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Beschauliche Ruhe vor Start in Kulturhauptstadt Bad Ischl

Am Freitag, dem Tag vor der Eröffnung, war es in Bad Ischl noch ruhig und beschaulich, die Einheimischen gingen auf den Markt, erste Presseteams strawanzten durch die angezuckerten Gassen, noch keine Spur von den erwarteten 15.000 Gästen. Im Kurpark liefen hinter Absperrungen die Aufbauarbeiten für die große Eröffnungsfeier, im Lehártheater probte lautstark das "Ballet Mécanique". Und zwischen Attnang-Puchheim und Stainach-Irdning läutete der "Glögglwaggon" das Jahr ein.

Als Fernand Léger in den 1920ern den dadaistischen Stummfilm "Ballet Mécanique" produzierte, sollte der Komponist George Antheil die Musik dazu liefern. Antheil war fasziniert von selbstspielenden Pianos, wie sie damals in Mode kamen, und wollte die Musik rein elektromechanisch erzeugen. Allein - es funktionierte nicht. Erst 1926 stellte Antheil sein "Ballet Mécanique" in Paris vor, jedoch mit Einschränkungen: Seine ursprüngliche Idee, acht Trommeln, sieben Glocken, eine Sirene, sieben Flugzeugpropeller und bis zu 16 Pianolas spielen zu lassen, scheiterte an der technischen Umsetzung. Die Instrumente ließen sich nicht synchronisieren und der Komponist musste auf eine alternative Version mit zwei Pianisten und einem Pianola in langsamerem Tempo zurückgreifen.

Fast 100 Jahre später sollte es - dank einer modernen Computersteuerung - dann doch klappen: 2019 initiierten der bildende Künstler Peter Kogler und Kuratorin Katrin Bucher-Trantow für Koglers Ausstellung "Connected" im Kunsthaus Graz eine Neuinterpretation. Komponist Winfried Ritsch realisierte diese Musikmaschine. Nun wurde sie in Bad Ischl im Lehártheater aufgebaut. Am Vormittag gab ein lautstarker Soundcheck einen ersten Eindruck. Am Nachmittag wurde das Maschinenorchester der Presse präsentiert, die offizielle Eröffnung ist am Samstag.

Am Alten Postgebäude wurde zu Mittag die feministische Installation "Solange #29" von Katharina Cibulka entrollt: Bis April bleibt die Baustelle bei der Post mit einem Netz verhüllt. Darauf wurde in pinkem Kreuzstich der Satz gestickt: "Solong ois bleibt, weils oiwei scho so woa, bin i Feminist:in" (Solange alles bleibt, weil es immer schon so war, bleibe ich Feministin). Im Innenhof des Gebäudeblocks, in dem auch die Verwaltung der Kulturhauptstadt untergebracht ist, baute die slowenisch-österreichische Künstlerin Maruša Sagadin mit ihrem Team die Installation "Luv Birds in toten Winkeln" auf.

Am Nachmittag konnte man beim Spazierengehen im Kurpark erste Eindrücke von der Eröffnung gewinnen. Hubert von Goisern probte - hinter großräumigen Absperrungen für Samstagabend. Jodler, Glocken und elektronische Klänge waren zu hören. Das Gesamtwerk ist eine Überraschung, das Publikum muss sich noch gedulden.

Am Freitag nutzten aber auch andere Kulturhauptstadtgemeinden die Gelegenheit, sich den angereisten internationalen Journalistinnen und Journalisten vorzustellen. Eine englischsprachige Pressereise führte per Bus nach Bad Goisern und Steinbach am Attersee. In Goisern präsentierte das engagierte Team des "Hand.Werk.Haus" seine Projekte, die bereits 2023 begannen und Handwerkstraditionen zu erhalten und mit zeitgenössischer Kunst zu verbinden trachten. In Steinbach brachte man den Pressevertretern nicht nur den Wahl-Steinbacher Friedrich Gulda, sondern vor allem "die beiden Gustavs" näher, auf die der 900-Seelen-Ort besonders stolz ist: Gustav Klimt und Gustav Mahler. Besonderen Anklang bei Journalisten von Australien bis Japan fand aber der malerisch verschneite Attersee selbst. "Ich hoffe, wir sehen manche von Ihnen im Sommer wieder", hieß es seitens des Tourismusverantwortlichen.

Am Nachmittag wurde das Kulturhauptstadtjahr dann mit dem Glögglwaggon, einem mit Glocken und Schellen bestückten Eisenbahnwaggon, auf der Strecke zwischen Attnang-Puchheim und Stainach-Irdning ganz buchstäblich eingeläutet. In den ÖBB-Lehrwerkstätten in Linz wurden 49 Glocken des Glockenspiels der Passauer Gießerei Perner und 37 Glöcklerinnen-Schellen der "Frauenpasse Ebensee" auf einen Güterwaggon montiert. Sogenannte Luftpaddel, die vom Fahrtwind gekippt werden und an die Ruder der Flößer und Salzschiffe erinnern sollen, geben Impulse an das Geläut weiter.

Zu hören war das beim heutigen "Stapellauf", der gleichzeitig auch der einzige Einsatz dieser kinetischen Klangskulptur bleiben soll (was das Thema "Nachhaltigkeit" in einem anderen Licht erscheinen lässt), trotz angekündigter Übertragung in die begleitenden Personenwaggons nicht. So dürften nur die Bahn-Anrainer etwas gehört haben - inklusive dem angekündigten Echo der Glocken von 44 Kirchen entlang der Strecke.

ribbon Zusammenfassung
  • Am Freitag, dem Tag vor der Eröffnung, war es in Bad Ischl noch ruhig und beschaulich, die Einheimischen gingen auf den Markt, erste Presseteams strawanzten durch die angezuckerten Gassen, noch keine Spur von den erwarteten 15.000 Gästen.
  • Am Nachmittag wurde das Maschinenorchester der Presse präsentiert, die offizielle Eröffnung ist am Samstag.
  • Am Nachmittag konnte man beim Spazierengehen im Kurpark erste Eindrücke von der Eröffnung gewinnen.