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Rufe nach Vertrauensstelle gegen Machtmissbrauch in Medien

Österreichs Medienunternehmen sind keine Räume, die frei von Sexismus, Diskriminierung und Belästigung sind. Das muss sich ändern - so die Forderung des Frauennetzwerks Medien. Es brauche deshalb eine dezidierte Vertrauensstelle für Medienschaffende, die bis dato schmerzlich fehle. Hinter diesem Projekt versammelten sich am Freitag zahlreiche Proponentinnen und Proponenten aus der Branche. Wo solch eine Stelle angesiedelt und wie sie finanziert werden könnte, ist indes offen.

"Ich wusste damals nicht, wohin ich mich wenden kann", betonte Raphaela Scharf. Die heutige Krone-TV-Moderatorin zog wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigung gegen Verleger Wolfgang Fellner vor Gericht und engagiert sich heute unter anderem mit Empowermentworkshops in der Unterstützung betroffener Frauen. "Die Frauen haben Angst vor Konsequenzen, denn die Medienbranche in Österreich ist sehr klein", so Scharf. Sie selbst habe einst in der Gleichbehandlungsanwaltschaft Hilfe gefunden, dennoch sei eine dezidierte Anlaufstelle für die Medien wie in Deutschland höchst notwendig.

Ambivalent in dieser Frage zeigte sich Sandra Konstatzky von der Gleichbehandlungsanwaltschaft. Sie sei nicht generell gegen neue Anlaufstellen, zugleich müsse man darauf achten, das Feld nicht zu sehr zu zersplittern. Gerade in der Medienbranche sei die Macht allerdings immer noch in wenigen Händen konzentriert, was Machtmissbrauch begünstige. Jedenfalls gelte es zu betonen: "Wir sind in Österreich eigentlich Vorreiterinnen." Schließlich gebe es seit 1992 ein Gesetz gegen Belästigung am Arbeitsplatz. Rechtliche Lücken gebe es aber noch im Bereich der Freiwilligenarbeit. Das fehlende Klagsrecht der Gleichbehandlungsanwaltschaft selbst oder Klagsfonds, mit denen Betroffene Gegenklagen initiieren könnten, seien weitere Punkte.

"Wir sehen eine unabhängige Anlaufstelle als gute Ergänzung", betonte Julia Ilger von der Gewerkschaft GPA. Die Rolle respektive das Vorhandensein von Betriebsräten in den Unternehmen sei zugleich nicht zu unterschätzen.

"Das Problem ist groß - und gerade weil es um Presse- und Meinungsfreiheit geht, ist es notwendig, hier genau hinzuschauen", pflichtete Caroline Kerschbaumer, Geschäftsführerin des Vereins ZARA (Zivilcourage & Anti-Rassismus-Arbeit), bei. Das betreffe nicht zuletzt den Hass im Netz. Die gesetzlichen Grundlagen seien zwar vorhanden, den Betroffenen müsse aber klar sein, wohin man sich im Anlassfall wenden könne, um die eigenen Rechte wahrnehmen zu können. Wichtiger als die Frage, wo eine potenzielle Vertrauensstelle angesiedelt werden könne, sei jene nach der finanziellen Ausstattung, mit der neben Beratung auch Präventionsarbeit und Bewusstseinsbildung ermöglicht werden müsse.

Die Konzeptionsphase und Datenerhebung müsse am Beginn einer etwaigen neuen Institution stehen, unterstrich auch Sophie Rendl von VERA, der neuen Vertrauensstelle für die Bereiche Kultur und Sport. Diese hätten durchaus Parallelen zum Bereich Medien: "Es gibt in manchen Branchen begünstigende Bedingungen." Das reiche von steilen Hierarchien über tradierte Verhaltensweisen wie auch die kleine Dimension der Branche.

"Ich glaube, dass schon die bloße Existenz einer solchen Anlaufstelle wichtig wäre", unterstrich schließlich auch Walter Strobl vom Rechtsdienst Journalismus beim Presseclub Concordia. Den Betroffenen würde der Rücken gestärkt und möglichen Tätern die Grenzen aufgezeigt.

ribbon Zusammenfassung
  • Österreichs Medienunternehmen sind keine Räume, die frei von Sexismus, Diskriminierung und Belästigung sind.
  • Das muss sich ändern - so die Forderung des Frauennetzwerks Medien.
  • Es brauche deshalb eine dezidierte Vertrauensstelle für Medienschaffende, die bis dato schmerzlich fehle.
  • Schließlich gebe es seit 1992 ein Gesetz gegen Belästigung am Arbeitsplatz.
  • Rechtliche Lücken gebe es aber noch im Bereich der Freiwilligenarbeit.