Lärm-Beschwerden gegen Arena Wien: Keiner will's gewesen sein
Ein paar wenige Laute dürften es sein, die der Wiener Kult-Konzert-Location Arena mit ihren Lärm-Beschwerden massive Schwierigkeiten bereiten. Laut sind sie gegenüber dem Amt und in Chat-Gruppen. Bei einem PULS 24 Lokalaugenschein in den "The Marks"-Türmen waren sie hingegen nicht auffindbar.
Im Gegenteil: Die Mehrheit der neuen Anrainer:innen der Arena dürfte mit den Konzerten in unmittelbarer Nachbarschaft gar kein Problem haben. "Unnedig" - also "unnötig" - findet etwa Pensionistin Elisabeth Gilg die Lärm-Beschwerden. Na gut - sie wohnt nicht in dem Gebäude, das der Arena am nächsten ist, die Konzerte hört sie aber trotzdem. "Ich wusste, dass die Arena da ist", sagt die Frau, die im Juni in eines der neuen Gebäude gezogen ist.
Im Übrigen sei ja auch der Hubschrauber-Landeplatz des ÖAMTC in der Nähe und das neue Wohnquartier liegt direkt neben der Autobahnabfahrt der Südosttangente - Österreichs meistbefahrener Straße. Laut ist es also wirklich bei "The Marks". Tagsüber aber nicht wegen der Arena. So ist das eben in einer Stadt, befindet Gilg.
In Chat-Gruppen wird Stimmung gemacht
Lange war die Arena weitestgehend von Industrie umgeben. Erst im Frühjahr wurde das Hochhausquartier "The Marks" bezugsfertig. Die drei Türme in Wien-Landstraße bieten Platz für bis zu 3.000 Menschen. Es gibt einen Spa- und Fitnessbereich, einen Außenpool, Wiens größte Fahrradgarage sowie Kinderspielräume. Der Arena am nächsten ist der Helio Tower, gebaut von der Buwog.
Dort vermutet Gilg auch die, die sich beschweren. Und tatsächlich berichtet eine junge Bewohnerin im Helio Tower von Chat-Gruppen, in denen einige "ältere Bewohner" Stimmung gegen den "Lärm" aus der Arena machen würden. Verständnis habe sie dafür nicht: "Ich höre gar nichts", meint sie.
Das schildern mehrere Bewohner:innen gegenüber PULS 24: Vorm Balkon seien verschließbare Fenster und zu den Wohnungen dann nochmal Fenster. Im geschlossenen Zustand "dichtet das ziemlich gut ab", sagt ein junger Mann, der sich als Leon vorstellt. Dann höre man leise höchstens noch die Bässe. "Ich finde es ziemlich cool", sagt er über die Arena Open-Airs, die er gerne vom Balkon aus beobachtet.
Buwog bewarb Wohnungen mit Arena-Nähe
Vor Fertigstellung bewarb die Buwog ihren Turm sogar noch mit den Entertainment-Möglichkeiten in unmittelbarer Nähe. Gasometer und Arena sind "beide fußläufig erreichbar". Kino- und Konzertabende "sind damit nur wenige Gehminute von zu Hause entfernt", hieß es.
P. G., ein Bewohner, der anonym bleiben möchte, schildert im Gespräch mit PULS 24, dass er bei der Besichtigung der Wohnung auf die Arena hingewiesen wurde. "Für mich war das ein Grund, hinzuziehen", sagt er heute. Er könne spontan zu Konzerten gehen und lade manchmal Freunde ein, um vom Balkon aus den Open-Air-Konzerten zuzusehen. Er habe "direkten Blick auf die Bühne" und "wir genießen das". Die Outdoor-Konzerte hören spätestens um 23 Uhr auf, zeigt er sich über Beschwerden verärgert. "Es sollte jedem bewusst gewesen sein".
Auch Indoor betroffen - erste Absagen
Vor allem, dass jetzt auch noch Indoor-Veranstaltungen der Arena eingeschränkt werden, versteht G. gar nicht: "Die bekommt man nicht mit". "Das mit der Sperrstunde ist ein Blödsinn".
Tatsächlich wandte sich der Obmann des Arena-Trägervereins, Mario Weisch, am Mittwoch an die Medien. Wegen einzelner Beschwerden sei die Sperrstunde bei einigen Veranstaltungen nicht wie beantragt über 2 Uhr hinaus erstreckt worden. Dabei sei es viele Jahre lang möglich gewesen, deutlich länger zu feiern - nämlich am gesamten Gelände. Das beinhaltet das Freigelände und die kleineren Räumlichkeiten.
Letztere stellen laut dem Arena-Obmann insofern ein Problem dar, da etwa die Fenster in diesem Bereich zur Straße hin gerichtet sind. Sie sind alt und bieten nur mehr eingeschränkten Schallschutz.
