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Die (Selbst)Demontage einer Ikone: Gérard Depardieu wird 75

Auch mit seiner aufbrausenden Wut als Graf von Monte Cristo hat es Gérard Depardieu in den Kino-Olymp geschafft. Oder zum "Monstre sacré" ("heiliges Monster"), wie in Frankreich gefeierte und verehrte Kultfiguren genannt werden. Jetzt steht der Schauspieler, der am Mittwoch (27. Dezember) 75 Jahre alt wird, wegen massiver Vorwürfe bezüglich sexuelle Gewalt im Mittelpunkt einer Geschichte, die zum Titel haben könnte: Der Fall einer Ikone.

Ist aus dem "Monstre sacré" ein tatsächliches Monster geworden? Das fragt sich Frankreichs Presse seit der Veröffentlichung einer Fernsehreportage über den Franzosen. In dem Anfang Dezember ausgestrahlten investigativen TV-Magazins "Complément d"enquête" über seine Reise nach Nordkorea schockiert Depardieu mit frauenfeindlichen und entwürdigenden Kommentaren. "Frauen reiten gerne, weil ihre Klitoris am Sattel reibt", sagte er vor laufender Kamera. Dabei wird er bei dem Besuch eines Gestüts gezeigt. Dann wieder Obszönitäten, die seine nordkoreanische Dolmetscherin in Bedrängnis bringen. "Ich wiege 124 Kilo - mit Erektion 126."

Seine anstößigen Bemerkungen haben international schwere Irritationen ausgelöst. Als "ekelhaft" hatte Frankreichs Kulturministerin Rima Abdul-Malak die Äußerungen bezeichnet. Sein Verhalten sei eine "Schande für Frankreich". Auch im Ausland reagierte man entsetzt. Die kanadische Provinz Quebec hat ihm den Nationalorden entzogen, die belgische Gemeinde Estaimpuis seinen Titel als Ehrenbürger.

Seit Jahren schon melden sich immer wieder Frauen zu Wort, die Depardieu der sexuellen Gewalt beschuldigen. 2018 hatte ihn die Schauspielerin Charlotte Arnould verklagt. Seit 2020 wird in diesem Fall ermittelt. An Arnould soll er sich zweimal vergangen haben.

Depardieu bestreitet die Vorwürfe vollständig. In einem in der Zeitung "Le Figaro" Anfang Oktober veröffentlichten Brief bezeichnet er sich als Opfer einer "medialen Lynchjustiz". Darin schrieb er, dass Arnould freiwillig mit ihm auf sein Zimmer gegangen sei. Zu den Frauen, die ihn bedingungslos unterstützen, gehören die Regisseurin Josée Dayan und seine Ex-Frau Elisabeth Depardieu, die keine Sekunde lang an die Geschichten glaube, wie sie in der Fernsehreportage sagte.

Die Fernsehreportage, die für Entsetzen sorgte, trägt den Titel "La chute de l'ogre" ("Der Fall des Vielfraßes"). Depardieu gilt als unersättlich, vulgär und provokativ. Seine Maßlosigkeit und sein impulsives Wesen sind bekannt und gefürchtet. Schwierige Themen gibt es genügend: Alkoholprobleme, Trunkenheit am Steuer, Steuerflucht, Pinkelaffäre in einem Flugzeug, seine Liebe zu Russland und dessen Machthaber Wladimir Putin, den er seinen Freund nennt.

Mit seiner urgewaltigen Energie und explosiven Emotionalität hat Depardieu fast alles an Rollen verkörpert, was das Kino bieten kann: Draufgänger, Zuhälter, Dichter, Rebell, Vagabund, Hedonist. Dabei sprengt er mit seiner Präsenz den Bildschirm - ob als Danton, Balzac oder Obelix.

Viele seiner Filme sind Klassiker des Kinos: "Die Ausgebufften", "Cyrano von Bergerac", "Die letzte Metro" und "Green Card - Schein-Ehe mit Hindernissen". Andere - zum Beispiel "Disco" oder "Bouquet final" - sind vergessen. In seiner über 40-jährigen Leinwandkarriere hat er in mehr als 200 Filmen gespielt. Es gab Jahre, da trat er in mindestens vier Filmen auf.

Depardieu, geboren am 27. Dezember 1948, hat in mehreren Büchern über sein Leben geschrieben, vor allem über seine Kindheit und Jugend in Châteauroux in Zentralfrankreich. Dabei hat er nichts beschönigt. Demnach war sein Vater Alkoholiker und konnte kaum schreiben. Seine Mutter musste für die sechs Kinder sorgen. Er selbst litt an Sprachstörungen. Statt zur Schule zu gehen, klaute er.

Seit den sich häufenden Anschuldigungen wegen sexueller Gewalt, wenden sich immer mehr Menschen von ihm ab. Zuletzt war er in der Komödie "Umami" zu sehen, in der er im Mai 2023 einen Spitzenkoch spielte. Für den Animationsfilm "La plus précieuse des marchandises" von Michel Hazanavicius sollte Depardieu seine Stimme leihen. Im gegenseitigen Einvernehmen hätten jedoch beide auf die Zusammenarbeit verzichtet, wie Depardieus Agent, Bertrand de Labbey, der Zeitung "Liberation" bestätigte.

Auch France Télévisions, Frankreichs öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt, nimmt Abstand zu ihm. Sein Kinodirektor Manuel Alduy erklärte, dass man Sendepläne mit Depardieu überprüfen und erst einmal alle Projekte mit ihm auf Eis legen werde.

Das belgische Pendant RTBF hat eine ähnliche Entscheidung getroffen. Man werde Filme mit Depardieu in der Titelrolle vorläufig zurückziehen, wie die Fernsehanstalt mitteilte. Sendungen, bei denen sein Erscheinungsbild eher "reduziert" sei, würden jedoch weiter ausgestrahlt. Die (Selbst)Demontage einer Kultfigur ist in vollem Gange.

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  • Auch mit seiner aufbrausenden Wut als Graf von Monte Cristo hat es Gérard Depardieu in den Kino-Olymp geschafft. Oder zum "Monstre sacré" ("heiliges Monster"), wie in Frankreich gefeierte und verehrte Kultfiguren genannt werden. Jetzt steht der Schauspieler, der am Mittwoch (27. Dezember) 75 Jahre alt wird, wegen massiver Vorwürfe bezüglich sexuelle Gewalt im Mittelpunkt einer Geschichte, die zum Titel haben könnte: Der Fall einer Ikone.