Kickl, ein Reptiloid? Danger Dan mit Orchester in Wien
"Ihr habt es geschafft" wurden die glücklichen Besucher:innen dieses besonderen Abends im RadioKulturhaus begrüßt. Als Danger Dan sich im legendären Großen Sendesaal vor Streichern, Bläsern, einer Harfe, Paukenspielern und hinter Dirigent Gottfried Rabl ans schwarz-weiße Klavier setzte, konnten nur die kreativen Sieger:innen eines Gewinnspiels dabei sei.
Um an Karten zu kommen, musste man ein Hinweisschild, das vor "Danger, Dan!" warnt, basteln und einschicken - ganz nach dem Motto: "Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt".
Gefährlich wurde das gut 70 Minuten dauernde Konzert, das es bald auf FM4, ORF1 und JOYN zum Nachhören gibt, aber nur verbal. Der 40-jährige Rapper und Liedermacher ist bekannt für bissige, aber auch einfühlsame Texte, die dennoch eingängig sind und sogar die Kinder in der letzten Reihe zum Mitsingen bewegten.
So dachte niemand ans Davonrennen, als Danger Dan und das ORF Radio-Symphonieorchester als ersten Song "Lauf davon" anstimmten.
Ein (nicht) gefährliches Konzert
Orchester und Rapper? Ja, das passt. Nachdem der deutsche Musiker als Solokünstler sowieso mehr zum scharfsinnigen Liedermacher, der teils an Georg Kreisler erinnert, mutierte. Seine markante Stimme wurde vom Orchester nie übertönt. Fast jedes gesungene Wort war - wohl auch der grandiosen Akustik im Saal geschuldet - klar verständlich. Die Musiker:innen ließen die Hitparade wieder in neuem Licht erscheinen, machten sie teils theatralischer, manchmal komischer und immer lebendiger.
Eigentlich wollte Danger Dan Urlaub machen, doch die Möglichkeit, mit dem Radio-Symphonieorchester aufzutreten, wollte er sich nicht entgehen lassen. Er hätte "nie geglaubt, mit so einem Orchester", "der größten Band", spielen zu dürfen. Die Angst davor sei ihm von Dirigent Gottfried Rabl genommen worden.
Der Song "Trotzdem" wurde mit Orchester theatralisch, dramatisch. Bei "Eine aufs Maul" wurde es dann doch fast gefährlich. Wie in Hitchcocks "Psycho" sorgten die Streicher im Staccato für Spannung. Der folgende Aufruf zu Straftaten sei keiner, weil man unter 14 eh nicht straffähig sei, kündigte Danger Dan den Song "Enkeltrick" mit einem Schmäh an, den man schon von anderen Konzerten kennt.
Er sorgte dann aber doch für eine Überraschung: Plötzlich stand nicht mehr nur der Rapper in roter Bomber-Jacke auf der Bühne. Sein Bruder Panik Panzer und Koljah, ebenfalls in Bomber-Jacken, wurden als Überraschungsgäste unter tosendem Applaus im Saal begrüßt.
Gemeinsam erklärte die Antilopen Gang den Gewinnspiel-Gewinner:innen dann, dass es ja okay sei, der Oma die Rente wegzunehmen, sie hätte ja damals sicher Hitler gewählt.
Geheime "Weltpremieren"
Das Wiener Publikum bekam dann zwei politische "Weltpremieren" zu hören, die aber eigentlich noch geheim bleiben sollten und daher auch nicht in den Aufnahmen zu hören sein werden. Der erste neue Song des Rap-Trios erteilte dem 1933 erfundenen Muttertag eine Absage. Nur so viel: Orchester und Punk? Ja, auch das funktionierte bei dem kurzen, wütenden Pamphlet.
Für Gänsehaut sorgte dann ein neuer Song, in dem das Trio die Reaktionen auf das Hamas-Massaker in Israel verarbeitete. Die Band zeichnet in dem Song gegen den wieder aufkeimenden Antisemitismus ein verheerendes Bild von Europas Linker, aber nicht nur dieser.
Wann die Öffentlichkeit die neuen Songs der Antilopen Gang zu hören bekommt, ist noch nicht ganz klar.
Kickl wirke "wie ein Nationalsozialist"
Bei "Ölsardinen" wurde der Saal in blaues Licht getaucht, die Töne des Orchesters ließen sofort erahnen, dass es in die Tiefsee geht, Percussions ahmten Meeresrauschen nach, ehe das Konzert dann wieder politisch endete.
Die Österreich-Variante von "Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt", beklatschte das Publikum gleich zweimal. Für Zugaben wurden nämlich einige Songs wiederholt, bei denen sich Danger Dan - angeblich - verspielt hatte. Man habe aber schlicht auch nicht die Zeit gehabt, mehr Song vorzubereiten, gestand der Musiker ein. Gestört haben die Wiederholungen wohl ohnehin niemanden.
Dieses Mal wurde die Österreich-Variante des Songs sogar nochmal adaptiert - wurde in der Version, die einst am Dach des Volkstheaters aufgenommen wurde, noch in den Raum gestellt, Strache könne ein Reptiloid sein, war es dieses Mal Herbert Kickl, der auch noch wirke "wie ein Nationalsozialist". Für Danger Dan sind diese Aussagen von der Kunstfreiheit gedeckt - dem Publik gefiel es, die Zeile wurde extra beklatscht.
Damit nicht nur Gewinnertypen etwas von dem besonderen Abend haben, werden die Aufnahmen am Freitag, 15. März, ab 17 Uhr auf FM4 im Radio - inklusive Video auf fm4.orf.at und um 23.30 Uhr auf ORF1 und JOYN übertragen.
Update: Der Artikel wurde um den Hinweis ergänzt, dass die neuen Songs nicht auf der Aufnahme zu hören sein werden.
Zusammenfassung
- Der deutsche Rapper und Liedermacher Danger Dan trat am Mittwoch in die Fußstapfen von Nick Cave, Tocotronic und Patti Smith: Er spielte im Rahmen der FM4 Radio Sessions mit Orchester in Wien.
- Es war sein einziges Österreich-Konzert 2024.
- Er präsentierte eine Hitparade, hatte aber auch einige (politische) Überraschungen parat. PULS 24 war dabei.