Würde man die betroffenen Events in die große Halle verlegen, müsste man die Zahl der Besucher:innen einschränken. Zwei Veranstalter hätten aufgrund der Entscheidung der MA 36 (Veranstaltungen) schon abgesagt. So wird etwa "Circus" - Österreichs größte LGBTIQ-Party - am 14. Oktober zum letzten Mal in der Arena stattfinden. Für die Konzert-Location ist das ein finanzielles Desaster.
Die zuständige MA 36 betont auf PULS 24 Anfrage, dass die frühe Sperrstunde lediglich für "laute Musikveranstaltungen" gelte. Die Beschwerden hätten sich seit dem Frühjahr gehäuft und würden vor allem die neuen Wohngebäude betreffen, bestätigt man. Der Stadt Wien sei "die Arena als Institution" aber "wichtig". "Wir sind daher bemüht, mit dem Betreiber Lösungen zu finden", so Abteilungsleiter Dietmar Klose. So könne "die kleine Halle auch über die Sperrzeit hinaus mit leiserer Musik bespielt werden", so sein Vorschlag.
Politik verspricht Unterstützung
Generell betont die Stadtpolitik, sich um die Arena bemühen zu wollen. Aus dem Büro von Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) heißt es auf PULS 24 Anfrage, dass die finanzielle Unterstützung der Stadt Wien im November im Kulturausschuss auf der Tagesordnung stehen würde.
Aus meiner Sicht spräche nichts gegen die besagte Sperrstundenverlängerung, leider habe jedoch nicht ich das zu entscheiden.
Fix scheint zu sein, dass es um die Anschaffung einer zielgerichteteren Sound-Anlage für die Open-Airs gehen soll. Unklar ist, ob auch die Fenster in den kleinen Arena-Räumen renoviert werden können. "Was die Höhe der Summe angeht, wollen wir dem Ausschuss nicht vorgreifen. Alles weitere ist Gegenstand laufender Gespräche", heißt es aus dem Büro von Stadtrat Hanke.
Mehr Sympathiebekundungen als Beschwerden
Auch Bezirksvorsteher Erich Hohenberger (SPÖ) betont, die Arena unterstützen zu wollen. Ihm sind in diesem Jahr lediglich drei Beschwerden über die Arena bekannt. Er bekomme "weit mehr Sympathiebekundungen", sagt er PULS 24.
Aus seiner Sicht spreche "nichts gegen die besagte Sperrstundenverlängerung, leider habe jedoch nicht ich das zu entscheiden". Er werde die Arena "immer" unterstützen. "Genauso wie ich es schon früher getan habe, als ich an der Kasse Karten verkauft habe, als Not am Mann war", so Hohenberger. Laut dem Bezirksvorsteher befinde sich zumindest die Förderung der neuen Sound-Anlage "auf gutem Wege".
Die Arena muss auch aus unserer Sicht jedenfalls erhalten bleiben.
Und selbst die Buwog, Bauträger des Helios-Turms, will sich beteiligen: Details will man aber noch keine bekanntgeben. Man sei im "engen Austausch mit Vertretern der Arena sowie des Bezirks".
Man nehme Beschwerden der Bewohner:innen ernst, betont aber auch: "Die Arena hat sich über Jahrzehnte zu einer Institution der heimischen Musik- und Kulturszene etabliert und muss auch aus unserer Sicht jedenfalls erhalten bleiben". Die Lärmschutzmaßnahmen beim Helios-Gebäude würden außerdem "weit über die von der Bauordnung vorgegebenen Anforderungen hinaus gehen".
Seit gut 50 Jahren gibt es die Arena in Wien-Erdberg. Anders als die neuen Wohntürme ist das ehemalige Fabriksgebäude aus Backstein denkmalgeschützt. Ein Umbau und die Abdichtung der Fenster daher gar nicht so einfach möglich.
"Ich verstehe das gar nicht"
Wegen einzelner Beschwerden verlangt das jetzt das Amt, doch die meisten Anrainer:innen wollen das der Arena gar nicht abverlangen. "Ich verstehe das gar nicht", ruft ein junger Mann beim PULS 24 Lokalaugenschein, im Vorbeigehen. "Die ziehen da her und beschweren sich". Pensionistin Gilg weiß gar von Nachbarn, die ein Arena-Unterstützungsschreiben verfassen wollen.
Zusammenfassung
- Erst waren es nur die Open-Air-Konzerte, nun mussten auch schon Indoor-Partys abgesagt werden.
- Schuld sind einzelne Lärm-Beschwerden der neuen Nachbarn der Kult-Location der Arena in Wien-Landstraße.
- Dabei haben die meisten Anrainer eigentlich kein Problem mit den Konzerten, wie ein PULS 24 Lokalaugenschein zeigt.