APA/Schuberth und Schuberth ZT-GmbH,NHM Wien

Wiener NHM sucht Gesamtkonzept für "Gesamtkunstwerk"

826.490 Besucher konnte das Naturhistorische Museum (NHM) Wien im vergangenen Jahr an all seinen vier Standorten begrüßen. Damit habe man die "Pandemiedelle" überwunden und 97 Prozent des Besucherniveaus des Vorkrisen-Jahres 2019 erreicht, hieß es am Freitag bei einer Pressekonferenz. Auch angesichts der Rückkehr der Besucher brauche man ein "Gesamtkonzept" für das Haus am Wiener Ring, das Generaldirektorin Katrin Vohland als "Gesamtkunstwerk" bezeichnete.

Vohland und der wirtschaftliche Geschäftsführer des NHM, Markus Roboch, haben das Museum vor zweieinhalb Jahren inmitten der Covid-19-Pandemie übernommen. Nach coronabedingten Besucherrückgängen auf rund 300.000 und knapp 350.000 im Haupthaus "sind wir zurück", sagte Roboch. Aus Eintritten lukrierte man 2022 5,5 Mio. Euro, der Shop nahm 1,1. Mio. Euro ein. Dieses Geld gehe "eins zu eins in die Forschung und Ausstellung".

Mit den wiedergewonnenen Besuchern werde aber auch die Frage virulenter, wie man den Interessenten an Wissenschaft, Natur und Co auch einen angenehmen Museumsbesuch ermöglicht. Hier wälzt man derzeit Pläne für eine Umgestaltung des Eingangsbereichs, der dem Gebot der "Öffnung" folgend ebenerdig begehbar werden soll. Im Sinne der Symmetrie mit dem Haus am anderen Ende des Mara-Theresien-Platzes, dem Kunsthistorischen Museum (KHM), gebe es hier gemeinsame Überlegungen. Die Umsetzung würde aufseiten des NHM mit rund 29 Millionen Euro zubuche schlagen.

Mehr Platz braucht das Haus an der Ringstraße auch seit längerem für seine umfassenden Sammlungen von Weltrang, die auch im vergangenen Jahr vor allem durch Schenkungen weiteren Zuwachs verzeichneten. Die Pläne zur Unterkellerung des zweiten Innenhofes zur Errichtung eines Tiefspeichers würden rund 36 Mio. Euro umfassen.

Derzeit "kämpfen wir um das Geld", sagte Roboch, der festhielt, dass das Museumsgebäude unweit des zuletzt fertig renovierten Parlaments zwar in etwa gleich alt wie das Abgeordnetenhaus sei, die Umbaupläne im NHM aber deutlich billiger wären. Die wissenschaftlich wichtigen Sammlungen wolle man jedenfalls im Haus behalten, betonte Vohland. Andere Häuser hätten mit Auslagerungen nämlich teils keine guten Erfahrungen gemacht, so die wissenschaftliche Geschäftsführerin.

Im noch neuen Jahr würden auch die Bemühungen weiter gehen, den Betrieb möglichst CO2-neutral zu gestalten. Zuletzt war das NHM trotzdem auch Schauplatz von Aktionen von Klimaaktivistinnen. Vohland brachte damals Verständnis für deren Anliegen auf, die Art des Protests und die dafür gewählten Örtlichkeiten, wie etwa Museen, sah sie weniger gut gewählt. "Schwierig" sei der Umgang mit derartigen Protesten jedenfalls, sagte die Generaldirektorin bei der Präsentation der Pläne für das heurige Jahr. Sie würde tatsächlich lieber über Klimaschutz sprechen als über Protestaktionen. Das NHM rücke Klima- und Umweltfragen jedenfalls immer stärker in den Vordergrund, man wolle aber mehr in Richtung "positive Visionen" und weniger in "Untergangsszenarien" denken, so Vohland.

Schon ab dem 22. Februar öffentlich einsehbar wird die Vision für den "Saal 6", den "Kaisersaal". Der neu gestaltete Raum soll zum örtlichen und inhaltlichen Bindeglied zwischen den mineralogischen Sälen zur Welt der Fossilien werden. Der Eckraum wird gerade unter dem Motto "Die Erde. Ein dynamischer Planet" umgestaltet. Hier soll man bald einen "lustvollen Zugang zu schweren Themen" der Geologie erfahren, so der Leiter der Geologisch-Paläontologischen Abteilung am NHM Wien, Mathias Harzhauser.

Für den Zugang zum Weltall im NHM muss man künftig weiter hinauf steigen als zum bisher im Hochparterre befindlichen digitalen Planetarium. Diesem Themengebiet werde man sich nun vor allem im der Wissenschaftsvermittlung gewidmeten "Deck 50" im oberen Bereich des Hauses widmen können. Für den weiteren, zeitgemäßen Betrieb des teuren Indoor-Planetariums hätte man große Summen investieren müssen. Der "Saal 16" wird künftig als "Kinder-Eiszeitsaal" zu einem neuen, auf Familien abgestimmten Vermittlungsraum umgebaut, hieß es.

Ab dem 28. April wird das NHM überdies über einen "Geschichtspfad durch die Schausäle" verfügen, wie der Leiter des Archivs für Wissenschaftsgeschichte, Martin Krenn, erklärte. Gemeinsam mit dem KHM wagt man ab dem 5. Mai im Rahmen der achten "Ganymed"-Produktion unter dem Namen "Ganymed Bridge" den Brückenschlag zwischen Kultur und Natur. Ab 24. Mai thematisiert die Dependance im Wiener Narrenturm das etwas gewöhnungsbedürftige Thema "Strahlenschäden" in einer Sonderausstellung. Trotz des Inhalts soll man die Schau aber durchaus mit positiven Eindrücken verlassen können, sagte der Kustos der Sammlung, Eduard Winter.

Mit einem Festakt zur Schenkung eines bei Eisenbahn-Bauarbeiten im niederösterreichischen Ebreichsdorf in den Jahren 2019 und 2020 gehobenen, rund 3.100 Jahre alten Goldschatzes wartet man im August auf. Danach wird der prähistorische Fund, der noch Gegenstand vieler wissenschaftlicher Untersuchungen ist, im "Goldkabinett" des NHM zu sehen sein, sagte NHM-Expertin Karina Grömer. Auch anlässlich des 150-jährigen Jubiläums der . Auch anlässlich des 150-jährigen Jubiläums der Payer-Weyprecht-Expedition, die in der Entdeckung von Franz-Josef-Land gipfelte, fokussiert die Sonderschau "ARKTIS. Polare Welt im Wandel" heuer auf den immer weniger eisigen Norden unseres Planeten. Die Ausstellung werde sich etwa der drängenden Frage widmen, wie lange die dortigen Ökosysteme dem durch den Klimawandel extrem schnell ablaufenden Wandel noch standhalten können, so Andreas Hantschk, Kurator der ab 8. November laufenden Schau.

(S E R V I C E - https://www.nhm-wien.ac.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Damit habe man die "Pandemiedelle" überwunden und 97 Prozent des Besucherniveaus des Vorkrisen-Jahres 2019 erreicht, hieß es am Freitag bei einer Pressekonferenz.
  • Auch angesichts der Rückkehr der Besucher brauche man ein "Gesamtkonzept" für das Haus am Wiener Ring, das Generaldirektorin Katrin Vohland als "Gesamtkunstwerk" bezeichnete.
  • Die wissenschaftlich wichtigen Sammlungen wolle man jedenfalls im Haus behalten, betonte Vohland.