Filmemacher Peter Kubelka feiert seinen 90. Geburtstag
Geboren wurde Kubelka 1934 in Wien, wuchs aber im oberösterreichischen Taufkirchen an der Pram auf. Nach einigen Jahren bei den Wiener Sängerknaben folgte eine Juniorenkarriere als Diskuswerfer und Judoka. Später studierte Kubelka Film an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Wien und am Centro Sperimentale di Cinematografia in Rom.
Dem Film wandte er sich spätestens in den 1950ern zu, entstand sein erstes Werk "Mosaik im Vertrauen" doch 1955. Ihm sollten bis zum heutigen Tag sieben weitere folgen: "Adebar" (1957), "Schwechater" (1958), "Arnulf Rainer" (1960), "Unsere Afrikareise" (1966), "Pause" (1977) und "Dichtung und Wahrheit" (1996/2003) sowie als bisher letztes filmisches Werk 2012 "Antiphon" als "Antwort" auf "Arnulf Rainer". Das Gesamtwerk des umtriebigen Wegbereiters des strukturellen Films umfasst mithin nicht mehr als knapp 70 Minuten.
Der Weg des reinen Filmemachers war Kubelka eben immer zu schmal, und so gründete er 1964 mit dem mittlerweile verstorbenen Peter Konlechner das Österreichische Filmmuseum, das sie bis 2001 leiteten. Im Tempel der Cineasten war Kubelka für das "Zyklische Programm", eine exemplarische Filmgeschichte, verantwortlich. Auch der Einbau des "unsichtbaren Kinos", eines gänzlich schwarzen und daher kaum wahrnehmbaren Kinoraums im Filmmuseum, geht 1989 auf sein Betreiben zurück.
Die Wiener Institution blieb allerdings nicht die einzige zentrale Gründung, an der Kubelka beteiligt war, entstand doch 1970 in New York das Anthology Film Archives unter seiner Beteiligung, wofür der Österreicher unter anderen mit Filmlegende Jonas Mekas zusammenarbeitete. "Wir haben unser Leben einer Art Film gewidmet, der dem Einzelnen eine Stimme geben und den Film von einer Industrie befreien sollte, die ihn nur als Ware verwendet. Wir waren in dieser Hinsicht Brüder im Geiste", erinnerte sich Kubelka einst im APA-Gespräch an den verstorbenen Freund.
Diesem Primat folgte Kubelka aber auch in anderen Disziplinen - von der Archäologie bis zum Kochen -, wo er nach dem Wesenskern der Kunst suchte. Mit der 1980 von ihm gegründeten Gruppe "Spatium Musicum" gab er zahlreiche internationale Konzerte. Sein umfassendes Wissen vermittelte er unter anderem an mehr als 50 amerikanischen Hochschulen. Von 1980 bis 2000 war Kubelka Professor an der Staatlichen Kunsthochschule in Frankfurt am Main (Städelschule) und brachte es zuwege, dass der dortige Lehrstuhl für Film in eine "Klasse für Film und Kochen als Kunstgattung" umbenannt wurde. Von 1985 bis 1988 war er gar Rektor der Städelschule.
Nach den schwierigen Anfangsjahren blieb Kubelkas Lebensleistung letztlich auch in Österreich nicht unbeachtet. So erhielt der Filmemacher 1980 den Großen Österreichischen Staatspreis und 2005 das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst. 2015 schloss sich dem Reigen das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien an. Und die vielleicht schönste Ehrung wurde ihm 2014 von Martina Kudlacek zuteil, die den Dokumentarfilm "Fragments of Kubelka" veröffentlichte.
"Peter Kubelka ist ein Titan des Films: einer der radikalsten Erneuerer der Kunstform, aber auch unseres Verständnisses von Film als kultureller und technischer Ausdrucksform, als einer Art des Denkens und der Weltbeschreibung", würdigte Michael Loebenstein als Kubelkas Nach-Nachfolger im Amt des Filmmuseumsdirektors den Jubilar in einer Aussendung. Am 14. Mai wird man als etwas nachgelagertes Geburtstagsgeschenk Kubelkas Filme in Anwesenheit des Künstlers im Rahmen des Programms "Was ist Film" im Filmmuseum zeigen.
Zusammenfassung
- Der avantgardistische Filmemacher Peter Kubelka feiert am 23. März seinen 90. Geburtstag und blickt auf eine einflussreiche Karriere zurück, die nicht nur in der Filmkunst, sondern auch in anderen kulturellen Bereichen Spuren hinterlassen hat.
- Kubelka, Mitbegründer des Österreichischen Filmmuseums und des Anthology Film Archives in New York, prägte das Konzept des strukturellen Films und setzte sich für einen Film ein, der dem Einzelnen eine Stimme gibt.