die Menschen eingedrungen ist. Ich finde das sehr schade", sagt Lindner. "Auch dass man durch diesen Mundschutz keinen Gesichtsausdruck mehr sieht. Man kann nichts mehr erkennen und das ist etwas, das ich schon wahnsinnig bedauerlich finde."
Denn Emotionen sind es, die ganz zentral sind für Lindners inzwischen schon drei Jahrzehnte andauernde Karriere. Seinen Durchbruch hatte er, der vorher als Koch im Nobelhotel Bayerischer Hof gearbeitet hatte, als er 1989 den zweiten Platz beim Grand Prix der Volksmusik belegte - mit seinem Lied "Die kloane Tür zum Paradies". Weitere Hits des gebürtiges Münchners tragen Titel wie "Die Stimme des Herzens" oder "Gefühl ist eine Achterbahn".
Als "eine Achterbahnfahrt" bezeichnet er im dpa-Interview auch das, was er Ende des vergangenen Jahrtausends erlebte. Damals machte er seine Homosexualität öffentlich. "Mein öffentliches Outing damals war ja ein Zwangsouting, kann man sagen", sagt Lindner heute. "Es ist ganz klar so, dass ich in eine Musikwelt damals hineingewachsen war, die sehr konservativ war und heute auch noch ist. Ich habe mich der Situation gestellt, was nicht einfach war vor 20 Jahren. Aus einer konservativen Ecke kommend musste ich mich erstmal so ein bisschen freischwimmen."
Finanziell sei es damals erstmal bergab gegangen. "Es war schon beruflich nicht ganz einfach und eine Achterbahnfahrt. Man kann den Schaden, den das Outing damals verursacht hat, nicht beziffern, aber man hat es schon gemerkt. Da gab es schon Leute, die dann die nächste CD nicht mehr gekauft haben." Doch Lindner gab nicht auf. "Es war eine tolle Erfahrung, dass ich mir das Vertrauen der Menschen wieder zurückerobern konnte. Es wurde dann so ein bisschen offener, das Ganze."
Den eher konservativen Themen seiner Lieder ist Lindner dennoch treu geblieben. "Ich bin jetzt kein Mensch, der anfangen könnte, sozialkritische Texte zu singen", sagte er vor einiger Zeit. "Das war noch nie mein Ding, obwohl ich Udo Jürgens immer sehr geschätzt habe und schätze. Aber ich bin jemand, der immer eher der Seelentröster war und die Leute auf die Sonnenseite gehoben hat."
Lindner sieht sich als Bindeglied zwischen homosexueller Community und eher konservativer Hörerschaft. Inzwischen ist er schon seit Jahren mit seinem Lebensgefährten Peter Schäfer liiert. Außerdem gründete er eine Stiftung für queere Kinder und möchte Coming-out-Hilfe leisten.
Anfeindungen erlebe er selbst nicht. "Klar ist es in den sozialen Medien so, dass die Leute da alles rauslassen, weil es anonym ist. Das ist ja eigentlich total feige. Ich bin von solchem Hass sehr verschont geblieben. So wie manch andere, die in der Öffentlichkeit stehen, kriege ich es nicht ab", sagt Lindner. "Natürlich merkt man inzwischen, dass die Gesellschaft wieder in eine andere Richtung geht, dass es wieder mehr Homophobie gibt. Aber mich persönlich hat das bislang überhaupt nicht getroffen. Aber ich bin auch nicht der Mensch, der mit der Fahne voraus rennt und ganz offensiv ist. Ich kriege das dann nicht so ab."
Zu seinem Geburtstag hat Lindner sich und seinen Fans ein neues Album geschenkt - ein Best-Of-Album mit dem Titel "Ich feier die Zeit". Die neue Single daraus heißt "Ich will, dass Du glücklich bist." "Gerade in der jetzigen Zeit wäre es ganz wichtig, die Leute wieder in die schöne Welt zu führen", sagt Lindner, der Seelentröster.
Zusammenfassung
- "Somit wäre der 60. jetzt schon wieder dran gewesen."
- Aber, wie so oft in diesem Jahr, kam Corona dazwischen.
- Inzwischen macht man das ja nicht mehr und man merkt schon, dass das in die Menschen eingedrungen ist.
- Man kann nichts mehr erkennen und das ist etwas, das ich schon wahnsinnig bedauerlich finde."
- Denn Emotionen sind es, die ganz zentral sind für Lindners inzwischen schon drei Jahrzehnte andauernde Karriere.
- Das ist ja eigentlich total feige.