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Der Schatten des Gazakrieges flankiert den ESC von Malmö

Der Eurovision Song Contest bringt Länder aus allen Winkeln des erweiterten Kontinents friedlich zusammen. Und doch ist heuer angesichts des Gazakrieges die Anspannung in der Ausrichterstadt Malmö spürbar. Auch wenn der größte Gesangswettbewerb der Welt unter dem nun fixen Motto "United By Music" steht, tun sich in der Stadtgesellschaft merkbare Gräben auf - gehört doch Israel auch heuer zum Teilnehmerfeld und steigt am Abend im 2. Halbfinale in den Bewerb ein.

Bereits vor der eigentlichen Anreise des ESC-Trosses hatte es in Malmö israelkritische Demonstrationen gegeben, besitzt die rund 350.000 Einwohner zählende Hafenstadt doch eine der größten muslimischen Gemeinschaften Schwedens. Und sie gilt als einer der Hotspots für die eskalierende Gangkriminalität in Schweden. Andererseits kam es in Schweden und so auch in Malmö am Freitag vor der ESC-Woche zu Koran-Verbrennungen.

Entsprechend finden sich über die Stadt verteilt nicht nur die üblichen Werbebanner für das Megaevent, sondern waren kurzzeitig auch Protestplakate im ähnlich gehaltenen Design zu sehen. Dabei war das Wort "Eurovision" durch "Genocide" ersetzt und die Parole proklamiert "Israel out of Eurovision or Eurovision out of Malmo" (Israel raus aus dem ESC oder der ESC raus aus Malmö).

"Malmö wird in der nächsten Woche der Brennpunkt Europas sein", hatte im Gespräch mit der dpa der schwedische Antisemitismusforscher Christer Mattsson prognostiziert - und er dürfte Recht behalten. So sind über die Woche hinweg zahlreiche Aktionen und Demonstrationen angemeldet, wenn etwa am heutigen Donnerstag ein Marsch in der Innenstadt gegen die Teilnahme Israels nach den Vorstellungen der Organisatoren "Stoppa Israel" (Stop Israel), eines Zusammenschlusses mehrer Vereinigungen, bis zu 30.000 Teilnehmer anziehen soll.

Und im gegenüber der Malmö Arena, der ESC-Halle, gelegenen Dagvattenparken sollen dieser Tage ebenfalls Proteste stattfinden. Das "Ship to Gaza", ein Schiff, mit dem Organisatoren eigentlich die Gazablockade durchbrechen wollen, ankert mittlerweile im Hafen von Malmö und bietet Veranstaltungen zur Unterstützung der Proteste.

Am Finaltag, dem kommenden Samstag, sind in der Innenstadt sowohl propalästinensische als auch proisraelische Demonstrationen angekündigt, zu denen Tausende Teilnehmer erwartet werden. Und zugleich hat Stoppa Israel unter dem Titel FalastinVision einen "völkermordfreien Song Contest" angesetzt, der parallel zum ESC-Finale abgehalten werden soll.

Die in der ganzen Stadt sichtbar positionierte Polizei ist entsprechend aufmunitioniert und hat Verstärkung aus Dänemark und Norwegen angefordert. Die Halle selbst ist gar mit auf den umliegenden Dächern positionierten Scharfschützen gesichert. "Wir sind auf alles vorbereitet", zeigte sich Malmös Polizeichefin Petra Stenkula gegenüber der Agentur Reuters zuversichtlich.

Die damit einhergehenden Einschränkungen zeigen sich auch bei der offiziellen Feiermeile im Folkets Park, dem Eurovision Village, das in der ESC-Woche täglich Konzerte und weiteres Rahmenprogramm bietet. Taschen jeglicher Art sind hier ob der Terrorgefahr verboten, selbst kleinste Handtaschen. Das gilt auch für den Euroclub im Konzerthaus, der des nächtens die feierwillige ESC-Menge lädt. Dennoch verschärfte Israels Nationaler Sicherheitsrat kurz vor dem ESC eine Reisewarnung für die schwedische Stadt von Stufe 2 (potenzielle Bedrohung) auf 3 (mittlere Bedrohung).

Kein Wunder also, dass sich die Debatte auch nicht von der eigentlichen ESC-Bühne fernhalten lässt. Bereits im Vorfeld des ESC hatte die europäische Rundfunkunion (EBU) Israel dazu verpflichtet, den Text seines Beitrages zu ändern, weil man "October Rain" für eine Anspielung auf das Hamas-Massaker am 7. Oktober hielt. Nun singt die israelische Kandidatin Eden Golan "Hurricane".

Und im 1. Halbfinale gab es kleine, wenn auch versteckte Proteste. So trug der Zwischenact-Sänger Eric Saade ein Palästinensertuch ums Handgelenk. Die Idee des irischen Acts Bambie Thug, beim Song "Doomsday Blue" in einer altirischen Schrift die Worte "Waffenstillstand" und "Freiheit" am Körper zu tragen, drehte die EBU hingegen ab. Schließlich hält man die Maxime, dass der Eurovision Song Contest ein unpolitisches Event sei, hoch. Auch wenn das viele Seiten zu ändern suchen.

(S E R V I C E - www.eurovision.tv)

ribbon Zusammenfassung
  • Der Eurovision Song Contest in Malmö wird von politischen Spannungen überschattet, ausgelöst durch den Gazakrieg, mit Demonstrationen gegen die Teilnahme Israels und bis zu 30.000 erwarteten Teilnehmern am Marsch 'Stoppa Israel'.
  • Umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen prägen das ESC-Ereignis: Taschenverbot bei Veranstaltungen, Scharfschützen auf Dächern und internationale Polizeiunterstützung aus Dänemark und Norwegen sollen die Sicherheit garantieren.
  • Trotz politischer Kontroversen hält die Europäische Rundfunkunion (EBU) am unpolitischen Charakter des Eurovision Song Contests fest, verlangte jedoch eine Textänderung des israelischen Beitrags und untersagte politische Symbole anderer Teilnehmer.