"Blitz und Donner": Schanis Liebesbriefe auf der Odeon-Bühne
Die Antworten der heiß umworbenen jungen Frau haben sich nicht erhalten. Für "Blitz und Donner" ist die Autorin Milena Michiko Flasar in die Bresche gesprungen und hat den Briefwechsel ergänzt. Der von Jacqueline Kornmüller inszenierte 80-minütige Abend, der die ganze Weite des Saals der ehemaligen Produktenbörse nutzt, konzentriert sich auf das Ringen von Strauss (sehnsuchtsvoll: Christian Nickel) und Smirnitskaja (bezaubernd: Mara Romei) um die Legitimierung ihrer Liebe, die letztlich am Widerstand beider Mütter scheitert. Die eine sieht das Florieren des musikalischen Weltkonzerns durch die Flausen ihres Sohnes gefährdet, die andere hält den dahergelaufenen Musiker nicht für eine standesgemäße Verbindung der Tochter.
Weder die Anfänge und Gründe dieser offenbar von beiden Seiten tief empfundenen Liebe, noch die Tatsache, dass Smirnitskaja eine der wenigen damaligen russischen Komponistinnen war, werden näher behandelt - was ein wenig verwundert. Es wird also nicht gefachsimpelt, sondern geschmachtet. Und neben einem hübsch choreografierten Strauss-Walzer und sich gut einfügenden Kompositionen von Johanna Doderer, dargebracht von einem organisch in das Szenische eingebetteten Quintett, hätten sich auch Romanzen von Olga Smirnitskaja wohl gut gemacht in dieser poetischen Miniatur.
Doch ein anderer dramaturgischer Kunstgriff gleicht dieses Defizit aus und fügt dem auf Dauer etwas eintönig werdenden Liebeswerben ("Olga, mein Ideal, für dich allein war ich geboren!") eine schöne zweite Ebene hinzu: Johann Strauss habe am liebsten bei Schlechtwetter komponiert, heißt es. Also arbeitet man die liebevollen Beschreibungen der unterschiedlichsten Regenarten, die man in dem Buch "Regen. Eine Liebeserklärung an das Wetter, wie es ist" des deutschen Journalisten und Coachs Christian Sauer gefunden hat, ein. Ergänzt werden sie mit beeindruckenden Video-Animationen von Sascha Moser, die am großen Rundprospekt sich immer wieder mit echten Wolkenstimmungen abwechseln.
Belebender Sommerregen im Winter
Auch Tänzer und Erzähler (Peter Wolf, Kornmüllers Kompagnon in der freien Gruppe wenn es soweit ist) passen da gut in den Abend, der zwar nicht als Gewittersturm mit Blitz und Donner durch den Saal fegt, aber auch nicht als bloße Berieselung an einem vorüberzieht. Eher fühlt er sich wie ein belebender, warmer Sommerregen an. Mitten im Winter ist das keine kleine Leistung.
(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)
(S E R V I C E - "Blitz und Donner", Inszenierung, Bühne, Kostüm: Jacqueline Kornmüller, Texte: Milena Michiko Flasar, Thomas Aigner und Christian Sauer, Kompositionen: Johanna Doderer und Johann Strauss, Mit: Christian Nickel - Johann Strauss, Mara Romei - Olga Smirnitskaja, Laura Schlittke - Pauline, Miriam M. Vargas - Mama, Tony Rey Garcia - Papa, Peter Wolf - Thomas Aigner, sowie Manaho Shimokawa und Yoshie Maruoka. Musik: Judith Fliedl - Violine, Evgenii Artemenkov - Viola, Valerie Fritz - Violoncello / Zitter, Simon Reitmaier - Klarinette, Paquito Chiti - Horn. Eine Koproduktion von wenn es soweit ist und Johann Strauss 2025 im Odeon, Wien 2, Taborstraße 10, Weitere Termine: 29., 30., 31. Jänner, 1., 6., 7., 13., 14., 15. Februar, https://www.odeon-theater.at/blitzunddonner/, https://www.johannstrauss2025.at/)
Zusammenfassung
- Die 100 Liebesbriefe von Johann Strauss an die russische Komponistin Olga Smirnitskaja, entdeckt 1993, werden im Strauss Festjahr mit einer Inszenierung im Odeon Theater gewürdigt.
- Die 80-minütige Aufführung, inszeniert von Jacqueline Kornmüller, beleuchtet die unerfüllte Liebe zwischen Strauss und Smirnitskaja, die am Widerstand ihrer Mütter scheitert.
- Ein dramaturgischer Kunstgriff integriert Regenbeschreibungen und Video-Animationen, die die Aufführung als belebenden Sommerregen im Winter erscheinen lassen.