Bunt und spaßig: "Die gefesselte Phantasie" im Burgtheater
Für das, was Fritsch am Theater interessiert, nämlich überzeichnetes, überdrehtes Geschehen jenseits aller Hemmungen, ein Wahnsinn mit Methode, eine Unterwanderung der Verhältnisse durch Subversion, ist das 1828 im Theater in der Leopoldstadt uraufgeführte und für das Burgtheater von Sabrina Zwach bearbeitete Stück "Die gefesselte Phantasie" eine Steilvorlage. Gemeinsam mit Kostümbildnerin Geraldine Arnold schafft er als sein eigener Bühnenbildner ein farbenprächtiges Ambiente, in dem alles dem Effekt untergeordnet ist.
Dass sich die Märchenhandlung (die Zauberschwestern terrorisieren die Inselbewohner, die Königin verspricht, den besten Dichter zu heiraten, doch den Poeten fällt nichts mehr ein, da die Fantasie in Bann geschlagen wurde) dennoch ganz beiläufig erzählt, ist eines der Zauberkunststücke, die an dem Abend gelingen. Für ein weiteres sorgt das Ensemble. Denn eigentlich ist Fritschs Konzept nicht abendfüllend und ermüdet trotz so mancher gelungenen Ideen und Sprachspiele bald Aug' und Ohr. Doch fast jeder Spieler vermag die ihm eingeräumten Chancen, aus dem Gewimmel und Getümmel mit Soloeinlagen herauszustechen, zu nützen.
Dass Sebastian Wendelin und Tim Werths zwei Erzkomödianten sind, wusste man längst - als eitler, eingebildeter Harfenist, der von den Zauberschwestern als einziger Bewerber um den Thron in Stellung gebracht wird, und als akrobatische Fantasie, der jedoch symbolisch Hände und Füße gebunden werden, bilden sie im Duo eines der Kraftzentren der Aufführung. Ein zweites sind Elisa Plüss und die gegenüber ihren sonstigen Rollengestaltungen kaum wiederzuerkennende Sarah Viktoria Frick als fulminante Zauberschwestern. Ein drittes, mehr auf Zurückhaltung und Poesie setzendes Zentrum besteht aus Maria Happel als Hermione und Bless Amada als ihre heimliche Liebe, die im letzten Moment dank der entfesselten Fantasie doch auch offiziell die Hand der Königin erringt.
Am schwersten hat es Markus Scheumann als Narr: Inmitten dieses närrischen Treibens scheint er auf verlorenem Posten - und holt sich dennoch seinen Szenenapplaus ab. Ein Langgedicht über die zwölf Monate des Jahres wiederholt er gleich noch einmal - im Retourgang vorgetragen. Seine Drohung zur Schlussapotheose nach 135 Minuten, das ganze Stück jetzt noch einmal rückwärts spielen zu lassen, hat er dann glücklicherweise nicht wahr gemacht. Wer darauf noch Lust hat, muss eben auf seine eigene Fantasie zurückgreifen.
(S E R V I C E - "Die gefesselte Phantasie" von Ferdinand Raimund, Regie und Bühne: Herbert Fritsch, Kostüme: Geraldine Arnold, Musik: Ingo Günther, Mit: Bless Amada, Gunther Eckes, Sarah Viktoria Frick, Maria Happel, Marcel Heuperman, Arthur Klemt, Elisa Plüss, Markus Scheumann, Tilman Tuppy, Sebastian Wendelin, Tim Werths u. a.; Nächste Vorstellungen im Burgtheater: 1., 19., 29.4., www.burgtheater.at)
Zusammenfassung
- Für ein weiteres sorgt das Ensemble.
- Wer darauf noch Lust hat, muss eben auf seine eigene Fantasie zurückgreifen.