Analyse
Oscars 2025: Was Timothée Chalamet mit Estland verbindet
Die Oscars 2025 waren vieles, leicht zu prognostizieren waren sie aber nicht. Von zahlreichen dem Mainstream noch unbekannten Namen bis zu den ersten Academy Awards seit dem Beginn der zweiten Trump-Ära hatte die Show großes Hitpotenzial. Was wird in Erinnerung bleiben?
Gewinner: Sean Baker
Die Dramakomödie "Anora" über eine junge Sexarbeiterin ist der ganz große Gewinner der diesjährigen Oscars. Insgesamt fünf Auszeichnungen erhielt der für nur rund sechs Millionen US-Dollar gemachte Film von Mastermind Sean Baker.
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Baker selbst heimste vier Oscars ein - und schrieb damit Geschichte. Noch nie gewann eine Person vier Auszeichnungen für denselben Film. "Anora" siegte nicht nur in "Bester Film", Baker wurde auch für seine Arbeit als Regisseur, Drehbuchautor und ja, Cutter ausgezeichnet.
Das i-Tüpfelchen der "Anora"-Festspiele war dann noch der Triumph von Mikey Madison als "Beste Hauptdarstellerin". Die erst 25-Jährige setzte sich überraschend, aber nicht unverdient gegen Altmeisterin Demi Moore aus dem Body-Horrorfilm "The Substance" durch.
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Verlierer: "Like a Complete Unknown"
Satte achtmal war das Biopic der US-amerikanischen Musiklegende Bob Dylan nominiert - und blieb ohne einen einzigen Sieg. Somit zählt "Like a Complete Unknown" zu den erfolglosesten Filmen der Oscars-Geschichte.
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Der Negativrekord liegt hierbei aber noch immer bei "Am Wendepunkt" (1977) und "Die Farbe Lila" (1985). Beide wurden in 11 Kategorien nominiert, beide gingen komplett leer aus.
So ging es auch Hauptdarsteller Timothée Chalamet, der gegen Adrien Brody ("Der Brutalist") den Kürzeren zog. Doch sind wir uns ehrlich: Wer einen zitronengelben Lederanzug dermaßen rocken kann, ohne wie ein Charakter aus der "Sesamstraße" auszusehen, der kann nicht verlieren.
Der buttergelbe Timothée Chalamet am roten Teppich.
Gewinner: Die neue Generation
Seit Jahrzehnten dominierte in Hollywood ein Hang zur Nostalgie, gepaart mit mehr Stillstand anstatt Mut zu Neuem. Der Sieg der alteingesessenen Tragikkomödie "Green Book: Eine besondere Freundschaft" (2018) markierte den derartigen Höhepunkt.
Doch spätestens seitdem erlebt die Academy eine Wandlung. Stück für Stück, Jahr für Jahr, wird der wahlberechtigte Kreis größer, vor allem aber internationaler und noch viel wichtiger: diverser. Das zeigt sich auch bei den diesjährigen Auszeichnungen.
Der zweite große Gewinner neben "Anora" war das ambitionierte, über dreieinhalb Stunden lange Filmdrama "Der Brutalist" von Brady Corbet. Neben Brody als "Bester Hauptdarsteller" gewann man auch für "Beste Kamera" und "Beste Filmmusik".
"Der Brutalist" kostete "nur" 10 Mio. Dollar und wurde wie "Anora" erst später von einer größeren Produktionsfirma geschnappt. Auch "The Substance" der Französin Coralie Fargeat war mit 18 Mio. Dollar ein "Schnäppchen" - und gewann für "Bestes Make-up & beste Frisuren".
Zum Vergleich: Der Marvel-Blockbuster "Avengers: Endgame" (2019) soll 356 Mio. Dollar gekostet haben. Die USA müssen sich übrigens auch als Drehort warm anziehen. Nur drei der zehn "Bester Film"-Nominierten wurden in den Staaten gedreht.
Weder noch: Conan O'Brien
US-Präsident Donald Trump, der Ukraine-Krieg und die angespannte Lage in den USA. Alles war für Conan O'Brien angerichtet, um einen denkwürdigen Auftritt als Host hinzulegen. Eine langweilige Sendung war es definitiv nicht, "ausbaufähig" lautet aber wohl das passende Fazit.
O'Brien machte leicht versteckte, kritische Anspielungen auf Trump. So rügte er etwa Kult-Comedian Adam Sandler für sein lausiges Outfit. Eine Anspielung auf den jetzt schon unvergesslichen Besuch vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus.
Die Sketche von O'Brien waren würzig, aber nicht scharf. Großteils konzentrierte man sich doch lieber auf eine semilustige Witzreihe rund um die Sandwürmer aus dem nominierten Sci-Fi-Film "Dune: Part Two".
Das größte Highlight: ein kurzer Clip zu einer Scherzidee namens "Cinemastreams". Eine geschickte Anspielung auf das Kinosterben in den USA. Eine Problematik, die übrigens auch Baker in einer seiner zahlreichen Siegesreden ausdrücklich betonte.
https://twitter.com/ConanOBrien/status/1896376213247287790
Verlierer: Estland
Sie werden sich jetzt sicher fragen, was Estland mit den Oscars 2025 zu tun. Im ersten Moment gar nichts, also so wirklich überhaupt nichts. Keine Nominierungen, definitiv keine Auszeichnungen.
Ganz groß jubeln durfte aber das Nachbarland, Lettland. Landsmann Gints Zilbalodis gewann mit "Flow", ein wortloser und von Tierlauten dominierter Film über eine Katze, in der Kategorie "Bester Animationsfilm". Und das gegen starke Konkurrenz (u.a. "The Wild Robot").
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Für Lettland war es die allererste Oscar-Auszeichnung der Geschichte. Zilbalodis zeigte sich sichtlich bewegt. TV-Host O'Brien nutzte die Gelegenheit, um (gleich mehrere Male!) Estland aufzufordern, dass sie jetzt am Zug wären. Das arme Estland.
Apropos international: Erfolgreich waren auch das brasilianische Filmdrama "I'm Still Here" und der Dokumentarfilm "No Other Land". Die Regisseure von Letzterem, Basel Adra (Palästinenser) und Yuval Abraham (Israeli), sorgten mit ihrer Rede für den politischen Höhepunkt.
Zusammenfassung
- Sean Bakers Film "Anora" war der große Gewinner der Oscars 2025 und erhielt fünf Auszeichnungen, darunter "Bester Film".
- Das Biopic "Like a Complete Unknown" über Bob Dylan war achtmal nominiert, ging jedoch leer aus.
- Der Film "Der Brutalist" von Brady Corbet gewann drei Oscars, darunter "Bester Hauptdarsteller" für Adrien Brody.
- Lettland feierte seinen ersten Oscar-Erfolg mit dem Animationsfilm "Flow" von Gints Zilbalodis.
- Conan O'Brien moderierte die Oscars und machte subtile Anspielungen auf die politische Lage in den USA.