Rolling Stones auf Album "Hackney Diamonds" in guter Form
Die Reise durch das bunte, abwechslungsreiche Album (bei den Stones ist das immer noch eine sinnmachende Kunstform) beginnt mit der hinlänglich bekannten ersten Auskopplung "Angry". Nach diesem flotten Rocksong nimmt sich die Band beim nachfolgenden "Get Close" etwas zurück, aber der tolle Beat von Neo-Drummer Steve Jordan groovt das sich zur Hymne steigernde Lied mit Saxofonsolo wunderbar ein, dazu klimpert Elton John am Piano und Mick Jagger singt, als wäre er gerade 20 geworden.
Zarte Countrygitarren leiten "Depending On You" ein, bleiben bei dieser Popballade aber im Hintergrund. "I'm too old to die and too old to live", singt Jagger. Aber lamentiert wird nicht: Kaum ist "Bite My Head Off" eingezählt, fetzen die Herrschaften, unterstützt von Paul McCartney, durch einen Partykracher, der so manchen Newcomer alt aussehen lässt. "Come on, Paul, lass uns den Bass hören!", fordert Jagger den Ex-Beatle auf, der sich für ein Solo nicht zweimal bitten lässt. Dazu noch messerscharfe Gitarren: Produzent Andrew Watt spricht sogar vom "Punk Song" des Albums.
Schöne Riffs, sich selbst zitierend, aber keineswegs verklärt liefern Keith Richards und Ron Wood ab. So auch zu "Whole Wide World", einer Up-Lifting-Hymne mit melodischem Chorus, torpediert von aggressiven Gitarrenklängen. Es folgt programmgemäß eine schleppende Countrynummer, "Dreamy Sky", schön rührselig, klassisch Stones, das Herz blutet.
Neben dem Gastspiel von Paul McCartney sind "Mess It Up" und "Live By The Sword" wohl die am meisten mit Spannung erwarteten Songs, schwang bei beiden doch der verstorbene Charlie Watts die Drumsticks. "Mess It Up", ein Rocksong mit Ohrwurm-Disco-Refrain a la "Miss You" wie ihn nur die Stones hervorbringen können, dokumentiert noch einmal eindrucksvoll, wie Watts das rhythmische Fundament der Band bildete.
Damit nicht genug: Auf dem herrlich altmodischen Rhythm-and-Blues-Track "Live By The Sword" erlebt man eine nicht mehr zu erwarten gewesene Reunion mit Bassist Bill Wyman und damit die klassische Rhythmussektion der Stones. Wenn dann noch Elton John ganz im Stil des 1985 verstorbenen Bandgründers Ian Stewart ein lässiges Boogie-Piano einstreut und das Duo Richards/Wood die Bluesgitarren röhren lässt, steht die Zeit still.
Da darf "Driving Me Too Hard" ein wenig dahinplätschern, Jaggers fantastischer Gesang veredelt ohnehin auch die weniger starken Momente. Apropos Gesang: Keith Richards übernimmt diesen bei "Tell Me Straight", einer introspektiven Ballade für die blaue Stunde. Mit der zweiten Single "Sweet Sounds Of Heaven" geht es ins soulige Finale: Jagger und Lady Gaga steigern sich im Duett, Stevie Wonder drückt die Tasten - und das alles mit viel Eleganz und Gefühl. Was noch fehlt? Ein Ausflug in die ganz frühen Tage. Der erfolgt mit dem abschließenden, erdigen "Rolling Stone Blues" (Jagger an der Harp).
"Hackney Diamonds" mit den frühen Albenklassikern zu vergleichen, wäre vermessen. Aber dass die Briten rund 60 Jahre nach ihrer Gründung und 18 Jahre nach dem eher lauwarmen "A Bigger Bang" ein solches Album produzieren und man sich schon nach drei Durchgängen festzulegen vermag, dass es nicht zu ihren schlechtesten gehört, verdient Anerkennung. Mehr noch: Sollte "Hackney Diamonds" das letzten Album der Band sein, wäre es ein sehr würdiger Abschluss.
(S E R V I C E - https://rollingstones.com)
Zusammenfassung
- Auf ihrer vergangenen Tour haben sich The Rolling Stones in bestechender Form gezeigt.
- Ob sie diese Qualität ins Studio transportiert haben, können Fans ab 20. Oktober beurteilen.
- Dann erscheint "Hackney Diamonds", das erste Album der Band mit eigenen Songs seit 2005.
- ", fordert Jagger den Ex-Beatle auf, der sich für ein Solo nicht zweimal bitten lässt.
- Dazu noch messerscharfe Gitarren: Produzent Andrew Watt spricht sogar vom "Punk Song" des Albums.