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"Riefenstahl": Die (Lebens-)Lügen einer Regielegende

Leni Riefenstahl grinst, ihre blond gefärbten Locken perfekt eingedreht sitzt sie 1976 in einer Talkshow. "Da müssen Sie mich verwechseln", sagt sie zu einer Zeitzeugin, die sie auf den menschenverachtenden Charakter ihrer Filme anspricht. Die Starregisseurin, die für Hitler Filme wie "Triumph des Willens" oder "Olympia" drehte, gab sich als naive Künstlerin, die nur ihre Aufträge erfüllt habe. Dies zeigt ab Donnerstag auch der Dokumentarfilm "Riefenstahl" im Kino.

"Riefenstahl" ist ein Film von Andres Veiel, der sich mit dem Werk anhand von Riefenstahls aus 700 Kisten bestehendem Nachlass sowie ihrem Verhältnis zum Naziregime auseinandersetzt. Der Regisseur erzählt aber auch aus der Biografie der Filmemacherin.

Entstanden ist ein so finsteres wie faszinierendes Werk über eine Frau, die zu manipulieren wusste. Immer wieder zeigt der Film Szenen, die nahelegen: Riefenstahl hat ihre Tätigkeit für das NS-Regime wohl nicht bereut. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie als Mitläuferin klassifiziert, sie selbst betonte immer wieder, sie sei unpolitisch gewesen.

Die Recherchen im Nachlass hätten ein anderes Bild ergeben, sagt Regisseur Veiel. "Wir sind auf den Hinweis eines Interviews des "Daily Express" mit Riefenstahl aus dem Jahr 1934 gestoßen, das eigentliche Interview fehlte", erzählt er. "Wir haben es uns dann aus dem Archiv der Zeitung kommen lassen. Darin bekennt Riefenstahl, sie habe 1932 Hitlers "Mein Kampf" gelesen und sei schon nach der Lektüre der ersten Seiten eine begeisterte Nationalsozialistin geworden."

Warum sie das Interview aus ihrem Nachlass entfernte? "So ein Dokument hätte ihre mühevoll aufgebaute Legende einer "Unpolitischen" mit einem Schlag eingerissen", sagt Veiel. In "Riefenstahl" zeigt er Interviewausschnitte ebenso wie private Fotos, aufgenommene private Telefonate oder Zitate aus persönlichen Aufzeichnungen.

Dabei ist den Machern bewusst, dass Riefenstahl die wirklich brisanten Hinweise aus ihrem Nachlass nicht der Nachwelt hinterlassen haben dürfte. "Wir wissen, dass sie Teile des Beweismaterials aus ihrem Nachlass vernichtet hat", sagte Sandra Maischberger, die als Produzentin des Dokumentarfilms fungierte: "Aber ich war überrascht, wie viele Dinge sie hinterlassen hat."

Was ihre Filmkunst angeht, hat Riefenstahl viele Bewunderer. "Jodie Foster, Rammstein und viele andere näherten sich der Künstlerin, ohne sich allzu lange mit ihrer politischen und historischen Verstrickung aufhalten zu wollen", sagt Maischberger. Und zitierte eine Aussage von Regisseur Quentin Tarantino, der einmal meinte, Riefenstahl sei "die beste Regisseurin, die jemals lebte" gewesen.

Andere bewunderten sie nicht nur wegen ihrer Filmarbeit. Besonders bedrückend sei es gewesen, die Tonbänder von Anrufen anzuhören, die Riefenstahl nach der Ausstrahlung der eingangs erwähnten Talkshow im Jahr 1976 bekommen habe, sagte Maischberger.

Sie war damals in der WDR-Talkshow "Je später der Abend" zu Gast, muss sich kritischen Nachfragen stellen. "Ich habe damals nicht voraussehen können – und viele Millionen andere auch nicht -, was einmal geschehen würde", sagt sie. "Ich habe es nicht gewusst." Nach der Talkshow bekommt sie Hunderte bekräftigende Zuschriften. Ein paar davon werden in der Doku vorgelesen. "Wie Sie inzwischen selbst erfahren haben, steht der Großteil der BRD auf Ihrer Seite", heißt es darin etwa.

"Riefenstahl" bietet keine schockierenden Enthüllungen, ist eher als Zeugnis und Mahnung im aktuellen politischen Klima zu verstehen. "Antisemitische Ressentiments erleben gerade eine wuchtige Wiederkehr, verbunden mit der Sehnsucht nach einem Nationalstaat, in dem vermeintlich früher alles besser, geordneter und sicherer war", sagt Veiel. "Auch in diesem Kontext zitieren wir Leni Riefenstahl. Noch zu Lebzeiten hoffte sie, dass das deutsche Volk wieder zu Anstand, Sitte und Moral zurückkehren würde, es habe schließlich die Anlage dazu. Das Zitat hätte auch von prominenten Vertretern der AfD stammen können."

(S E R V I C E - www.filmladen.at/film/riefenstahl/)

ribbon Zusammenfassung
  • Der Dokumentarfilm 'Riefenstahl' von Andres Veiel beleuchtet anhand von 700 Kisten ihres Nachlasses die Verstrickungen der Starregisseurin mit dem Naziregime.
  • Ein gefundenes Interview von 1934 zeigt, dass Riefenstahl eine begeisterte Nationalsozialistin war, obwohl sie sich später als unpolitisch darstellte.
  • Nach einem Talkshow-Auftritt 1976 erhielt Riefenstahl zahlreiche unterstützende Briefe, die ihre umstrittene Position in der Öffentlichkeit widerspiegeln.