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"Der Freischütz" bei Bregenzer Festspielen in neuer Fassung

Mit "Der Freischütz" von Carl Maria von Weber realisieren die Bregenzer Festspiele heuer eine neue Seebühnenproduktion. In einer bizarren Winterlandschaft entsteht eine eigene Fassung des Werks. 227.000 Tickets wurden aufgelegt, 85 Prozent davon sind bereits gebucht. Elisabeth Sobotka, die ab Herbst die Staatsoper Unter den Linden in Berlin leitet, resümiert ihre Bregenzer Intendanz als "fantastisch". Sie hat in ihrer letzten Saison auch eine besondere Uraufführung geplant.

Beim Pressetag konnten Medienschaffende am Donnerstag erkunden, wie sich die Winterlandschaft bespielen lässt, die seit dem Frühjahr am See entstand. Die Bregenzer Festspiele boten kurze, aber aufschlussreiche Einblicke in die Proben der beiden Großproduktionen "Der Freischütz" von Carl Maria von Weber auf dem See und "Tancredi" von Gioachino Rossini als Hausoper. Mit der Möglichkeit, die 1821 in Berlin uraufgeführte Oper "Der Freischütz" erstmals auf der Seebühne zu realisieren, beschäftigt sich Intendantin Elisabeth Sobotka laut eigenen Angaben bereits seit zehn Jahren. Im Gespräch mit Philipp Stölzl entschied sie sich dann zunächst für Verdis "Rigoletto" (2019/2021) und vertraute dem deutschen Regisseur, Bühnenbildner und Filmemacher auch den "Freischütz" an, denn Stölzl könne "den See verändern und lebendig machen".

Zu sehen sein wird eine eigene "Bregenzer Fassung". Stölzl ließ die verhältnismäßig langen gesprochenen Libretto-Teile von Jan Dvořák umschreiben. Einerseits kommen die Gespenstergeschichten von August Apel, aus der der Opernlibrettist Friedrich Kind den Plot entnahm, stärker zum Tragen, andererseits wollte Stölzl auch die Rollen von Agatha und Ännchen aufwerten, die in der Urfassung eher passiv angelegt sind. Agathe, die darauf hofft, dass Max ein Probeschießen besteht und somit die Eheerlaubnis erhält, erwartet bereits ein Kind und erlebt die dörfliche Enge als bedrückend. Ob er auf ein gutes Ende setzt oder die tragische Apel-Version bevorzugt hat, wollte Stölzl nicht verraten. Man wird wohl eine Art Kombination sehen. Man müsse die Schauergeschichte, also den Pakt mit dem Teufel, den Max eingeht, ebenso mögen, wie den katholischen Moritatengestus, um die Oper umsetzen zu können, betonte er.

Enrique Mazzola, der mit dem "Freischütz" bereits die dritte Seebühnenproduktion in Bregenz dirigiert, bezeichnete das Werk als "Meilenstein im Repertoire des 19. Jahrhunderts". Das gelte nicht nur, weil die Wolfsschlucht - das ist jene dunkle Szene, in der sich Max bei Samiel die treffsicheren Freikugeln besorgt - Vorbildwirkung für weitere Komponisten hatte.

Vor allem was die Frauenrollen betreffe, gebe es eine Verbindung zu Rossinis "Trancredi", der Opernproduktion im Festspielhaus. Sobotka erklärte, sie habe gehofft, einen Regisseur zu finden, der mit dieser konstruiert wirkenden Geschichte etwas anfangen könne. Sie halte den Zugang für werktreu, den Jan Philipp Gloger für das in der Zeit der Kreuzzüge spielende Werk fand. Die Kreuzrittergruppen sind bei ihm Familienclans, die sich in der Villa eines Drogenbarons gegen die Polizei verbünden.

Die Partie des Tancredi ist für eine Mezzosopranistin geschrieben. In Bregenz spielt Titelheldin Anna Goryachova keinen Mann, sondern eine Frau, die Männerkleidung trägt, um ihre Geliebte Amenaide zu treffen. Ben Baur schuf ein Haus, dessen Räume durch die Verwendung der Drehbühne sichtbar werden und deren Ausstattung ein System verdeutlicht, das wenig individuelle Entscheidungen zulässt. Keine Welt also für ein gleichgeschlechtliches Liebespaar, meinte Gloger. Er wählte die tragische der zwei möglichen finalen Szenen. Auf APA-Anfrage wurde diese Entscheidung von Elisabeth Sobotka und Dirigentin Yi-Chen Lin auch mit dem Verweis präzisiert, dass hier die besondere Tragik Rossinis Meisterschaft zum Ausdruck bringe.

227.000 Tickets wurden heuer aufgelegt. 85 Prozent sind bereits gebucht. Der kaufmännische Direktor Michael Diem sprach knapp zwei Wochen vor der Eröffnung am 17. Juli von einer "hervorragenden Ausgangslage". Mit Kosten von acht Millionen Euro wurde der Bau der neuen Seekulisse beziffert. Man befinde sich damit im kalkulierten Rahmen, bemerkte Festspielpräsident Hans-Peter Metzler auf Anfrage der APA. Nach dem Konzept der Bregenzer Festspiele, dass alles was verdient wird, für die Kunst ausgegeben wird, könne man davon ausgehen, dass die Saison 2025 unter Lilli Paasikivi, der Nachfolgerin von Intendantin Elisabeth Sobotka, ebenso umfangreich sein werde.

Sobotka resümierte ihre zehn Bregenzer Jahre im Gespräch mit der APA als "fantastisch". Ein besonderer Punkt sei es, ein Team zu haben und immer wieder zu finden, das auf dem See nicht einfach große Oper mache, sondern, dass alle darauf hinarbeiteten, den Werken eine besondere Szenerie zu schaffen. Für die diesjährige Uraufführung von "Hold Your Breath" hat sie ihren Vorgänger David Pountney als Regisseur und Librettisten engagiert. Er wird ein politisch besonders brisantes und aktuelles Thema behandeln, nämlich die leichte Verführbarkeit von Menschen.

(S E R V I C E - 78. Bregenzer Festspiele vom 17. Juli bis 18. August. "Der Freischütz" von Carl Maria von Weber als Oper auf dem See (Premiere: 17. Juli, 21.15 Uhr), "Tancredi" von Gioachino Rossini als Oper im Festspielhaus (Premiere: 18. Juli, 19.30 Uhr), insgesamt 83 Veranstaltungen, www.bregenzer-festspiele.com)

ribbon Zusammenfassung
  • Die Bregenzer Festspiele inszenieren 'Der Freischütz' von Carl Maria von Weber auf der Seebühne in einer neuen Fassung.
  • 85 Prozent der 227.000 aufgelegten Tickets sind bereits gebucht, was eine hervorragende Ausgangslage darstellt.
  • Die Baukosten der neuen Seekulisse betragen acht Millionen Euro und liegen im kalkulierten Rahmen.
  • Elisabeth Sobotka resümiert ihre Bregenzer Intendanz als 'fantastisch' und plant eine besondere Uraufführung von 'Hold Your Breath'.
  • Die kommende Saison 2025 wird unter der neuen Intendantin Lilli Paasikivi ebenfalls umfangreich sein.