Anna Netrebko als "La Gioconda" zurück in Salzburg
Mit "La Gioconda" hatte Intendant Nikolaus Bachler eine echte Seltenheit aufs Osterprogramm gesetzt. Nach seiner Uraufführung 1876 wurde das Werk von Amilcare Ponchielli außerhalb Italiens nur sehr selten aufgeführt, obwohl es sich dabei um große Musik handelt. Dies ist möglicherweise auch der einen oder anderen Hürde geschuldet, die das Werk aufstellt, wie etwa seine Dauer (ungekürzt knapp drei Stunden), der Anforderungen an den Chor und vor allem an die Sänger. Bachler hatte bei der Programmankündigung für dieses Jahr gesagt, dieses Werk müsse man mit Stars besetzen - und so hat er es letztlich auch getan.
Jonas Kaufmann gab seinen Enzo nach einem starken und intensiven Start zwar manchmal etwas unnötig zurückhaltend, erhielt aber immer wieder begeisterten Zwischenapplaus. Ebenso stark und gut sang Luca Salsi dessen Gegenspieler Barnaba.
Das Hauptaugenmerk lag natürlich auf Anna Netrebko. Nicht unbedingt, weil sie in der Titelpartie ihr Rollendebüt gab, sondern weil sie nach längerer Zeit wieder nach Salzburg zurück kehrte. Ihr wurde mangelnde Distanzierung vom russischen Angriffskrieg auf die Ukraine vorgeworfen, was Absagen einiger großer internationaler Häuser zur Folge hatte. Vor dem Festspielhaus hatten sich am Premierentag ein paar einzelne Demonstranten versammelt, um zu protestieren, doch der Regen spülte die Aufmerksamkeit darauf schnell weg. Viel beachtenswerter erwies sich dann Netrebkos Interpretation der Gioconda. Die hauptsächlich in der Mittellage angelegte Rolle stand ihrer mittlerweile großen Stimme überaus gut zu Gesicht und mit ihrer Spielfreude hatte sie das Publikum sowieso nach wenigen Minuten um den Finger gewickelt.
Keinesfalls hinter der Diva verstecken brauchte sich Eve-Maud Hubeaux, die den diesjährigen Herbert-von-Karajan-Preis erhält. Mit viel Klarheit und Flexibilität schaffte sie es stellenweise sogar Kaufmann zu überstrahlen. Ebenso beachtlich die Leistung des Chors, dem Coro Orchestra dell'Accademia Nazionale di Santa Cecilia.
Dass die Stars derartig strahlen konnten, war vor allem Dirigent Antonio Pappano zu verdanken. Er errichtete mit dem Orchestra dell'Accademia Nazionale di Santa Cecilia ein elegantes Parkett, über das das flexible Orchester mit den Sängern tanzen konnte. Mit klug gesetzten Akzenten bewies Pappano, dass er ein echter Opernprofi ist, der dem italienischen Klang alle Ehre zu machen verstand.
Dieses musikalische Fest ereignete sich inmitten imposanter venezianischer Kulissen (Bühne Philipp Fürhofer). Die Handlung hatte Regisseur Oliver Mears in ein touristisches Venedig der Jetztzeit verlegt. Außer des interessanten Kniffes, die Vorgeschichte der anscheinend früh missbrauchten Gioconda durch rein musikalische Tanzeinlagen zu erzählen, fehlte es der Inszenierung allerdings an originellen Einfällen. Mears gab dem Stück keinerlei neue Deutung, hielt den Abend allerdings in gutem Tempo mit Fokus auf gute Unterhaltung.
Das Publikum erwies sich letztlich auch überaus gut unterhalten und feierte seine Stars mit viel Jubel. Der Vorhang des Großen Festspielhauses setze der Begeisterung allerdings ein etwas abruptes Ende. Das Publikum klatschte sich die Stars mit allerlei Durchhaltevermögen allerdings noch einmal vor den Vorhang zurück.
(Von Larissa Schütz/APA)
( S E R V I C E - Amilcare Ponchielli: La Gioconda. Musikalische Leitung Antonio Pappano, Inszenierung: Oliver Maers, Bühne: Philipp Fürhofer, Kostüme: Annemarie Woods, Licht: Fabiana Piccioli, Choreographie Lucy Burge. Auf der Bühne: La Gioconda, eine Straßensängerin: Anna Netrebko, La Cieca (Die Blinde), ihre Mutter: Agnieszka Rehlis, Enzo Grimaldo: Jonas Kaufmann, Alvise Badoero, ein hoher Inquisitionsbeamter: Tareq Nazmi, Laura, seine Frau: Eve-Maud Huberaux, Barnaba, ein Spitzel: Luca Salsi, Zuane, ein Gondoliere: Nicolo Donini, Isepo, ein Schreiber: Didier Pieri, Ein Sänger: Patrizio La Placa, Ein Steuermann: Federico Benetti, Ein Kirchendiener: Massimo Simeoli. Orchestra dell'Accademia Nazionale di Santa Cecilia, Coro Orchestra dell'Accademia Nazionale di Santa Cecilia. Alle weiteren Vorstellungen sind ausverkauft)
Zusammenfassung
- Anna Netrebko feierte ihr Rollendebüt als 'La Gioconda' bei den Osterfestspielen in Salzburg und kehrte damit nach längerer Abwesenheit zurück.
- Dirigent Antonio Pappano und das Orchestra dell'Accademia Nazionale di Santa Cecilia ernteten für ihre musikalische Darbietung großen Applaus.
- Die Inszenierung von 'La Gioconda' präsentierte sich in zeitgenössischen venezianischen Kulissen, blieb jedoch in der Deutung traditionell.